Hundert Hüte: Marie Mathieu, Redakteurin und Kommunikationsmanagerin, Editions Guy Binsfeld
Ich bin eigentlich über Umwege im Verlagswesen gelandet. Ich habe Germanistik und Kunstgeschichte studiert und bin durch ein Praktikum am deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris zum ersten Mal richtig mit der Publizistik in Berührung gekommen. Vor allem mit dem juristischen Teil: Ich musste verschiedene Rechte mit Museen abklären, damit wir Bilder von Künstlern in unseren Veröffentlichungen zeigen durften. Weil Deutsch meine Muttersprache ist, durfte ich dort auch Übersetzungen vom Französischen ins Deutsche anfertigen, ebenso bei einem weiteren Praktikum am Goethe-Institut in Paris. Aber ein Verlagspraktikum hatte ich eigentlich nicht absolviert. Mein Kontakt zur luxemburgischen Buchbranche rührt von den „Walfer Bicherdeeg“ her. Bei Binsfeld bin ich 2020 gelandet, weil ich dort als Freelancerin im Rahmen des Kulturjahres an einem Reiseführer zum Minett gearbeitet habe. Und plötzlich war ich mittendrin.

Meine Jobbeschreibung lautet „Redakteurin und Kommunikationsmanagerin“, aber wenn wir ehrlich sind, habe ich ganz viele Hüte auf. Das liegt daran, dass es bei kleinen Verlagen wie unserem keine wirklichen Abteilungen mit trennbaren Zuständigkeiten gibt. Das sorgt aber dafür, dass mein Job sehr abwechslungsreich ist: Unterschiedliche Hüte aufzuhaben hilft auch, um nicht geblendet zu werden, wenn die Sonne einmal dreht. Meine Arbeit verändert sich von Jahr zu Jahr, abhängig von den anstehenden Projekten. Die Verantwortung des Social-Media-Auftritts von Guy Binsfeld liegt aber beispielsweise dauerhaft bei mir. Neben der Erstellung von Inhalten, auch für eigene Bücher, kümmere ich mich zum Teil auch um Events, wie etwa die Teilnahme an Messen wie Frankfurt – und natürlich auch Lesungen. Daneben musste ich mir auch betriebswirtschaftliches Wissen aneignen und mich mit agilem Projektmanagement auseinandersetzen – eigentlich ein Arbeitsfeld, über das ich mich früher mal lustig gemacht habe.
Meine Jobbeschreibung lautet „Redakteurin und Kommunikationsmanagerin“, aber wenn wir ehrlich sind, habe ich ganz viele Hüte auf
Und natürlich betreue ich auch unsere Autoren: Dabei geht es viel darum, Verträge gemeinsam aufzusetzen – ich will dabei auch immer verstehen, was sie mit ihrem Buch eigentlich vorhaben und ihnen die Rahmenbedingungen setzen, damit das gelingt. Daneben erledige ich juristische Angelegenheiten: Einige Autoren benutzen zum Beispiel gerne Zitate (aus Liedern) – ich schreibe dann die (Musik-)Verlage an und kläre die Nutzungsrechte für uns ab. Ein bisschen wie mit den Bildrechten während meines Praktikums in Paris. Außerdem frage ich Subventionen für unsere Publikationen an und helfe auch den Autoren finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit zu bekommen – mein Job ist es letztlich, ihnen den Raum zu geben, in dem sie kreativ sein können und ihnen so gut es geht auch administrativen Kram abzunehmen.
Zusammen ist man weniger allein: Maike Edelhoff und Amaru Flores Flores, freies Lektoren-Duo
Lektorinnen sind hin und wieder die Leute, vor denen Autorinnen und Autoren ein bisschen Angst haben – zu Unrecht! Wir wollen weder dem Autor noch dem Text etwas Böses, im Gegenteil, wir wollen mit den Autoren zusammen den Text in die optimale Form bringen. Im Idealfall als Team. Außerhalb der großen Verlage ist vielen Schreibenden nicht wirklich bekannt, dass es Leute gibt, die mit ihnen zusammen am Text arbeiten können, von der Gliederung hin zu den sprachlichen Details. Viele Schreiber, gerade Muttersprachler, sind überzeugt davon, dass sie auf jeden Fall einen guten Text hinbekommen. Aber irgendwann ist man als Autor so tief in seinem Text drin, dass man blind für seine Fehler wird. Es gibt zum Beispiel das berühmte Prinzip „Kill your Darlings“, also „Töte deine Lieblinge“. Das heißt, dass Autoren sich von Textstellen verabschieden müssen, in die sie sich beim Schreiben zu sehr verliebt haben. Das ist schwierig und da braucht es Lektoren, die den Blick von außen auf den Text richten können.
Wir wollen weder dem Autor noch dem Text etwas Böses, im Gegenteil, wir wollen mit den Autoren zusammen den Text in die optimale Form bringen
Ein Unterschied zwischen freien Lektoren und Verlagslektoren besteht beispielsweise darin, dass Verlagslektoren sehr versiert im Programm ihres Verlages sind und sich dann natürlich auch um den Einkauf von neuen Büchern kümmern. Wir sind dagegen etwas breiter aufgestellt: Einerseits beschäftigen wir uns natürlich tiefgehend mit der sprachlichen Seite, andererseits können wir Autorinnen oder Autoren auch sagen: „Hey, dieser oder jener Verlag wäre doch toll für dein Projekt.“ Als freie Lektoren werden wir einerseits von Verlagen rekrutiert, die das Lektorat für ein bestimmtes Buch outsourcen, andererseits kommt es aber gerade im Wissenschaftsbereich auch vor, dass jemand seine Arbeit verfasst und auch schon einen Verlag hat und uns dann von sich aus für das Lektorat engagiert.

Es gibt das böse Klischee, dass alle Lektoren selbst gescheiterte Autoren sind. Das stimmt bei uns gar nicht – wir haben beide Germanistik studiert, dazu noch jeweils Anglistik beziehungsweise Komparatistik, also vergleichende Literaturwissenschaft. Wir haben beide in Luxemburg über die luxemburgische Sprache promoviert, haben danach aber festgestellt, dass die Universität nicht unsere Welt ist. Da wir ohnehin die ganze Zeit schon Texte korrigiert haben, kam dann irgendwann der Entschluss zur Selbstständigkeit. Und weil wir uns aus der Promotionszeit kannten, dachten wir uns: Warum machen wir das nicht zusammen? Wir versuchen auch jetzt, uns noch stärker mit Kolleginnen und Kollegen in Luxemburg zu vernetzen.
Wir ergänzen uns sehr gut, weil wir uns einerseits recht ähnlich sind, deswegen können wir Texte quasi nahtlos zusammen bearbeiten. Und natürlich hat man auch direkt einen Ansprechpartner, wenn man sich hinsichtlich einer Sache mal unsicher ist. Man ist nicht alleine. Andererseits haben wir auch unsere Spezialisierungen – Amaru ist der Mann für die Formalia, also Fußnoten und Literaturverzeichnisse, Maike denkt sich eher in Texte rein und recherchiert verschiedenen Punkten dann auch inhaltlich nochmal hinterher.
Was manche unserer Auftraggeber unterschätzen: Ein Lektorat braucht Zeit. Und auch der Autor oder die Autorin braucht danach selbst nochmal Zeit, um sich die Überarbeitungen anzugucken und zu überlegen, was er oder sie damit machen will. Es ist ja nicht so, dass wir den Text überarbeiten und danach ist er fertig – der Text bleibt am Ende immer beim Urheber.
Zwischen Diskretion und Sichtbarkeit: Annick Kieffer, Kommunikationsdesignerin, Studio Polenta
Meine Arbeit bei der Produktion eines Buches ist sehr abhängig vom Kunden. Manchmal werde ich erst beim letzten Schritt hinzugezogen: Dann stehen Text und Konzept bereits und ich kümmere mich um das Layout und das Cover. Zum Teil beginnt meine Arbeit aber auch schon bei der Konzeptionalisierung des Buches, insbesondere dann, wenn die Gestaltung und der Inhalt zusammenspielen sollen. Dann bin ich oft schon beim ersten Brainstorming dabei und kann auch meinen Input geben, welche Textformen dem Buch einen gewissen Rhythmus, eine gewisse Dynamik verleihen. Das ist vor allem bei Sachbüchern der Fall. Für mich als Grafikerin sind Projekte wie Ausstellungskataloge oder Kunstbücher besonders reizvoll – eben Bücher, wo Text und Bild gleichermaßen eine Rolle spielen.

Ich habe Kommunikationsdesign in Stuttgart und in Trier studiert, mein Hauptfach war Typografie und Layout. Demnach waren Druckerzeugnisse immer der Kern meiner Arbeit – allerdings zunächst eher Magazine als Bücher. Ich habe sehr früh mit einem Kollegen begonnen, ein New Yorker Magazin zu layouten, das fünfmal im Jahr erschien. Das Thema Buch war anfangs nachrangig, allerdings kommen inzwischen immer mehr Aufträge für Bücher und es wird ein immer größerer Teil meiner Arbeit.
Als Grafikerin laviere ich in einer Grauzone zwischen Dienstleisterin und Künstlerin. Einerseits ist die optische Aufmachung des Buches natürlich die Antwort auf die Frage: „Wie verpacken wir diesen Inhalt am besten?“ Andererseits ist die Gestaltung eines Buches auch ein Teil seiner Seele. Man ist am Ende natürlich glücklich über das Resultat, aber der eigene Name steht nicht auf dem Cover – der Grafiker ist diskret. Ein Buch ist ein komplexes Produkt und in die Herstellung sind viele Menschen eingebunden. Allein der Druck eines Buches – viele Leute machen sich keine Vorstellung davon, wie herausfordernd die physische Umsetzung ist, wenn Fragen nach einem genauen Farbton, nach dem richtigen Papier beantwortet werden müssen. Deswegen treffe ich mich in der Regel schon sehr früh mit der verantwortlichen Druckerei, um gemeinsam zu schauen, was im Rahmen des Budgets überhaupt möglich ist.
Als Grafikerin laviere ich in einer Grauzone zwischen Dienstleisterin und Künstlerin
Die Frankfurter Buchmesse ist für mich auch ein Ort, wo ich Inspiration sammele. Ich bin hier zu Recherchezwecken und habe jetzt schon so viele spannende Dinge gesehen – von Covergestaltung über Drucktechnik hin zu der Art und Weise, wie Bücher gebunden werden. Man hat hier wirklich das Gefühl, dass es kaum kreative Grenzen gibt – the sky ist the limit.
De Maart

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