In großen Schwierigkeiten

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Die Piloten streiken seit zwei Monaten jeweils zwei Tage pro Woche. Sie wollen mehr Gehalt. Der Vorstandsvorsitzende tritt zurück, weil er ein firmeninternes Referendum verloren hat. Die Mitarbeiter hatten Gehaltsvorschläge der Direktion abgelehnt. Der Streik kostet derzeit bereits 300 Millionen Euro.

Die Konsequenz der Auseinandersetzung im Unternehmen: Im ersten Vierteljahr 2018 flog Air France 269 Millionen Euro Verlust ein. Die Folge der verstrickten Geschichte: Die französische Fluggesellschaft steht vor der Gefahr, vom Markt zu verschwinden. Die Holding Air France/KLM hatte das vergangenen Geschäftsjahr mit guten Zahlen abgeschlossen. Die Schulden waren um fast zwei Milliarden Euro auf 1,657 Milliarden Euro zurückgeführt worden. Der operative Gewinn lag bei 1,44 Milliarden Euro. Da in den Niederlanden aber Änderungen bei der Einschätzung der Pensionsfonds eintraten, ergab sich am Ende ein Verlust von 274 Millionen Euro.

Die aus zwei Konzernen 2004 geschmiedete Luftfahrt-Holding Air France/KLM fügt ihre Bilanz aus der Leistung der beiden Fluggesellschaften zusammen. Im vergangenen Jahr erhöhte die im Vergleich zu Air France nur halb so große niederländische KLM ihren operativen Gewinn um 33 Prozent auf 910 Millionen Euro. Air France legte beim operativen Gewinn um 58 Prozent auf 588 Millionen zu. In der Folge der guten Resultate, die sich das Unternehmen bei Air France durch einen harten Restrukturierungskurs erkauft hatte, verlangten die Pilotengewerkschaften eine Gehaltserhöhung von sechs Prozent. Begründung: Die Inflation habe ihre Gehälter in den vergangenen sechs Jahren entwertet.

Harter Restrukturierungskurs

Air France hat unabhängig von den Gehaltsforderungen der Piloten seinen Mitarbeitern eine „Erfolgsprämie“ von insgesamt 130 Millionen Euro gezahlt. Für das Geschäftsjahr 2016 waren es 50 Millionen gewesen. Die Forderung einer Gehaltserhöhung bei den Piloten um sechs Prozent wies Air-France-Generaldirektor Frank Terner zurück. Sie hätte mit einer Summe von 200 Millionen ein Drittel des operativen Gewinns betragen, aus dem 130 Millionen bereits an die Mitarbeiter gezahlt werden. Air France muss überdies ein Prozent als normale Anpassung und 1,4 Prozent in der Gehaltseinstufung zahlen.

Der Vorstandsvorsitzende der Holding und Präsident des Verwaltungsrates, Jean-Marc Janaillac, bot den Gewerkschaften sofort zwei Prozent und weitere fünf Prozent in den kommenden fünf Jahren an. Am Freitag vergangener Woche lehnten in einer Abstimmung, an der über 80 Prozent des Personals teilgenommen hatten, 55 Prozent das Angebot ab. Janaillac kündigte seinen Rücktritt an. Der Verwaltungsrat stützte ihn am vergangenen Samstag, hob seine Leistung bei der Restrukturierung des Unternehmens hervor und bat ihn, seine Funktion bis zum 15. Mai weiterzuführen.

Air France befindet sich schon seit Monaten zwischen mehreren Anforderungen, die das Unternehmen nicht erfüllt. Delta Airlines und auch China Eastern sind mit 751 Millionen Euro in das Kapital Air France/KLM eingestiegen. Beide Partner sind mit der Produktivität von Air France nicht zufrieden.

Unter Konkurrenzdruck

Beim Partner KLM gibt es Unzufriedenheit, weil der Holding-Vorsitzende Janaillac die Verhandlungen in Frankreich führte. Er hätte dies dem Generaldirektor von Air France überlassen müssen, lautet die Kritik. Weiter sind die Niederlande mit der schwachen Produktivität nicht einverstanden: Die Piloten von Air France hätten die höchsten Gehälter und die niedrigste Zahl an Flugstunden, heißt es. Letztlich muss Air France angesichts steigender Kerosinpreise mit höheren Treibstoffkosten rechnen, die bis zu 4,5 Milliarden Euro betragen könnten. Air France steht unter Kostendruck und hätte sich die „Erfolgsbeteiligung“ schon nicht leisten können.

Der französische Carrier steht zusätzlich unter Konkurrenzdruck. „Man braucht Air France eigentlich nicht mehr“, sagte der Chef-Volkswirt des Fernsehsenders BFM TV in einem Kommentar. Der Grund: „Andere Fluggesellschaften wie etwa Easy Jet oder Norwegian bieten heute dasselbe, zum Teil besser als Air France“, schreibt der Flug-Spezialist Nicolas Bouzou in einer Kolumne in der Tageszeitung Le Figaro.

Die Gewerkschaften bei Air France hoffen nun, dass die Regierung ihren Einfluss geltend macht. Das war in der Vergangenheit immer so. Wirtschaftsminister Bruno le Maire allerdings hat im Sonntagsgespräch mit dem Fernsehsender BFM TV jede Einmischung abgelehnt. Man könne China Eastern und Delta nicht übergehen. Die Regierung werde sich nicht einmischen. Und sie werde keinesfalls die Schulden des Unternehmens übernehmen, kündigte er an, bevor er anfügte: „Die Forderungen der Piloten sind nicht gerechtfertigt. Die Partner im Unternehmen müssen die Situation retten. Air France riskiert, vom Himmel zu verschwinden.“

Der französische Staat besitzt 14 Prozent des Kapitals von Air France. Eingreifen kann er finanziell nicht. Das wäre eine staatliche Beihilfe, die untersagt ist. Die Konkurrenz wartet nur darauf, dagegen klagen zu können.


Was verdienen Piloten?

Die Website „Gehaltsreporter.de“ hat eine Übersicht über die Gehälter in der Luftfahrt veröffentlicht. Die nachfolgend veröffentlichten Gehälter sind Richtwerte. Zu allen genannten Löhnen kommen in der Regel noch Zulagen. Nicht berücksichtigt werden auch Betriebs-Rentenlösungen, die eine Zusatzzahlung zur gesetzlichen Altersrente darstellen. Im Cockpit sind die Gehälter sehr unterschiedlich.

Aber: Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer kostet bis zu 150.000 US-Dollar. Piloten müssen, je nach Situation, diese Kosten selbst übernehmen, insbesondere in den vergangenen Jahren, als es einen Überhang an Piloten gab. Dieser Überhang ist abgebaut.

Nach Angaben des Welt-Luftfahrtverbandes IATA werden derzeit 15.000 Piloten ausgebildet. Seinen Angaben zufolge werden in den kommenden 20 Jahren weltweit 20.000 weitere Piloten pro Jahr benötigt. Pilotenmangel gibt es unterschiedlich in den Regionen der Welt. Airlines aus China oder Ostasien bieten wegen des knappen Piloten-Angebotes auf dem Arbeitsmarkt Gehälter von 230.000 US-Dollar an, schreibt der Report. Zu den einzelnen Gesellschaften heißt es:

Air France
Das Einstiegsgehalt als Kapitän soll bei 130.000 Euro liegen. Das Gehalt steigert sich dem Report zufolge auf 230.000 Euro. Ein Copilot steigt mit 49.000 Euro Jahresgehalt
ein.

Lufthansa
Copiloten steigen mit einem Anfangsgehalt von 73.000 Euro ein. Ein Flugkapitän nach mindestens acht Jahren Flugerfahrung beginnt mit 110.000 Euro, schreibt „Gehaltsreporter“. Das Jahresendgehalt soll bei 250.000 Euro liegen.

Tui Fly
Der Copilot beginnt mit 63.000 Euro Jahresgehalt. Der Kapitän beginnt mit 106.000 Euro und kann bis zu 204.000 Euro am Ende seiner Karriere aufsteigen.

British Airways
Das Einstiegsgehalt für Piloten liegt bei 77.000 Euro, das sich im Verlauf der Karriere bis auf 181.000 Euro steigern kann. Copiloten erhalten 61.000 Euro jährlich.

Swiss
Copiloten beziehen ein Jahresgehalt von 74.000 Euro. Das Einstiegsgehalt für Piloten liegt bei 124.000, das Jahresgehalt für Kapitäne kann sich auf 174.000 Euro erhöhen.

Easyjet
Easyjet Schweiz zahlt Kapitänen ein Jahresgehalt von 134.000 Euro und den Copiloten 52.000 Euro. Easyjet Spanien zahlt 113.000 für Kapitäne zu Beginn der Karriere. Es kann bis 131.000 Euro ansteigen. Copiloten erhalten 49.000 Euro.

SAS
Piloten erhalten zu Karrierebeginn 62.000 Euro, später bis zu 120.000 Euro. Copiloten erhalten 38.000 Euro jährlich.

Ryanair
Die Piloten erhalten maximal 90.000 Euro an Jahresgehalt. Copiloten verdienen jährlich 30.000 Euro.

Welt
Dem Wall Street Journal zufolge erhalten „erfahrene Piloten“ in den USA im Durchschnitt 135.000 US-Dollar. Dank des Pilotenmangels zahlen manche chinesische Fluggesellschaften 270.000 US-Dollar. Emirates zahlt den Piloten steuerfrei 97.000 US-Dollar.