Na klar, es sollen die Russen gewesen sein, die drei der vier Nord-Stream-Röhren in der Ostsee gesprengt haben. Oder doch eher die Briten? Sicherlich aber die Amerikaner? Dabei führen die Spuren doch nach Deutschland? Letztlich aber zu pro-ukrainischen Gruppen? Die Spekulationen um Pipeline-Sabotage in der Nacht zum 26. September vergangenen Jahres drehen sich wie eine Kompassnadel unter Annäherung eines Magneten von verschiedenen Richtungen. Tatsächlich hat die teils aufgeregt geführte Debatte viel mit den jeweiligen Orientierungsmustern zu tun, die in unterschiedlichste Richtungen tendieren. Sie ist also typisch für die Wahrnehmung eines Krieges, wie man sie sich derart gespalten vor dem 24. Februar letzten Jahres kaum hätte vorstellen können.
Die treffendste Reduzierung steuerte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei, als er auf zwei Fakten hinwies: Erstens habe es einen Angriff auf die Ostsee-Pipelines gegeben. Aber zweitens habe sich bislang nicht feststellen lassen, wer dahinterstecke. Alles andere bleibt vorerst nicht mehr als jeweils neues Balancieren auf einer sich ständig drehenden Spekulationsscheibe. Je schneller sie sich dreht, desto eher verlieren die Akteure darauf den Halt. Kaum raunt ein US-Investigationsjournalist über US-Marinetaucher, da sind es auch schon pro-ukrainische Akteure. Da mag es durchaus konkret erscheinen, wenn die Sprengsätze in Rostock an Bord eines Schiffes gebracht worden sein könnten, das „offenbar“ zwei Ukrainern gehöre. Aber wenn dann tatsächlich an Bord – erstens – Spuren von Sprengstoff zu finden sein sollen, zugleich jedoch – zweitens – die angemietete Jacht komplett ungereinigt zurückgegeben worden sei, wofür spricht das dann? Für eine Täterschaft mit ukrainischen Spuren? Oder eher dafür, dass gezielt ukrainische Spuren gelegt werden sollten?
Die Lücke zwischen dem, was wir wissen, und dem was wir nicht wissen, könnte durch einen Plausibilitätscheck verkleinert werden. Also mit der Frage nach denjenigen, die am meisten davon profitierten. Vom Umsteuern der deutschen und europäischen Gasversorgung weg von russischem Pipeline-Gas hin zu amerikanischem Flüssiggas haben die USA sehr deutlich profitiert. Die Zerstörung hat zugleich dafür gesorgt, dass das Gas auch in Kriegszeiten weiter in und durch die Ukraine fließt. Und da ist der Umstand, dass Russland die Gaslieferung bereits Wochen vorher wegen angeblicher Wartungsarbeiten, dann unter Verweis auf die Sanktionen eingestellt hatte. Es könnte zudem im Interesse Russlands gewesen sein, die Gaspreise in Europa durch das definitive Ende der Ostseepipeline in die Höhe zu treiben und gleichzeitig den Westen zu warnen, dass da jemand die Fähigkeiten besitzt, jegliche Verb indungen im Meer zu jeder Zeit zu unterbinden, es also besser sei, die Verständigung mit Russland zu suchen als die Gegnerschaft zu verstärken.
Als Fazit bleiben demnach für den Augenblick zu viele Profiteure des Sabotageaktes, als dass Plausibilitäten in eine Richtung verdichtet werden könnten.
De Maart
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