Mittwoch12. November 2025

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Unterstützung im KriegWie die Ukraine noch zu retten ist

Unterstützung im Krieg / Wie die Ukraine noch zu retten ist
Eine ukrainische Panzerbesatzung übt die Evakuierung eines Soldaten in der Nähe von Bachmut Foto: Anatolii Stepanov/AFP

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Deutschland tut viel, verweigert sich aber der Lieferung besonders wirksamer Marschflugkörper. Doch auch andere starke EU-Partner leisten erstaunlich wenig. Was beim Ukraine-Sondergipfel der EU in erster Linie zu beraten und zu beschließen ist.

Zwei Wörter reichen dem deutschen Kanzler Olaf Scholz, um das Ausmaß westlicher Waffenhilfe für die Ukraine in ein Verhältnis zu dem zu setzen, was das Land dringend braucht, um dem russischen Angriffskrieg weiter standhalten zu können. „Zu gering“, meint der Kanzler – und ruft die EU-Partner auf, bis zum Sondergipfel am 1. Februar noch mal kräftig nachzulegen. Er nennt keine Ländernamen, aber beim Blick auf die Zusammenschau aller öffentlich verfügbaren Hilfszusagen seit Anfang 2022 kommt das Kieler Institut für Weltwirtschaft auf erstaunlich mickrige Werte auch bei wirtschaftlich starken Nationen.

Ganz oben auf dieser Liste der Minderleistungsträger stehen – abgesehen von den Totalausfällen wie Ungarn, Österreich oder Griechenland – Spanien mit 0,36 Milliarden US-Dollar an Rüstungsunterstützung, Frankreich mit 0,57 und Italien mit 0,73. Zum Vergleich: Deutschland kommt derweil auf über 18 Milliarden. Aber auch Großbritannien (6,9 Milliarden), Norwegen (3,8), Dänemark (3,7), Polen (3,2), die Niederlande (2,6) und Schweden (2,3) hängen sich sehr, sehr viel mehr rein bei der Unterstützung der Ukraine als die so genannte „Grande Nation“. Am meisten haben die USA mit Waffen im Wert von 46,3 Milliarden zugesagt. Selbst Kanada tat mit 2,2 Milliarden mehr als die meisten Europäer.

Wir müssen endlich aktiver, dynamischer und für Putin unberechenbarer liefern und etwaige Vorgaben aufgeben, mit westlichen Waffen keine russischen Gebiete zu treffen

Roderich Kiesewetter, Außenexperte der CDU

Wird das Engagement in Sachen Verteidigung der Ukraine jedoch an der Wirtschaftskraft gemessen, sollte Deutschland nicht zu laut auftreten. Dann sind 0,52 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt zwar ungleich mehr als die 0,06 Prozent von Frankreich. Doch mit über einem Prozent stemmen Norwegen (1,6), Litauen (1,4), Estland (1,3), Lettland (1,1) und Dänemark (1,0) ungleich mehr.

Europa bald auf sich allein gestellt?

Gustav Gressel, der renommierte Militärexperte der ECFR-Denkfabrik, sieht denn auch voraus, dass das erste Halbjahr für die Ukraine „sehr schwierig“ wird. Der Westen habe zwar Waffensysteme und Munition aus alten Warschauer-Pakt- und überschüssigen NATO-Beständen geliefert. Doch beide „Töpfe“ seien längst leer. Inzwischen hätten die europäischen Staaten „zwei Jahre mit Debattieren verloren“. Die nun erfolgten oder kurz bevorstehenden Aufträge an die Industrie würden jetzt erst einmal zum Ausbau von Produktionsinfrastruktur führen – und erst 2026 zu einer verbesserten Verfügbarkeit all dessen, was die Ukraine zum Durchhalten brauche. Russland dagegen könne den derzeitigen Einsatz von Flugzeugen, Raketen, Drohnen und Artillerie noch nahtlos bis 2027 durchhalten.

Ausgerechnet die Vereinigten Staaten, die bisher die Hälfte der Militärhilfe geleistet haben, können wegen einer Blockade im Kongress nichts liefern und stehen vor einer ungewissen Zukunft nach den Präsidentschaftswahlen im November. Schon hat Präsident Joe Biden seine Sprache geändert. Aus „wir leisten, was immer nötig ist“, wurde „wir liefern, solange wir können“. Europa könnte bald auf sich allein gestellt sein.

Was also tun, wenn die Ukraine nicht dem Untergang geweiht sein und Putin nicht das Signal zur Eroberung und Unterwerfung weiterer Regionen und Länder bekommen soll? Der Außenexperte der deutschen CDU, Roderich Kiesewetter, hat ermittelt, dass es der Ukraine aktuell in sechs Kategorien an Qualität und Masse fehlt: weitreichende Systeme wie Marschflugkörper und Kampfflugzeuge, Artillerie, insbesondere Munition, Minenräumgeräte sowie Kampf- und Schützenpanzer, elektronische Kampfführung und Drohnen, Flugabwehr und schließlich Versorgungseinrichtungen wie medizinische Evakuierung und Stromerzeugung. „Sinnvoll wäre eine Leopard-2A4-Allianz“, leitet Kiesewetter aus dem Befund ab. Das Modell sei in den europäischen Staaten noch in hoher Stückzahl vorhanden, und die Fokussierung darauf würde auch die Logistik vereinfachen, die in Zeiten von Stellungs- und Abnutzungskriegen immer wichtiger werde.

Koordinierung auf EU-Ebene nötig

Während Dänemark gerade mitteilen musste, dass sich die Lieferung der F-16-Kampfjets auf „unbestimmte Zeit“ verschiebt, sieht Kiesewetter schnellen Ersatz. Die ohnehin zur Ausmusterung vorgesehene erste Tranche von rund 80 Eurofighter-Jets aus Deutschland und Großbritannien könnte der Ukraine kurzfristig zur Verfügung gestellt werden. Zudem plädiert der CDU-Politiker dafür, dass Deutschland dem Beispiel Frankreichs und Großbritanniens folgt und endlich Marschflugkörper liefert. Damit könnte die Ukraine eine wesentlich wirksamere Abwehr leisten, indem sie die russischen Nachschubwege unterbricht. „Wir müssen endlich aktiver, dynamischer und für Putin unberechenbarer liefern und etwaige Vorgaben aufgeben, mit westlichen Waffen keine russischen Gebiete zu treffen“, appelliert Kiesewetter.

Militäranalyst Gressel sieht zudem wachsende Fähigkeiten der Ukraine, mit westlicher Unterstützung eigene Rüstungsbetriebe wieder liefern zu lassen. „Es gibt dringend benötigte Vereinbarungen über die gemeinsame Produktion von Waffen und Munition“, bestätigt Präsident Wolodymyr Selenskyj insbesondere mit Blick auf Drohnen. Gressel verweist in diesem Zusammenhang auf eine besonders wirksame Innovation der Tschechen. Die Regierung habe einen eigenen Rüstungskoordinator eingesetzt, der immer dann und überall dort eingreife, wenn und wo ukrainischen Produktionen bestimmte Komponenten fehlen, bei Drohnen von der Steuerung bis zur Hardware. Für den Ukraine-Sondergipfel am 1. Februar rät Gressel der EU, eine solche Koordinierung schnellstmöglich auch auf europäischer Ebene zu etablieren.

Zehn Schritte zum Kriegsende

Mit westlicher Hilfe an Waffen, Finanzen und humanitärer Unterstützung will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland an den Verhandlungstisch bekommen, um einen Zehn-Punkte-Friedensplan zu erreichen. Bestandteile der beim Weltwirtschaftsforum in Davos erneut beworbenen „Friedensformel“:
Atom: Russland soll die Erpressung mit Nuklearangriffen aufgeben und die Kontrolle über das größte ukrainische Nuklearkraftwerk zurückgeben.
Lebensmittel: Ende der russischen Angriffe und Blockaden gegen ukrainisches Getreide.
Energie: Stopp der Attacken auf die Energieinfrastruktur.
Gefangene:
Freilassung aller Gefangenen und Rückführung der 20.000 deportierten Kinder.
UN-Recht: Wiederherstellung der Geltung der UN-Charta, einschließlich territorialer Integrität der Ukraine.
Gebiete: Rückzug russischer Truppen aus den besetzten Gebieten und Einstellung der Feindseligkeiten.
Justiz: Verfolgung und Verurteilung der Täter bei den mittlerweile über 100.000 registrierten russischen Kriegsverbrechen.
Umweltschutz:
Schneller Schutz der niedergebrannten Wälder, verminten Felder und überfluteten Gebiete.
Vorbeugung: Umfangreiche Sicherheitsgarantien als Vorbeugung neuerlicher Eskalation.
Abkommen:
Nach diesen neun Schritten eine gegenseitige Zusicherung zum Ende des Krieges.

Heiner
16. Januar 2024 - 11.04

JEDENFALLS NICHT MIT GELD UND WAFFEN WIE BIS JETZT!

luxmann
16. Januar 2024 - 9.01

Zu wenig geld wurde bisher fuer die ukraine aus dem fenster geworfen...meint also Olaf.
Man hat es ja...besonders da man es nur dem steuerzahler aus der tasche zu ziehen braucht.

rcz
15. Januar 2024 - 21.31

Die Ukraine ist nicht zu retten! Jede Unterstützung zieht uns weiter mit in den Krieg den wir nicht gewinnen können!