IWF verteilt gute Noten für Luxemburg – trotz einiger Baustellen

IWF verteilt gute Noten für Luxemburg – trotz einiger Baustellen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Während zwei Wochen war eine Mission des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Luxemburg. Am Freitag stellte Missionschef Eric J. de Vrijer der Presse den Bericht im Finanzministerium vor.

Zu den Aufgaben des IWF gehört der Dialog mit den Mitgliedsländern. Aus diesem Grund findet jedes Jahr eine Mission des IWF den Weg nach Luxemburg. „Wir haben mit allen Akteuren – wie der Regierung, der Zentralbank, den Gewerkschaften und den Unternehmens-Organisationen – über die wirtschaftliche Entwicklung, die Zukunftsperspektiven und über mögliche Problemfelder gesprochen“, meinte Missionschef Eric J. de Vrijer.

Das, was die IWF-Mission zu hören bekam, gefiel De Vrijer. An der Politik der Regierung hatte er wenig auszusetzen. „Der wirtschaftliche Ausblick des Großherzogtums ist positiv“, erklärte er. „Die Arbeitslosigkeit geht zurück.“ Die gute Lage ist jedoch nicht allein das Werk der Politik. „Wir befinden uns in einer Zeit, in der es der Wirtschaft im Allgemeinen sehr gut geht“, sagte der Missionschef. „Es gibt immer Risiken, die sich am Horizont abspiegeln.“

In der Folge schälte er die größten Baustellen heraus und gab Ratschläge darüber, wie diese angegangen werden können. Lesen Sie hier, von welchen Bereichen die IWF-Mission glaubt, dass sie sich in Zukunft zu einem Problem entwickeln könnten, und welche Lösungsansätze sie vorschlägt:


 

Steuerpolitik

Die Steuereinnahmen sprudeln, auch dies hat der IWF festgestellt. „Wir gehen aber davon aus, dass sich dieser Überschuss in den kommenden Jahren abbauen wird“, so De Vrijer. Die rezente Steuerreform würde dazu führen, dass in der Zukunft weniger Geld in die Staatskasse fließe, „bei gleichzeitig hohen Anforderungen für Investitionen in die Infrastruktur, das Bildungs- und Gesundheitssystem“.

Da die luxemburgischen Steuereinnahmen auch von den Steuersätzen im Ausland abhängen, rät der IWF zu einer niedrigeren Unternehmensbesteuerung. Mögliche Instrumente zur Verbesserung der Einnahmen seien dann auch eine Erhöhung der „sehr niedrigen Immobiliensteuern“ und eine Steigerung der Umweltsteuern.

„Luxemburg muss seine Anti-Geldwäsche-Politik verbessern“, sagte De Vrijer. Er erkennt ein „signifikantes Risiko“, dass sich dies zu „einem ernsten Problem für die Reputation“ des Landes entwickeln könnte. Auf diesem Gebiet erkannte der IWF jedoch Fortschritte. Die Regierung solle aber weiterhin die europäischen und internationalen Abkommen umsetzen.


Wohnungsmarkt

„Die Wohnungspreise sind schneller gestiegen als das verfügbare Einkommen“, stellte der IWF in seiner Mission fest. „Die Nachfrage ist weiterhin höher als das Angebot“, so Eric De Vrijer. Mittlerweile ist die Erschwinglichkeit ein Thema.

Die hohen Immobilienpreise führen zu einer stärkeren Verschuldung der Haushalte. „Es könnten Risiken entstehen, wenn dieser Trend anhält“, sagte der Missionschef.
Eric De Vrijer erkannte in den Preisen jedoch keine Blase. „Sie spiegeln eine erfolgreiche Wirtschaft wider.“ Da das Angebot zu knapp ist, gibt es im Grunde nur einen „Königsweg“. Mehr Wohnungen müssen auf den Markt kommen. „Hier gibt es genügend ungenutztes Land“, meinte De Vrijer. Eine Steuer auf Brachen sei ein Hebel, wie die Wohnungsknappheit angegangen werden könnte. Auch eine Vereinfachung der Prozedur für die Ausweisung von Wohngebieten könne zu einer Lösung des Problems beitragen.
„Wenn die erstbeste Lösung nicht funktioniert, dann könnte der Staat gezielte Beihilfen auszahlen“, so De Vrijer.


Arbeitsmarkt

„Auf dem Arbeitsmarkt gibt es immer noch das Problem des Qualifikations-Missverhältnisses“, so Eric de Vrijer. Dies erkläre sowohl die hohe Zahl der Grenzgänger als auch das „sture Element der strukturellen Arbeitslosigkeit“.

Es gebe nicht genug Menschen, die bereit seien, für niedrige Löhne zu arbeiten. „Es gibt nicht genügend Anreize, um eine bezahlte Arbeit aufzunehmen“, so De Vrijer. Steuerkredite für Geringverdiener könnten eine Lösung sein, erklärte er. „Weitere Anpassungen der Arbeitslosen- und Sozialleistungen“, die dazu führen, dass mehr Leute einen Job annehmen, seien eine andere Lösung. „Das Revis würde in diese Richtung gehen“, sagte der Missionschef.

Ein anderes Problem sei die geringe „Partizipationsrate“ der Frauen am Arbeitsmarkt. Für den IWF arbeiten auch zu viele Frauen nur halbtags. „Es ist eine gute Sache, dass 20 Stunden Kinderbetreuung nun gratis sind“, meinte De Vrijer. Doch warum keine 40 Stunden pro Woche? Die 20 Stunden seien ein weiterer Anreiz für Frauen, um nur halbtags zu arbeiten.


Pensionssystem

„Luxemburg hat ein sehr gutes Rentensystem“, meinte Eric J. de Vrijer. Die zu zahlenden Rentenbeiträge seien „erschwinglich“, das effektive Renteneintrittsalter mit 61-62 Jahren „sehr niedrig“ und die Rentenkassen „gut gefüllt“. Derzeit werde mehr ein- als ausgezahlt. Doch die Regierung solle sich nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen.

„Wenn man sehr konservativ rechnet, wird der Überschuss in fünf bis sieben Jahren verschwunden sein“, so De Vrijer. Nach weiteren 11-12 Jahren gehe es dann an die Reserven. „Dann gibt es ein Problem“, meinte der Missionschef.

Es bestehe jedoch eine Möglichkeit, um diesem Problem aus dem Weg zu gehen. „Das effektive Renteneintrittsalter ist sehr niedrig“, erklärte De Vrijer. Zudem würden die Luxemburger Einwohner immer älter werden. „Die Leute sind für eine sehr lange Zeit inaktiv.“ Das effektive Renteneintrittsalter solle laut dem Missionschef auf 65 Jahre angehoben werden. Alternativ könnten die „generösen Anreize zur Frühverrentung“ zurückgefahren werden.


Finanzsektor

Dank der Geldpolitik der Zentralbank sind die Zinsen tief und Liquidität ist reichlich vorhanden. Die Börsen kannten bis diese Woche nur einen Weg: jenen nach oben.
Durch das niedrige Zinsniveau ist die Nachfrage nach Anlagen, die höhere Renditen als die Banken versprechen, in die Höhe geschnellt. Luxemburgs Finanzsektor, einer der größten Fondsplätze der Welt, zog seinen Nutzen aus dieser Lage.

Doch dies muss nicht immer so bleiben. Kein anderer Sektor ist so abhängig von dem, was im Ausland passiert. „Um das luxemburgische Finanzsystem vor globalen Schocks zu schützen“ und zu verhindern, dass Liquiditäten ins Ausland fließen, solle die Regierung auch in Zukunft die Regeln und die Überwachung verbessern, meint der IWF.
„Wenn die Unternehmen ihr Geld aus Luxemburg abziehen, dann braucht das Land einen Puffer, um dies zu verkraften“, sagte De Vrijer. Er verglich die Situation mit einem „außer Kontrolle geratenen galoppierenden Pferd“.