In der Welt der Milliarden

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Die Entwicklung des Investmentfondsbereichs ist eine Erfolgsgeschichte für den Luxemburger Finanzplatz. Mittlerweile, nach etwas mehr als 25 Jahren, verwaltet die Branche über 4.100 Milliarden Euro von Luxemburg aus.

Damit ist das Großherzogtum der zweitwichtigste Fondsstandort weltweit – nach den USA. Und was Fonds angeht, die grenzüberschreitend verkauft werden, ist Luxemburg sogar die Nummer eins. Dieser Erfolg erklärt, warum sich mehr als 700 Fonds-Experten aus der ganzen Welt für die zweitägige Konferenz, die am Dienstag vom luxemburgischen Investmentfondsverband ALFI in den Hallen der Luxexpo – The Box auf Kirchberg organisiert wurde, interessierten.

Und das Wachstum geht noch weiter. „Letztes Jahr ist rund ein Drittel aller neuen Gelder, die in Europa in Fonds investiert wurden, in Luxemburger Fonds geflossen“, freut sich ALFI-Präsidentin Denise Voss. Insgesamt verwaltet die Branche in Europa satte 15.000 Milliarden Euro. „Und auch 2018 geht es weiter mit dem Wachstum“, gab sich Denise Voss am Dienstag zuversichtlich. „Alles sieht gut aus.“

Als Grund für den Erfolg sieht die Präsidentin die Diversifikation der Branche. Einerseits Diversifikation, was die Investmentpraktiker der Fonds angeht (Aktien, Anleihen …), andererseits eine Diversifikation der Herkunftsländer der Gelder. Die wichtigsten Länder hier sind die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und die Schweiz. Doch Geldzuflüsse aus anderen Ländern sind dabei zuzulegen. Voss erwähnte Brasilien, China und Vietnam.

Wachstumschancen

Auch spielt das Umfeld mit den niedrigen Leitzinsen der Branche in die Hände, wie Denise Voss auf einer früheren Konferenz erklärt hatte. „In Europa liegen die Hälfte aller Spareinlagen auf Bankkonten“, unterstrich sie. „Und das bei negativen Zinsen.“ Fonds könnten den Investoren mehr bieten.

Zudem sieht sie eine ganze Reihe Wachstumschancen. „Es gibt viele Gründe, um zuversichtlich für die Zukunft unserer Industrie zu sein.“ So etwa die kommende Kapitalmarkt-Union in der EU, bei der es darum geht, neue Wege zu finden, um Spareinlagen und Investoren zueinander zu bringen. Europas Wirtschaft brauche Geld, um in Wachstum und in neue Jobs zu investieren, betonte Voss.

Auch stimmt sie die Tatsache zuversichtlich, dass die EU an neuen Sparsystemen für die Rente arbeitet. „Hier ist Luxemburg gut positioniert“, so die Präsidentin weiter. Ferner sieht sie eine steigende Nachfrage für nachhaltige und sozial-verantwortliche Finanzprodukte. „Hier hat sich das Wachstum zwischen 2010 und 2016 verdoppelt.“

Kein Vorteil

Doch ganz ohne Sorgen ist die Branche dann doch nicht. Vor allem missfällt der in Brüssel gemachte Vorschlag, dass künftig möglicherweise eine Erlaubnis der europäischen Aufsichtsbehörde ESMA nötig ist, um bestimmte Tätigkeiten in ein Land außerhalb der EU (etwa nach Großbritannien) auszulagern. „Die ALFI sieht keinen Vorteil in diesem Vorschlag“, so Voss. Es werde bereits seit Jahrzehnten so gemacht und in all der Zeit habe es keine Probleme damit gegeben. „Es geht darum, die richtigen Experten für die Investoren zu bieten.“ Nun soll jedoch mit mehr Regulierung (und somit höheren Kosten) eine Lösung für ein Nicht-Problem gefunden werden.

Dass die Branche insgesamt stärker reguliert wird, stößt im Schnitt auf Verständnis bei den Fondsmanagern und -verwaltern. Die Branche der Vermögensverwalter ist nämlich schon lange keine kleine Nische mehr. Aus einem ehemaligen „Anhängsel der Banken“ ist eine eigene Branche herausgewachsen. Damit habe man mehr Verantwortung in der Gesellschaft und würde auch stärker reguliert werden, meinte ein Redner. Gastredner der ALFI European Asset Management Conference war Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel. Er erklärte den hunderten Experten, dass es „kein Zufall“ ist, dass sich der Bereich der Investmentfonds zu einer wahren Erfolgsgeschichte für Luxemburg entwickelt hat.

Sobald, vor etwas mehr als 25 Jahren, eine EU-Direktive einen „Pass“ für diese Finanzprodukte (Ucits) geschaffen hatte, um einen gemeinsamen Binnenmarkt bedienen zu können, war Luxemburg das erste Land, das diese Direktive umsetzte.

Geballtes Fachwissen

„Und seitdem haben wir immer weiter innoviert“, so Bettel weiter. Luxemburg habe sich zu einem „einzigartigen“ Ort entwickelt, an dem es geballtes Fachwissen zu finden gibt wie sonst nirgendwo auf der Erde. Die führende Position habe man dann über all die Jahre hinweg auch weiter halten können.

Den Brexit sieht Bettel nun als „Test für die Attraktivität des Landes“. Er sei zwar wirklich nicht glücklich über die Entscheidung des britischen Volkes – man und sehe, dass die Populisten falsche Versprechen gemacht hatten. „Es ist jetzt nicht die Attraktivität von London, die steigt. Auch ist es nicht so, als würden alle Firmen nach London gehen wollen. Das Gegenteil passiert.“ Obwohl Luxemburg nicht „aggressiv für den Standort wirbt“, kommen neue Unternehmen ins Land. Andere bauen ihre Büros hierzulande aus.

Alles dreht sich dabei immer noch um den begehrten „EU-Pass“ für Finanzdienstleistungen. Nach einem Brexit können Firmen aus London diesen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr erhalten. Somit verlieren sie den direkten Zugang zum Binnenmarkt mit Millionen an potenziellen Kunden. Nur über eine Registrierung in einem EU-Land kann ein Unternehmen sicherstellen, dass es diese Millionen Kunden auch in Zukunft noch bedienen kann.

Großbritannien ist seit vielen Jahren ein Partner für den Luxemburger Investmentfondsplatz, war am Dienstag oft zu hören. Immerhin stehen britische Unternehmen für gut 17 Prozent aller Milliarden, die von Luxemburger Fonds verwaltet werden. „Und diese langjährige Partnerschaft soll auch noch in Zukunft weiterlaufen“, wünscht sich Denise Voss. Die ALFI organisiert zwei große Konferenzen im Jahr. Während sich jene im Frühling eher mit Themen aus dem Bereich Regulierung beschäftigt, geht es bei der Versammlung im Herbst eher um den weltweiten Vertrieb der Luxemburger Fonds.

Die Branche beschäftigt hierzulande einige Tausend Mitarbeiter und zahlte allein im vergangenen Jahr (laut eigenen Aussagen) deutlich mehr als eine Milliarde Euro an Steuern.


Eine rasante Entwicklung

Was das Volumen der Gelder angeht, die von den Luxemburger Fonds verwaltet werden, wurden in letzter Zeit fast monatlich neue Rekorde gebrochen. Zum Ende des Monats Dezember 2017 lag das Geldvolumen bei 4.160 Milliarden Euro. Eine solch hohe Summe hatte die Fondsbranche hierzulande bisher noch nie verwaltet. Innerhalb eines Jahres ist das Volumen um satte 11,8 Prozent gestiegen, schreibt die Finanzaufsicht CSSF. Bereits 2016 war ein Jahr der Rekorde. Insgesamt 235 Milliarden waren zu dem bestehenden Vermögen hinzugekommen. Am Jahresende 2016 lag das Volumen bei 3.741 Milliarden Euro.

Das Wachstum ist überaus rasant. Zum Vergleich: 2009 lag die Summe der investierten Gelder noch bei 1.526,6 Milliarden Euro.


Kein Steuerwettbewerb

Im Rahmen seiner Erklärungen zu Luxemburgs „nicht-aggressiver“ Post-Brexit-Standortwerbung erklärte Premierminister Xavier Bettel am Dienstag, dass er einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern für Firmen nicht mitmachen wolle. Das wäre nur eine kurzfristige Lösung, so der Premierminister. Wie sollte man den Menschen im Lande auch erklären, dass man „Firmen glücklich“ machen wolle – die Bürger aber viel höherere Steuersätze bezahlen müssten. „Das ist eine Frage der Fairness“, sagte Bettel.