„Hier wird der Mittelstand noch ernst genommen“

„Hier wird der Mittelstand noch ernst genommen“
(Tageblatt/Hervé Montaigu)

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Luxemburgs Wirtschaftsleistung wird nicht nur von der Finanzbranche und großen Konzernen erbracht. Auch mittelständische Betriebe tragen ihren Teil bei. Wie Pfeifer Sogequip aus Foetz.

Im Auftrag einer Ölfirma hat Siemens einen 70 Tonnen schweren Generator für eine Ölplattform in der Nordsee gebaut. Damit dieser in den Einsatz kommen kann, muss er mit einem Kran von einem Schiff aus auf die Plattform gehievt werden. Das Stahlseil, das für diese Aufgabe benötigt wird, wird bei Pfeifer Sogequip, Spezialist für Seil- und Hebetechnik aus Foetz, in Auftrag gegeben.

Kernzahlen

Pfeifer Sogequip

 Gründungsjahr: 1958
 Mitarbeiter: 16
 Umsatz 2013: 3,3 Millionen Euro
 Umsatzerwartung 2014: 3,5 Millionen Euro
 Firmensitz: Foetz, Luxemburg

Pfeifer-Firmengruppe

Gründungsjahr: 1579
Mitarbeiter: 1.130
 Umsatz 2012: 220 Millionen Euro
Firmensitz: Memmingen, Deutschland

Das Unternehmen Sogequip wurde im Jahr 1958 gegründet. Der Betrieb wurde ursprünglich aus dem Arbed-Konzern ausgegliedert. Die Firma ist spezialisiert auf die Herstellung und
die Lagerung von Stahlseilen
für Hallen- und Maschinenkräne.

Im Jahr 1994 wurde Sogequip an die deutsche Firma Pfeifer verkauft. „Das Familienunternehmen stellt seit über 435 Jahren Seile her“, erzählt Karsten Rüba, Geschäftsführer von Pfeifer Sogequip, dem Tageblatt. Damals durften Henkerstricke und Hanfseile für die Schifffahrt nur von ausgebildeten Seilern hergestellt werden. Stahlseile kamen erst im Laufe der Jahrhunderte hinzu.

„Es ist ein komplizierter Vorgang“, sagt Karsten Rüba über den Auftrag für Siemens. Erst müsse man das Seil in Foetz zusammensetzen. „Das bedeutet zwei Tage Arbeit für zwei Mitarbeiter.“ Dann werde das Seil im Stammwerk der Muttergesellschaft in Memmingen getestet, zertifiziert und zu Siemens transportiert.

Mit Technikern von Siemens stehe man in direktem Kontakt, beschreibt Rüba den Ablauf des Auftrags.

Pfeifer Sogequip arbeitet jedoch nicht nur für die Ölindustrie in der Nordsee. „Wir können jede erdenkliche Lösung zum Bewegen von Lasten anbieten“, sagt der Geschäftsführer des Luxemburger Werkes. „Wir bedienen auch nicht nur die Industrie, sonst wären wir längst pleite.“

Rund 1.500 verschiedene Kunden zählt das Unternehmen aus Foetz, darunter auch viele Landwirte. Zudem hat praktisch jeder – wenn auch ohne es zu bemerken – bereits Luxemburger Seile von Pfeifer Sogequip genutzt. Fast alle „Seile in Aufzügen in Luxemburg kommen von uns“, sagt Rüba.

„Alles noch wahre Handwerkskunst“

„Für jede Hebe-Anwendung gibt es unterschiedliche Seile“, erklärt der gelernte Betriebswirt. Sie kommen unter anderem bei Kränen, in der Forstwirtschaft, in Produktionshallen, auf Baustellen oder bei Aufzügen zum Einsatz. Selbst die Seile, an denen die Regenschirme in Luxemburg-Stadt hängen, kommen aus Foetz.

Als „Rohmaterial“ kauft der Luxemburger Betrieb die Einzelteile, etwa eine Rolle mit einem 1.000 Meter langen Stahlseil oder ein Fass mit einigen hundert Metern Kette. Dann schneiden die Mitarbeiter das Seil auf die Bedürfnisse des Kunden zu und fügen die Komponenten zusammen. Am Schluss steht ein Stahlseil oder eine Stahlkette – „unsere Hauptprodukte, um schwere Lasten zu bewegen.“

Die Arbeit an sich sei zum größten Teil noch Handarbeit, so der Geschäftsführer weiter. Dabei denkt er beispielsweise an das sogenannte „Spleißen“, wobei ein Stahlseil bis zu den Drähten aufgedreht wird und dann wieder wie ein Strickmuster miteinander verbunden wird. „Das ist alles noch wahre Handwerkskunst“, so Karsten Rüba. „Die muss man lernen.“ Bedauern tut er, dass der Beruf des „Seilers“ am Aussterben ist.

Etwa „80 Prozent unserer Produktion ist exakt auf den Kunden zugeschnitten“, so Rüba. Es sei eine Konfektionierung auf Maß.

Auch wenn die Stahlseile „nahezu unzerstörbar“ seien, würden sie meistens nur ein einziges Mal benutzt, erklärt er. Sicherheit werde bei Pfeifer Sogequip großgeschrieben. „An jeder Last hängt ein Leben – und Unfälle wollen und können wir uns nicht leisten.“

Zulieferbetrieb von ArcelorMittal

Daneben vertreibt Pfeifer Sogequip im werkeigenen Geschäft in Foetz auch Textilbänder (Zurrgurte) zum Befestigen oder Bewegen von Lasten. Diese Produkte – immer Profimaterial – kauft das Unternehmen bei Großhändlern, es stellt sie nicht selber her. Der „reine Handel“ steht für etwa 30 Prozent des Umsatzes.

Wichtigster Kunde des Luxemburger Betriebes ist nach wie vor ArcelorMittal. Der Konzern stehe für fast 50 Prozent des Umsatzes, so Rüba. Mit dem Stahlkonzern habe man eine „ganz besondere Kundenbeziehung.“ Einerseits biete man ihm eine Lagerstätte und andererseits einen „Tag- und Nachtdienst.“

Expansion nach Frankreich

Sein Ziel als Geschäftsführer sei aber, den Betrieb breiter aufzustellen. „Vor einigen Jahren stand ArcelorMittal noch für 70 Prozent des Umsatzes.“ Um dieses Ziel zu erreichen, schaut Pfeifer Sogequip vor allem auf den französischen Markt. „Das wollen wir aggressiver angehen“, meint Rüba. „Es gibt dort sehr viele Möglichkeiten für eine kleine Firma wie uns.“ Mit „Tata Steel Frankreich“ habe man bereits einen prominenten Neukunden hinzugewonnen.

Belgien hingegen sei als Markt zu kompliziert, da es in den einzelnen Regionen unterschiedliche Normen gebe. Um den deutschen Markt bekümmere sich vor allem das Mutterhaus. Den Löwenanteil des Umsatzes (80 Prozent) erwirtschaftet die Firma derzeit in Luxemburg.

Die wichtigsten Konkurrenten von Pfeifer Sogequip sitzen in Polen. „Die sind Marktführer und decken Europa komplett ab“, erklärt Rüba. „Mit einer Marktdurchdringung von 90 Prozent sind wir aber Marktführer in Luxemburg.“ Um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden, „verkaufen wir nur qualitativ hochwertige Seile. Wir sind sehr flexibel und können scher schnell – und just in time – das Gewünschte produzieren.“ Insgesamt gebe es „im Hebe-Business kein Problem, das wir nicht lösen können“, so der Geschäftsführer. Man könne – mit der Unterstützung der Muttergesellschaft aus Deutschland – immer die vom Kunden benötigten Produkte liefern.

Insgesamt sei es nach wie vor möglich, „interessante Margen“ zu erwirtschaften. „Wir verdienen gutes Geld. Und das darf man mit unserer Leistung auch.“ Nur im Jahr der Stahlkrise, 2009, sei man kurz in die roten Zahlen gerutscht.

Mit den Rahmenbedingungen am Standort Luxemburg ist Karsten Rüba überaus zufrieden: „Hier gibt es ein sehr großes Know-how, gut ausgebildete Ingenieure und viele Geschäftsmöglichkeiten.“ Zudem sei auch der Staat bereit zu helfen. Es sei immer möglich, „kompetente Ansprechpartner zu finden, die einem weiterhelfen können. Hier wird der Mittelstand noch ernst genommen.“