Kalter Winter trotz Erderwärmung

Kalter Winter trotz Erderwärmung
(dapd)

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Der harte Winter in Europa steht für den Potsdamer Geowissenschaftler Reinhard Hüttl nicht im Widerspruch zur globalen Erderwärmung.

„Wir kennen im Erdsystem Entwicklungen des Klimas, die einerseits in Richtung Erwärmung laufen und trotzdem sind die spezifischen Auswirkungen regional sehr unterschiedlich“, sagte Hüttl in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Darum ist es nicht überraschend, dass es in Alaska wärmer wird, während wir hier einen kalten Winter erleben“, so der Wissenschaftliche Vorstand des deutschen Geoforschungszentrums (GFZ) in Potsdam.

Für die Entwicklung gebe es eine Reihe von Ursachen. „Diese sind aber nicht wirklich verstanden“, so Hüttl. Es gebe in der Forschung eine Reihe von Arbeitshypothesen. Als Beispiel nannte der Bodenwissenschaftler unterschiedliche Sonnenaktivitäten, die Einfluss nähmen. „Ich kann aus der Erdsystemforschung sagen: Wir verstehen das System noch nicht hinreichend.“ Aussagen zu Wetter, Witterung und Klima seien im regionalen Kontext noch nicht möglich.

Wahrscheinlichkeit für kalte Winter verdreifacht

Eine Theorie hatte kürzlich Vladimir Petoukhov vom Potsdam- Institut für Klimafolgenforschung (PIK) vorgestellt: Im Winter von 2005 auf 2006 war das Meereis in der östlichen Arktis vergleichsweise klein. Durch die eisfreie Fläche wurden die unteren Luftschichten weiter aufgeheizt. Das führte zu einer gestörten Luftströmung, die in der Computersimulation kalte Winterwinde nach Europa brachte. „Diese Störungen könnten die Wahrscheinlichkeit des Auftretens extrem kalter Winter in Europa und Nordasien verdreifachen“, teilte Petoukhov mit.

Aus Sicht Hüttls wird es auch noch eine Zeit brauchen, bis Wissenschaft und Forschung alle diese Zusammenhänge erklären können. «Wettervorhersagen sind heutzutage regional spezifisch für drei bis fünf Tage 80- bis 85-prozentig genau zu machen. Dafür haben wir aber auch 150 Jahre intensivste Forschung hinter uns.» Ferner seien rund 3000 Mitarbeiter des deutschen Wetterdienstes rund um die Uhr mit der Thematik befasst.

Zusammenhänge erkennen

Aufgabe der Wissenschaft sei darum, Zusammenhänge klarzumachen und den Forschungsbedarf deutlich zu machen. Dafür seien Institute nötig, wie beispielsweise das neue Potsdamer Institut für Klima, Erdsysteme und Nachhaltigkeitsforschung IASS (Institute for Advanced Substainability Studies).

Sein Institut stütze den Blick auf die Zukunft auf die Erforschung der Vergangenheit. „Wir schauen: Wie war das Klima früher? Was geschah hier, als sich die Nordhalbkugel erwärmte?“ Aus dieser Vergangenheit könne man für die Zukunft lernen. „Das scheint mir der einzige Weg, um einigermaßen verlässliche Arbeitshypothesen ableiten zu können“, meinte Hüttl. Berechnungen auf dieser Basis könnten dann helfen, auf Klimaveränderungen zu reagieren.