Trotz Meinungsverschiedenheiten in der Koalition haben sich die Ampel-Fraktionen im Bundestag nahezu geschlossen gegen eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gestellt. Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, der die Bundesregierung ausdrücklich zur Belieferung des von Russland angegriffenen Landes auffordert, wurde am späten Mittwochabend mit großer Mehrheit abgelehnt. Ihn hatte die Union an die Plenardebatte über den Bericht der Wehrbeauftragten Eva Högl geknüpft.
Der Taurus ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe und kann Ziele wie eine Bunkeranlage auch aus großer Höhe und Entfernung zerstören. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Anfang Oktober jedoch entschieden, diese Waffe vorerst nicht an die Ukraine zu liefern. Dahinter steckte die Befürchtung, dass wegen der Reichweite von 500 Kilometern auch russisches Territorium getroffen werden könnte. Bei Grünen und FDP gibt es allerdings erheblichen Widerstand gegen die Haltung des Kanzlers. Auch in der SPD-Fraktion gibt es Befürworter einer Lieferung.
Die Union wollte sich dies zunutze machen und die Koalitionsfraktionen vorführen, insbesondere die Unterstützer. Da jedoch im parlamentarischen Betrieb die Gepflogenheit gilt, dass Koalitionsfraktionen gegen Oppositionsanträge stimmen, war mit keiner Zustimmung zu rechnen. Ausnahmen bilden Abstimmungen, bei denen der sogenannte Fraktionszwang aufgehoben wird und die Abgeordneten völlig frei abstimmen – zuletzt etwa bei Anträgen zur Sterbehilfe oder der „Ehe für alle“.
Abgeordnete gaben Erklärungen ab
Um der Union den Wind aus den Segeln zu nehmen, gaben mehrere Abgeordnete schriftliche Erklärungen ab, warum sie den Antrag der Union ablehnten, obwohl sie für eine Taurus-Lieferung sind. Ihr Abstimmungsverhalten begründeten sie damit, dass der Antrag der Union mit einer Plenardebatte über den Jahresbericht der Wehrbeauftragten verknüpft wurde. So kritisierte etwa die FDP-Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in einer schriftlichen Erklärung, die dem Tageblatt vorliegt: Es sei „geradezu unanständig“, einen zu beratenden Bericht der Wehrbeauftragten, der sich ausschließlich auf die Belange der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bezieht, „mit der Debatte über die zukünftige Unterstützung der Ukraine zu vermischen“.
Die namentliche Abstimmung im Bundestag ist normalerweise ein Mittel, das Oppositionsparteien einsetzen, um eine Regierungskoalition unter Druck zu setzen, wenn es dort unterschiedliche Positionen gibt. Nur 176 Abgeordnete der Union und je einer der AfD und ein fraktionsloser Parlamentarier stimmten am Mittwochabend für den Antrag. Die SPD und die Grünen votierten geschlossen dagegen, bei der FDP gab es außer den Nein-Stimmen auch zwei Enthaltungen.
De Maart
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