Freitag14. November 2025

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ÖsterreichEin Querulant will die glücklose SPÖ-Chefin Rendi-Wagner stürzen

Österreich / Ein Querulant will die glücklose SPÖ-Chefin Rendi-Wagner stürzen
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (r.) und ihr Herausforderer Hans-Peter Doskozil (M.) auf einem Bild aus dem Jahr 2020 Foto: Robert Jaeger/APA/dpa

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Nach fast fünf Jahren steuert der selbstmörderische SPÖ-Machtkampf ins Finale: Der erfolgreiche Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil fordert die glücklose Parteichefin Pamela Rendi-Wagner zum Duell.

Auch künstliche Intelligenz hilft da nicht weiter. Gefragt, mit welcher Führungsfigur die SPÖ besser fahren würde, eiert ChatGPT nur herum: Sowohl Rendi-Wagner als auch Doskozil seien „erfahrene Politiker mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen, die beide in der Lage sind, die SPÖ zu führen“. Doch nur einer oder eine kann Chef/in sein, sieht man von der Österreichs Genossen nicht nachahmenswert erscheinenden SPD-Doppelspitze ab. Der Burgenländer Doskozil weiß eigentlich schon seit Rendi-Wagners Start als Parteichefin im Jahr 2018, wer die bessere Lösung ist. Er selbst. Immer wieder stichelte er gegen die erste Frau an der SPÖ-Spitze. Vor allem in der Migrationspolitik schert sich der ehemalige Landespolizeichef wenig um die Parteilinie und plädierte für einen härteren Kurs.

Rechts blinken, links abbiegen

Als Chef des gemessen an Einwohnern kleinsten Bundeslandes bliebe Doskozil ein belächelter Querulant, hätte er nicht Erfolge vorzuweisen, die ihm Gewicht geben: Bei der Landtagswahl 2020 errang er mit knapp 50 Prozent die absolute Mandatsmehrheit. Der Sieg ist nicht nur dem Versuch geschuldet, ÖVP und FPÖ migrationspolitisch rechts zu überholen. Doskozil kann auch links abbiegen, wenn es um soziale Themen geht: Er hat im Burgenland einen gerade um 300 auf 2.000 Euro erhöhten Mindestlohn für alle Landesbediensteten eingeführt. Pflegende Angehörige werden beim Land angestellt, Kindergärten sind gratis. Und den Ärztemangel bekämpft Doskozil – sehr zum Ärger der benachbarten Steiermark – mit Spitzengagen für Fachärzte ab 140.000 Euro im Jahr. All das lässt zwar den Schuldenberg des Landes wachsen, was aber der Popularität des Landeshauptmannes keinen Abbruch tut. Und die dürfte weit über sein Bundesland hinausstrahlen, zumindest, wenn es nach einer von Doskozil in Auftrag gegebenen Umfrage geht, die ihm im November bestätigte, dass er der bessere SPÖ-Spitzenkandidat wäre.

Roter Abwärtstrend

Gar so überraschend war dieses Ergebnis freilich auch nicht: Denn die amtierende Parteichefin, die sich schon als Spitzenkandidatin für die Nationalratswahlen 2024 betrachtet, kann keine Erfolgsbilanz vorweisen. Die Nationalratswahl im Jahr 2019 hat sie krachend verloren, obwohl ein halbes Jahr davor die FPÖ-ÖVP-Koalition im Ibiza-Skandal untergegangen war. Seither lief es – abgesehen von einem kurzen Umfragehoch im vergangenen Sommer – nicht mehr rund für die Genossen. Bei der Landtagswahl in Tirol wurden sie im September von der FPÖ auf Platz drei verdrängt, in Niederösterreich fuhren sie im Jänner trotz hohen ÖVP-Verlusten ebenfalls ein Minus ein, vor elf Tagen gewannen in Kärnten alle Parteien dazu, nur die SPÖ fasst ein dickes Minus aus.

Waffenruhe hielt nicht

Eigentlich hatten die streitenden SPÖ-Granden, Doskozil inklusive, bis zur Landtagswahl in Salzburg am 23. April eine Waffenruhe vereinbart. Doch sie hielt nicht. Rendi-Wagner selbst ging nach dem Kärnten-Debakel in die Offensive, indem sie Doskozils Quertreiberei für den Abwärtstrend verantwortlich machte – und das in drastischen Worten: „Heckenschützenmentalität“ und „schmutzige Methoden“ warf die 51-jährige Medizinerin ihrem Widersacher vor. Für Mittwoch berief sie das SPÖ-Präsidium ein, um einen Sonderparteitag in die Wege zu leiten. Dieser sollte den Machtkampf entscheiden. Ihr Kalkül: Die mächtige Wiener Landespartei um Bürgermeister Michael Ludwig würde im Verbund mit SPÖ-Frauen und Gewerkschaftern für die entsprechende Mehrheit bei den 1.000 Delegierten sorgen.

Urabstimmung

Doskozil nahm den Fehdehandschuh auf, allerdings nicht ganz in Rendi-Wagners Sinn: Denn der Herausforderer will nicht einen Parteitag entscheiden lassen, sondern die Basis, wo Doskozil eine große Fangemeinde hat. Die 160.000 SPÖ-Mitglieder sollten aber, wie er in einem offenen Brief beteuert, keinen „Rosenkrieg“ entscheiden, sondern die Frage, „mit welchen konkreten Programmen und Maßnahmen wir als SPÖ auf die konkreten Sorgen der Menschen in Österreich reagieren“ wolle. „Dosko“, wie ihn seine Fans nennen, warnt vor einer „politischen Konstellation, wo auf der einen Seite eine überforderte Bundesregierung (aus ÖVP und Grünen, Anm.) nur mehr mit sich selbst und ihren Skandalen beschäftigt ist – und auf der anderen Seite eine von der FPÖ geführte Regierung unter Herbert Kickl immer wahrscheinlicher wird, wenn wir keine glaubwürdige Alternative anbieten können“.

Nachdem sich mehrere Landesverbände vor der SPÖ-Präsidiumssitzung bereits für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen hatten, war die Entscheidung dafür dann nicht überraschend. Da Doskozil zudem bei einem Sonderparteitag gar nicht kandidieren wollte, gab es keine Alternative zur Urabstimmung, deren Ergebnis ein Parteitag voraussichtlich Mitte Mai nur noch absegnen soll. Das hätte auch die künstliche Intelligenz ChatGBT so vorgeschlagen: „Letztendlich liegt die Entscheidung bei den Mitgliedern der Partei.“