Inflation befeuert Debatte über EZB-Geldpolitik

Inflation befeuert Debatte über EZB-Geldpolitik
(Reuters/© Hannibal Hanschke / Reuters)

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Die Inflationsrate in Deutschland ist zu Jahresbeginn in die Höhe geschnellt und befeuert die Kontroverse über die laxe EZB-Geldpolitik.

Im Januar legten die Verbraucherpreise um 1,9 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt auf Basis vorläufiger Daten am Montag mitteilte. Dies ist das höchste Niveau seit Juli 2013. Damit kratzt die Inflation hierzulande an der von der EZB für den gesamten Währungsraum angepeilten Zielmarke von knapp zwei Prozent. Im Dezember lag die Rate noch bei 1,7 Prozent. Insbesondere um 5,8 Prozent gestiegene Energiepreise sorgten für den Schub: „Die EZB sollte dringend umsteuern“, sagte der Wirtschaftsweise Volker Wieland der Nachrichtenagentur Reuters. Es gehe darum, den Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik vorzubereiten.

Ölpreis sorgt für Teuerungsschub

Auch sein Kollege Lars Feld, der ebenfalls in dem führenden wirtschaftspolitischen Beratergremium der Bundesregierung sitzt, stößt ins selbe Horn: „Die Inflation in Deutschland ist zurück. Sie dürfte sich in der Euro-Zone ebenfalls beschleunigen.“ Deswegen sollte die EZB seiner Ansicht nach schon ab diesem Frühjahr einen weiteren Rückgang ihrer Anleihenkäufe ankündigen. EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny hält solche Überlegungen jedoch für verfrüht. Er erwartet keine raschen Beschlüsse über ein Abschmelzen der billionenschweren Transaktionen.
Die Europäische Zentralbank werde das sicherlich noch nicht bei der Vorlage ihrer neuen Wirtschaftsprognosen im März diskutieren, sagte der österreichische Notenbankchef in Wien. „Aber ich denke, dass wir bei der Prognose zur Jahresmitte, der Juni-Prognose, mit Sicherheit eine Diskussion zur weiteren Entwicklung haben“, so Nowotny. Eine Entscheidung über ein Herunterfahren der Käufe werde dann jedoch noch nicht gefällt.

Inflation steigt im Januar auf 1,9 Prozent

Die Währungshüter wollen mit der Geldflut die aus ihrer Sicht noch immer zu niedrige Inflationsrate in der Euro-Zone anheizen. Für die am Dienstag anstehenden Daten aus der Währungsunion erwarten Experten 1,6 Prozent. Die EZB pumpt seit März 2015 über den Kauf von Staatsanleihen Woche für Woche Milliarden in das Finanzsystem. Erst im Dezember hatten die Hüter des Euro das Programm um neun Monate bis Ende 2017 verlängert. Eine Maßnahme, die der Wirtschaftsweise Wieland angesichts der jüngsten Preisentwicklung für „nur schwer zu rechtfertigen“ hält. Das Gesamtvolumen des Wertpapier-Kaufprogramms wird dadurch auf 2,28 Billionen Euro anschwellen. Kritik aus Deutschland an der ultra-lockeren Geldpolitik hat EZB-Chef Mario Draghi mit dem Argument gekontert, die Wirtschaft in der Euro-Zone sei noch auf Unterstützung angewiesen.

Dass der EZB-Zielwert bei der Inflation nun zumindest in der größten Volkswirtschaft des Euro-Raums annähernd erreicht wird, ist Wasser auf die Mühlen der Draghi-Gegner – auch innerhalb der EZB. Bundesbankchef Jens Weidmann hat bereits laut über eine Abkehr von der laxen Linie der EZB nachgedacht. Auch die deutsche EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger meint, dass die Diskussion über einen Ausstieg bald beginnen sollte.

Insbesondere viele deutsche Sparer stecken in einem Dilemma. Sie spüren die Nullzins-Politik der EZB. Da die Inflationsrate nun deutlich anzieht, verliert ihr Geld real an Wert. Zuletzt erwiesen sich auch Nahrungsmittel als Kostentreiber: Die Verbraucher mussten dafür 3,2 Prozent mehr aufwenden als vor Jahresfrist. Und die Wohnungsmieten stiegen um 1,6 Prozent. Auf baldige Besserung können die Verbraucher laut Sal. Oppenheim-Ökonomin Ulrike Kastens nicht hoffen: „Die Zeit der niedrigen Inflationsraten ist in Deutschland passé.“
Der Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel, verweist darauf, dass im Unterschied zur restlichen Euro-Zone die Teuerung auch unter Herausrechnung der Energiepreise in Deutschland auf einem höheren Niveau liege: „Um ein weiteres Auseinanderdriften zwischen Deutschland und den übrigen Staaten des Währungsraumes zu verhindern, wird Draghi zum Jahresende einen sanften Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik in Aussicht stellen.“