Der etwas andere Nobelpreis

Der etwas andere Nobelpreis
(Reuters/Brian Snyder)

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Die schrillen Ig-Nobelpreise sind Kult: Schon zum 26. Mal sind die Spaßpreise für kuriose Forschung an der Elite-Uni Harvard verliehen worden.

Das hat Volkswagen im Abgasskandal wohl gerade noch gefehlt: An der US-Eliteuniversität Harvard hat der Autohersteller einen Ig-Nobelpreis in der Kategorie Chemie bekommen – einen mit reichlich Spott vergebenen Spaßpreis. Die Auszeichnung erfolge für „die Lösung des Problems des übermäßigen Ausstoßes von Autoabgasen, indem automatisch elektromechanisch weniger Abgase produziert werden, wenn die Autos getestet werden“, sagte der Moderator der Preisgala Marc Abrahams. Und fügte dann genüsslich an: „Der Gewinner konnte oder wollte heute Abend nicht bei uns sein.“

Die zweifelhafte Ehre für VW ist eine Ausnahme. Üblicherweise werden bei der Verleihung der Ig-Nobelpreise („ignoble“ heißt auf Deutsch „unwürdig“) stets renommierte Wissenschaftler für seriöse, wenn auch kuriose Forschungen ausgezeichnet. Die Preise sollen „das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren“ – sie belohnen Forschung, die „erst zum Lachen und dann zum Denken anregt“. Die klamaukig-schrille Preisgala mit mehr als 1000 Zuschauern, die bereits zum 26. Mal stattfand, hat längst Kultstatus und ist lange vorher ausverkauft. Zwischendurch fliegen bei der so ganz anderen Preisverleihung Papierflieger durch die Luft, es gibt Sketche und bizarre Kurz-Opern. Die Trophäe war in diesem Jahr eine Plastikuhr.

Der Spiegel-Trick

Zwei weitere davon gingen ebenfalls nach Deutschland. Ein Forscherteam um Christoph Helmchen von der Universität Lübeck bekam die Plastikuhr in der Kategorie Medizin für die Entdeckung, dass ein Hautjucken auf der linken Seite des Körpers auch gelindert werden kann, indem man sich vor einen Spiegel stellt und die rechte Seite kratzt – und umgekehrt. „Man kann sein Gehirn austricksen“, sagte Andreas Sprenger von der Universität Lübeck, der zu der Gala angereist war und den Preis entgegennahm. „Ich möchte all meinen bisherigen Lehrern danken, die die Basis für diese Forschung gelegt haben.“

Mehrere Forscher um Evelyne Debey von der Universität im belgischen Gent – darunter Kristina Suchotzki von der Universität Würzburg – wurden für eine Studie ausgezeichnet, in der 1000 Lügner befragt wurden, wie oft sie lügen. Die Wissenschaftler forschten ebenso dazu, ob man ihren Antworten glauben kann. Das Ergebnis: 2,2 Mal am Tag lüge der Mensch durchschnittlich, sagte Forscher Bruno Verschueren in seiner Dankesrede. „Hillary Clinton und Donald Trump sind im US-Wahlkampf beide als krankhafte Lügner bezeichnet worden. Wenn sie aber ein bis fünfmal am Tag lügen, dann sind sie einfach nur ganz normale Lügner wie wir alle.“

„Bin zur Ziege geworden“

Wissenschaftler aus Ungarn, Spanien, Schweden und der Schweiz wurden in der Kategorie Physik für die Entdeckung geehrt, dass Pferdebremsen weniger von weißen Pferden angezogen werden als von schwarzen. „Wir haben herausgefunden, dass man besser ein weißes Pferd sein sollte als ein schwarzes, wenn man nicht von Pferdebremsen gebissen werden will“, sagte Forscherin Susanne Akesson. „Man kann aber auch im Zebra-Look gehen oder gepunktet – wie ich heute Abend.“

Thomas Thwaites bekam einen Preis, weil er sich für seine Forschungen als Ziege verkleidete. „Ich hatte genug von all den Sorgen und den Schmerzen eines Menschen, habe eine Auszeit genommen und bin zur Ziege geworden“, sagte der Forscher.

„Mehr Glück im nächsten Jahr“

Fredrik Sjöberg erhielt die Auszeichnung für sein dreibändiges Werk über die Freuden des Sammelns von toten Fliegen – und Fliegen, die noch nicht tot sind. „Männliche Insektenkundler auf der ganzen Welt wissen, dass es unmöglich ist, Frauen mit Insekten zu beeindrucken“, sagte Sjöberg. „Aber das beste an Wissenschaft ist ja, dass man immer falsch liegen kann. Ich habe über das Sammeln von Fliegen geschrieben und dachte, es würde niemanden beeindrucken, insbesondere keine Frauen – und ich lag falsch.“

Moderator Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung, beendete die Gala schließlich mit seinen traditionellen Abschlussworten: „Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben – und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!“