Montag17. November 2025

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Drohgebärden aus Bulgarien Nordmazedonien droht erneut die EU-Blockade

Drohgebärden aus Bulgarien  / Nordmazedonien droht erneut die EU-Blockade
Der nordmazedonische Präsident Stevo Pendarovski meint, dass russische Geheimdienste im Nachbarland gezielte Kampagnen gegen sein Land führen Foto: European Union

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Die wieder aufgeflackerten Spannungen in der labilen Nachbarschaftsbeziehung mit Bulgarien bedrohen erneut die EU-Perspektiven von Nordmazedonien. Schon jetzt hat Skopje Mühe, für die von Sofia für den EU-Beitrittsmarathon erzwungenen Verfassungsänderungen die erforderliche Mehrheit zu finden.

Statt auf Versöhnungsgesten setzt Bulgarien in der labilen Nachbarschaftsbeziehung mit Nordmazedonien mal wieder auf die Drohgebärden. Nur „unter bestimmten Bedingungen“ sei sein Land zur „Deeskalierung“ der Beziehungen zum benachbarten EU-Anwärter bereit, verkündete Bulgariens Außenminister Nikolaj Mikolaj am Wochenende.

Der krankenhausreif verprügelte Sekretär eines bulgarischen Kulturzentrums am mazedonischen Ohridsee, der von Bulgarien aus Skopje abgezogene Botschafter und aufgebrachte Nationalisten auf beiden Seiten der Grenze: Es kracht und knirscht wieder einmal kräftig im bilateralen Gebälk. Das ärmste EU-Mitglied Bulgarien sitzt dabei gegenüber dem EU-Anwärter Nordmazedonien erneut am längeren Hebel: Die wieder aufgeflackerten Spannungen mit Sofia drohen erneut die EU-Ambitionen von Skopje zu gefährden.

Bereits 2005 erhielt das damalige Mazedonien den Status eines offiziellen EU-Beitrittskandidaten. Doch erst war es Griechenland, das die Beitrittsverhandlungen blockierte, um mit Verweis auf die gleichnamige Provinz die Nachbarn zur Umbenennung ihres Landesnamens zu zwingen. Als Skopje nachgab und 2019 gegen große innenpolitische Widerstände die Umbenennung in Nordmazedonien beschloss, war es 2020 Bulgarien, das per Veto den überfälligen Auftakt des Beitrittsmarathons verzögerte. Der Grund: Sofia spricht den Nachbarn eine eigene Sprache und Identität ab.

Die Saison der Provokateure, Schläger und politischen Profiteure ist eröffnet. Und jetzt hat jeder Ärger.

Bujar Osmani, Außenminister Nordmazedoniens

Mit der von Sofia erzwungenen Zusage, die Rechte der bulgarischen Minderheit in der Verfassung festzuschreiben, machte Skopje im letzten Sommer zwar den Weg zur formalen Eröffnung des Beitrittsmarathons frei. Wann dieser aber beginnen kann, steht noch in den Sternen.

Rechte und linke Oppositionsparteien in Nordmazedonien laufen gegen die „Erpressung“ Sofias Sturm: Die für eine Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit ist vorläufig weiter nicht in Sicht. Zwar könnte sich die rechte Oppositionspartei VMRO-MNE möglicherweise ihre Zustimmung von der angeschlagenen sozialdemokratischen Regierung mit der Zusage vorgezogener Neuwahlen abkaufen lassen. Doch würde sie damit das Risiko eingehen, ihre nationalistisch gesinnten Wähler nachhaltig zu verprellen.

Bulgariens Minderheit zählt nur 3.000 Seelen

In Bulgarien, das im April vor den fünften Parlamentswahlen in drei Jahren steht, sind es der Dauerwahlkampf und die endlose Reihe geschäftsführender Übergangsregierungen, die einem Ausgleich mit Skopje im Wege stehen – und fast alle Parteien gegenüber Skopje unversöhnliche Töne anschlagen lassen.

Von „Hassverbrechen“ an der bulgarischen, rund 3.000 Seelen zählenden Minderheit in Nordmazedonien spricht Sofia seit der Attacke auf den Sekretär eines bulgarischen Kulturclubs am 22. Januar. Angesichts der Tatsache, dass die Übeltäter identifiziert und einer verhaftet wurde, bezeichnet Skopje den Abzug des bulgarischen Botschafters und Sofias Androhung der „Überprüfung“ aller bilateralen Kooperationen hingegen als völlig überzogene Reaktion. Man könne nicht eine ganze Nation für die Taten „einiger Individuen“ verantwortlich machen, verwahrt sich Premier Dimitar Kovachevski gegen Sofias Vorwurf, dass die bulgarische Minderheit in Nordmazedonien diskriminiert werde.

Russische Geheimdienstkräfte führten im Nachbarland eine gezielte Kampagne gegen Nordmazedonien, begründet derweil Nordmazedoniens Präsident Stevo Pendarovski das Einreiseverbot für mehrere Bulgaren, die in dieser Woche in Skopje den 151. Geburtstag des bulgarisch-mazedonischen Revolutionärs Goze Deltschew feiern wollten. Das „politische Vakuum“ und den beginnenden Vorwahlkampf in Bulgarien macht wiederum Außenminister Bujar Osmani für die verschärften Spannungen verantwortlich: „Die Saison der Provokateure, Schläger und politischen Profiteure ist eröffnet. Und jetzt hat jeder Ärger.“