Radikalumbau soll Deutsche Bank aus Dauerkrise befreien

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Die Deutsche Bank kehrt zurück zu ihren Wurzeln. Doch der Umbau mit dem Abbau Tausender Stellen wird teuer und schmerzhaft. Ob Konzernchef Sewing die Investoren überzeugen kann, muss sich erst noch beweisen.

Die Deutsche Bank versucht den Befreiungsschlag: Der Abbau Tausender Stellen und ein radikaler Konzernumbau sollen die jahrelange Krise des größten deutschen Geldhauses beenden. Der Aufsichtsrat billigte am Sonntag nach mehrstündigen Beratungen die von Konzernchef Christian Sewing bereits im Mai skizzierten „harten Einschnitte“.

Rund 18 000 Vollzeitstellen will die Bank in den nächsten Jahren weltweit streichen – und das möglichst „sozialverträglich“. Bis Ende 2022 soll die Zahl der Vollzeitstellen von zuletzt gut 91 500 auf etwa 74 000 sinken. In welchen Regionen wie viele Stellen wegfallen sollen, blieb zunächst offen.

„Da die Bank das Investment-Banking kappen will, dürfte der Stellenabbau vor allem Standorte wie London und New York treffen“, sagte Banken-Experte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim der „Rheinischen Post“ (Montag). Darüber hinaus erwartet der Professor für Bankwirtschaft aber auch Filialschließungen, „weil die Digitalisierung viele Stellen überflüssig macht“.

Ob die am Sonntag beschlossenen Maßnahmen Aktionäre und Investoren überzeugen werden, wird sich nach Börsenöffnung am Montag zeigen. Der Konzern werde den Umbau selbst finanzieren, sagte Sewing dem Nachrichtensender n-tv. Man bitte den Aktionär nicht um eine Kapitalerhöhung und werde mit der Zeit über die Dividende auch Kapital zurückgeben. „Von daher ist das meines Erachtens auf mittlere und lange Sicht eine gute Nachricht für die Aktionäre.“

Das Investmentbanking wird geschrumpft und soll sich künftig auf das Geschäft mit Krediten, Anleihen und Währungen sowie auf strategische Beratung konzentrieren. Aus dem weltweiten Aktienhandel zieht sich der Dax-Konzern zurück. Bilanzpositionen in Höhe von 74 Milliarden Euro will die Bank in einer internen Abwicklungseinheit abbauen.

Das deutsche Geschäft mit Firmenkunden und die Transaktionsbank werden in einem neuen Geschäftsbereich namens Unternehmensbank gebündelt. Die Transaktionsbank kümmert sich um den weltweiten Zahlungsverkehr sowie um Wertpapier- und Kreditgeschäfte für Unternehmen, Finanzinstitute und andere Großkunden.

Die Ratingagentur Moody’s kommentierte, der Umbau sei ein „positiver Schritt in Richtung eines ausbalancierteren und nachhaltigeren Geschäftsmodells“. Seinen negativen Ausblick für die Deutsche Bank behielt die Agentur aber vorerst bei – dies spiegele die „signifikanten Herausforderungen“ wider, vor denen die Bank stehe.

Insgesamt rechnet die Deutsche Bank mit 7,4 Milliarden Euro Kosten für die Umstrukturierung. Der Konzernumbau reißt Deutschlands größtes Geldhaus bereits im zweiten Quartal des laufenden Jahres tief in die roten Zahlen. Einschließlich der Belastungen für die Restrukturierung rechnet die Bank nach vorläufigen Zahlen mit einem Verlust von etwa 500 Millionen Euro vor Steuern und 2,8 Milliarden Euro nach Steuern im Zeitraum April bis Ende Juni. Die Zwischenbilanz für das zweite Quartal 2019 will der Konzern wie geplant am 24. Juli veröffentlichen.

Auch den Vorstand stellt das Institut neu auf. Gleich drei Vorstände werden die Bank zum 31. Juli verlassen: Investmentbankchef und Konzernvize Garth Ritchie, Privatkundenchef Frank Strauß und die für Regulierungsthemen zuständige Sylvie Matherat.

Die Deutsche Bank hat seit Jahren zu kämpfen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Deutschlands größtes Geldhaus seinen ersten Jahresgewinn seit 2014. Doch das erste Quartal des laufenden Jahres zeigte, wie angespannt die Lage nach wie vor ist: Die Deutsche Bank verdiente in den drei Monaten gerade einmal 201 Millionen Euro, während die US-Konkurrenz Milliardengewinne einfuhr. Für das Gesamtjahr 2019 drohen der Deutschen Bank erneut tiefrote Zahlen.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner äußerte sich am Sonntag zuversichtlich: „Die Deutsche Bank hat in den vergangenen zehn Jahren eine schwierige Zeit durchlaufen. Mit der neuen Strategie haben wir jetzt allen Grund, zuversichtlich und selbstsicher nach vorne zu blicken.“