Gleich drei Bezeichnungen hatte der Sportverband für Athleten mit einer Behinderung in den fünf vergangenen Jahrzehnten. Gegründet im Jahr 1973 als FSLHP („Fédération sportive luxembourgeoise des handicapés physiques“) wurde 1979 der Zusatz „physiques“ fallen gelassen, um die Vereinigung ALPAPS (heute ein eigener Verband unter der Bezeichnung Special Olympics) und auch Sportler mit intellektueller Beeinträchtigung aufzunehmen. Schließlich wurde aus der FSLH im Jahr 2005 das LPC (Luxembourg Paralympic Committee).
In diesem halben Jahrhundert hatte der Verband, mit heute neun Mitgliedsvereinen, nur zwei Vorsitzende. Nach dem Gründungspräsidenten Jean Thill, dem Großvater des heutigen Kulturministers, übernahm Marc Schreiner den Vorsitz im Jahr 1989. „Ich habe noch ein Mandat bis 2025, doch wenn sich kein geeigneter engagierter Kandidat findet, bin ich auch noch bereit, weiter im Amt zu bleiben“, so der Präsident, der nach mehr als 30 Jahren an der Spitze keineswegs amtsmüde ist.

Die Nachforschungen von Mathis Finke zur Geschichte des LPC brachten auch für den aktuellen Präsidenten, der schon ganz früh, als Mitglied der technischen Kommission, in die Aufgaben des Verbandes eingegliedert war, so manche Fakten wieder an die Oberfläche. Fakten und Geschichten, derer sich Schreiner nicht mehr so bewusst war. „Diese Recherchen haben mir gezeigt, dass eigentlich mehr geschehen ist, als man persönlich in Erinnerung behalten hatte.“ Die Bewegung ist ursprünglich im Hinblick auf die Kriegsinvaliden entstanden. Später, in den 50er-Jahren, haben sich Vereine daraus entwickelt. Aus Gesprächen mit dem Ministerium und dem damaligen COL („Comité olympique luxembourgeois“) stach die Notwendigkeit hervor, einen eigenen Verband zu gründen. „Ein Ansprechpartner war gefordert. Interessant ist, dass wir ein Dokument von 1971 gefunden haben, in dem diese Vereine den Verband gegründet haben. Das Jahr 1973 wurde als Geburtsjahr des Verbandes niedergeschrieben, weil es der Aufnahme ins COL gleichkommt. Andere Dokumente aus dieser Zeit haben wir nicht entdeckt.“
Professionellere Einstellung
Zu Beginn war es eher ein „soziales Projekt“, wie es Schreiner umschreibt. Leute wollten sich treffen, gemeinsame Erlebnisse verarbeiten und auch gemeinsam Sport treiben. Das Gesellige war schon ein wichtiger Aspekt bei den zahlreichen Sporttreffen. „Ich will nicht behaupten, dass der Sport zu diesem Zeitpunkt Nebensache war, aber es war ein Mittel, diese Personen zusammenzubringen. Mit den internationalen Entwicklungen wurde langsam, aber sicher aus dem Sozial- und Freizeitprojekt ein Sportprojekt.“ Zu Beginn waren die Aktivitäten durch die einzelnen Vereine bestimmt, aber im Laufe der Zeit kamen die verschiedensten Sportinteressen der Körperbehinderten zum Vorschein. So wurden Sitzball und Sitzvolleyball unter anderem durch Bogenschießen, Rollstuhltennis, Rollstuhlbasketball und andere Sportarten abgelöst. Der Zusammenschluss der internationalen Behindertensportverbände 1989 im IPC (International Paralympic Committee) brachte ein Umdenken, auch in Luxemburg, mit sich und führte nach einigen Diskussionen zu einer professionelleren Einstellung.

Beim LPC kam dieses Umdenken definitiv mit der Ära Romain Fiegen als Sportdirektor. Heute beschäftigt der LPC immerhin drei Angestellte, finanziert über das Ministerium und das „Oeuvre nationale de secours“, um der großen Vielfalt der Sportler und Sportarten gerecht zu werden. Als früherer Paralympics-Teilnehmer in Barcelona und Atlanta im Bogenschießen und als Präsident bei der FLTA kann Schreiner auf viel Erfahrung zurückblicken. „Der Unterschied zum Verband der Bogenschützen ist sicherlich, dass hier nur eine Sportart zu betreuen war. Im LPC haben wir schon darüber nachgedacht, uns auf eine bestimmte Anzahl von Sportarten zu begrenzen. Aber wir können keinen Sportinteressierten zurückweisen. Der Aufwand ist sicherlich zu groß, um jeden in jeder Sportart zu begleiten, zu trainieren und zu betreuen. Wir sehen uns in Zukunft eher als eine Anlaufstelle, welche die Kontakte zu den spezifischen Sportverbänden vermittelt und die Koordination übernimmt. In diesem Sinn ist es von Vorteil, dass eine Reihe von nationalen Verbänden bereit sind, aktiv mit uns zusammenzuarbeiten. International sind die Abläufe identisch.“
Weltspitze wird immer dichter
Acht Monate vor den nächsten Paralympics in Paris kommt man nicht umhin, eine mögliche Teilnahme des LPC anzusprechen. Wie in London 2012 könnte es sein, dass kein luxemburgischer Para-Sportler dabei sein wird. „Rein nach den Qualifikationskriterien sind wir nicht in Paris vertreten. Joé Kurt, aktuell 16. im Weltranking im Triathlon, scheint noch die besten Chancen zu besitzen. Aber er müsste in drei Rennen in Tokio, Sydney und Montreal punkten, um unter die Top 10 zu gelangen. Bleibt noch die Möglichkeit einer ‚Invitational Card‘ in der Leichtathletik. Paris ohne luxemburgische Teilnahme wäre für mich aber keineswegs als Rückschritt zu bewerten, denn die Weltspitze, und es geht hier um die Elite im Parasport, wird immer dichter.“
Das Fazit von 50 Jahren LPC hört sich recht positiv an, auch wenn Schreiner manchmal den Eindruck hat, es wäre wie bei der Echternacher Springprozession. „Wir sind einen langen Weg gegangen und ein gutes Stück nach vorne gekommen. Heute bin ich stolz auf das, was wir erreicht haben. Aber ist liegt noch ein großer Weg vor uns.“ Das neue Sportgesetz wird dem LPC in Zukunft neue Perspektiven bieten, da der Parasport im Elitesport verankert ist.
De Maart
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