Patrick Kelly, Portfolio Manager und Head of Capital Appreciation der amerikanischen Vermögensverwaltungs- gesellschaft Alger, war in Luxemburg und hat mit dem Tageblatt über Tech-Aktien gesprochen.
Tageblatt: Herr Kelly, der Fonds, den Sie managen, enthält laut Fact Sheet fünf Prozent Facebook-Aktien. Glauben Sie an die Zukunft des Unternehmens?
Patrick Kelly: Eigentlich sind es etwas weniger als vier Prozent, wir hatten einen Teil schon vor dem rezenten Kursverfall abgestoßen. Wir wollten so das Risiko von möglichen regulatorischen Fragen verringern. Wir sahen natürlich nicht voraus, was mit Cambridge Anaylitca passieren würde. Das schuf einen negativen Nachrichtenzyklus, der, so glauben wir, den Gewinn und die Wachstumsraten in Zukunft etwas reduzieren wird.
Ich glaube aber auch, dass Facebook proaktive Schritte unternehmen wird, damit die Leute wissen, was mit ihren Daten passiert. Wir sind davon überzeugt, dass Facebook vier dominante Plattformen besitzt: Facebook, Instagram, Messenger und Whatsapp. Vor allem bei Instagram sehen wir viel Potenzial. Die werden in den kommenden sieben Jahren sehr starke Einnahmen haben. Die aktuelle Bewertung der Aktiva ist attraktiv.
Wie stehen Sie zu Aktien des Elektromobilherstellers Tesla?
Wir halten keine Position in Tesla.
Warum?
Wir glauben, dass Tesla ein gutes und innovatives Unternehmen ist. Das Risiko schätzen wir aber höher ein als bei anderen Tech-Unternehmen, die wir besitzen. Tesla war der Leader in der Elektromobilität, es gibt aber immer mehr Konkurrenten. Dennoch sehen wir den Aufstieg der Elektromobilität als interessanten Langzeittrend.
Wie sieht Ihre Sicht auf den amerikanisch-chinesischen Handelskrieg aus?
Wir gingen davon aus, dass die Handelsgespräche früher oder später eskalieren und die USA Zolltarife einführen würden. Und die Chinesen mit ihren eigenen Tarifen darauf antworten würden. Letzten Endes wird es aber zu einem Abkommen kommen, denn wir glauben, dass ein Handelskrieg im Interesse von keiner der beiden Seiten ist.
Es ist nun einmal üblich, dass es vor Verhandlungen zu einer Eskalation kommen muss, ehe man zu einer Vereinbarung findet. Auf kurze Sicht wird dies auf den Märkten für Angst vor einem Handelskrieg führen. Wir versuchen, uns dies zunutze zu machen.
Apple gab bekannt, die Chipherstellung von China wieder in die USA zu verlagern. Was sind die Gründe dafür, glauben Sie?
Das Unternehmen wird auch weiterhin im Ausland produzieren, sie bauen die Kapazitäten in den USA bloß aus. Apple errichtet gerade neue Produktionsstätten in den USA, weil der Produktionsprozess zunehmend automatisierbar wurde und weniger Handarbeit bedarf. Der Vorteil, der sich daraus ergibt, ist, dass die Produktion nun näher bei den Konsumenten liegt, sodass die Transportkosten gedrückt werden können. Zusätzlich gibt es Steueranreize, um die Produktion in den USA zu fördern.
Hat der Fortschritt den Entwicklungs-Peak schon erreicht?
Wir glauben, dass wir erst am Anfang der innovativsten Zeiten der Geschichte leben, der Fortschritt schreitet immer schneller voran. Die Innovationsschübe, die wir in den vergangenen zehn Jahren beobachteten, werden blass aussehen im Vergleich mit dem, was in der kommenden Dekade auf uns zukommen wird. Die Innovation wird große Auswirkungen auf Unternehmen aus allen Sektoren haben.
Woran erkennen Sie die innovativen Unternehmen?
Der technische Wandel hat positive Auswirkungen auf die einen Unternehmen und negative auf andere. Unsere Investitionsphilosophie dreht sich darum, Unternehmen zu finden, die einem positiven dynamischen Wandel unterliegen. Das sind Unternehmen, die sich dem Wandel anpassen, die in Technik investieren, um kompetitive Vorteile in ihren Sektoren zu gewinnen. Die Chancen sind hoch, dass Unternehmen, die dem Fortschritt Widerstand leisten, verschwinden werden.
Welche Bereiche könnten dies sein?
Der traditionelle Einzelhandel steht unter Druck. Es reicht nicht mehr aus, ein schönes Schaufenster zu haben und für viel Laufkundschaft zu sorgen, um Kunden in seinen Laden zu bekommen. Heute werden viele Produkte direkt an den Endkunden geliefert.
Viele Unternehmen aus dem Einzelhandel haben es bisher verpasst, in neue Technologien zu investieren. Sie stellen nun fest, dass dies dringend notwendig ist, um in einem sich wandelnden Umfeld zu überleben.
Die Spielwarenkette Toys „R” Us sah sich viel Konkurrenzdruck ausgesetzt und ging in den USA vor kurzem pleite. Ineffiziente Einzelhändler werden verschwinden und durch solche ersetzt, die sich dem neuen Umfeld anpassen konnten.
Wie genau verändert das Internet den Einzelhandel?
Das mobile Internet hat für komplette Preistransparenz gesorgt. Wenn man sich in einen Laden begibt, kennt man nicht nur den Preis in diesem Geschäft, sondern die von vielen anderen Geschäften. Diese Preistransparenz schadet den ineffizienteren Einzelhändlern.
Viele Unternehmen müssen ihr Geschäftsmodell überdenken und die Technologie dazu einsetzen, um zu überleben. Wir befinden uns erst am Anfang der Entwicklung. Es ergeben sich große Chancen für Software-Unternehmen, die anderen Firmen helfen, diesen Wandel zu schaffen.
In Luxemburg wurde die dritte industrielle Revolution ausgerufen, die die Arbeitswelt robotisiert und automatisiert – bis keine Arbeit für Menschen aus Fleisch und Blut übrig bleibt. Wie stehen Sie dazu?
Ich glaube, dass eine ganze Reihe Jobs verschwinden und andere entstehen werden. Warren Buffett hatte dies in seinem „Annual Letter“ schon im Jahr 2015 thematisiert. Demnach betrug die Erwerbsbevölkerung in den USA des Jahres 1900 rund 20 Millionen Menschen. 40 Prozent waren in der Landwirtschaft beschäftigt. Die Produktivität betrug 30 Scheffel Mais pro Morgen Land.
Heute gibt es 158 Millionen Arbeitende, von denen nur noch zwei Prozent in der Landwirtschaft tätig sind. Dennoch produzieren sie 150 Scheffel Mais pro Morgen. Dies zeigt, dass mehr mit weniger Leuten produziert werden kann.
Die frei gewordenen Arbeitskräfte zogen in die Städte und fanden Jobs in der Industrie, später in Dienstleistungsbetrieben. Die Erwerbsbevölkerung ist heute besser ausgebildet und verfügt über andere Kompetenzen.
Der Lebensstandard ist gestiegen. Die Arbeitslosigkeit ist nicht gestiegen. Die Amerikaner können heute viel mehr Güter und Dienstleistungen konsumieren, die nicht aus der Landwirtschaft stammen. Das Amerika von heute wäre ein ganz anderes Land, wenn wir die Produktivität nicht gesteigert hätten.
Die heutige Entwicklung wird also die gleichen Folgen haben?
Die Innovationen, die wir heute beobachten, werden in den kommenden 10-15 Jahren die Produktivität deutlich steigern. Viele traditionelle Jobs werden wegfallen, doch andere werden entstehen. Die Leute müssen neue Kompetenzen entwickeln und sich an die Jobs anpassen, die es geben wird.
Gibt es noch Sektoren, in denen die Digitalisierung noch nicht begonnen hat?
Die Bauwirtschaft ist ein Beispiel eines Sektors mit sehr geringen Investitionen in Technologie und einer sehr ineffizienten Wertschöpfungskette. Um auf lange Sicht überleben zu können, müssen die Unternehmen ihre Prozesse digitalisieren, Technik benutzen, um ihr Geschäft effizienter zu gestalten.
Dies hat auch positive Auswirkungen auf die Verbraucher. Wenn die Ineffizienz wegfällt, führt dies zu tieferen Preisen für die Kunden dieser Unternehmen. Das geht natürlich nicht über Nacht, sondern ist ein längerer Prozess.
Vor kurzem habe ich ein Bauunternehmen kennen gelernt, das sehr aggressiv in Technologie investiert, mit dem Ziel, die Baukosten signifikant zu senken. Sie wollen Automatisierungstechniken nutzen, um gegenüber der Konkurrenz Wettbewerbsvorteile zu haben.
Was denken Sie über Digitalisierung und Medien?
Ich will nicht der Überbringer von schlechten Nachrichten sein, aber ich meine, dass die Werbedollars zusammen mit den Lesern in den digitalen Raum wechseln werden. Aktuell gibt es einen tiefgreifenden Wandel in der Art, wie Medien konsumiert werden. Die Leute verbringen weniger Zeit vor dem Fernseher und mehr Zeit an ihren mobilen Geräten. In den USA sind es mittlerweile drei Stunden pro Tag. Dies führt zu tiefgreifenden Veränderungen, wie die Werbetreibenden ihr Budget aufteilen. Die Werbedollars werden weiterhin den Augäpfeln folgen. Das führt zu einer Konsolidierung in der Medienwelt.
Führt dies zu einem Zeitungssterben?
Es gibt noch genügend Spielraum für Unternehmen, die hochwertige Inhalte produzieren. Diese ziehen immer noch die Aufmerksamkeit der Leser auf sich. Was aber noch wichtiger ist, ist die Glaubwürdigkeit und Seriosität der Nachrichtenquellen. Ich möchte nicht die Worte von Donald Trump nutzen, aber es stehen viele Fake News im Netz.
Die Medienunternehmen müssen auch die Art, wie sie ihr Produkt verkaufen, überdenken. Walt Disney machte vor, wie es geht. Sie entschieden sich, ihre Produkte direkt übers Internet zu verkaufen. CBS denkt daran, es Walt Disney gleichzutun. So können die Unternehmen Kosten sparen, um auf lange Sicht zu überleben.
De Maart

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