Das fahrerlose Auto

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Autonomes Fahrern gehört, neben der Elektromobilität, zu den großen Trends in der Automobilindustrie. Ob die Zahl der Unfälle zurückgeht, wenn die Fehlerquelle Mensch ausgeschaltet wird, muss sich aber erst noch zeigen.

Autonome Autos sind keine Zukunftsmusik mehr. Schon seit längerem gibt es Systeme (ESP, Tempomat), die in gewissen Fahrsituationen die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen. Der zweite Schritt in Richtung Autopilot sind die moderneren Assistenzsysteme. Diese können in manchen Situationen automatisch bremsen oder in die Lenkung eingreifen, um Unfälle zu verhindern. Einige Systeme nehmen dem Fahrer auch das Einparken ab. Vollautonome Fahrzeuge sind dies jedoch nicht, der Fahrer wird von der Technik unterstützt, nicht ersetzt.

Durch den Fortschritt ist es mittlerweile möglich, Fahrzeuge komplett autonom fahren zu lassen. In den USA und Europa arbeiten Internetkonzerne und traditionelle Hersteller an solchen Fahrzeugen, die keine Fahrer mehr brauchen. In einigen Gegenden laufen schon Pilotprojekte. „Wir gehen davon aus, dass die autonomen Fahrzeuge sich durchsetzen werden“, so das Ratingunternehmen S&P in einer Studie. Wie schnell dies geschehen wird, kann S&P nicht mit Sicherheit sagen. Es gebe noch zu viele Variablen.

Tödliche Unfälle

Das Ratingunternehmen geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 der Anteil von autonomen Fahrzeugen bei den Neuzulassungen bis zu 30 Prozent erreichen kann. Doch bis dahin gilt es eine ganze Reihe Hürden zu überwinden, von denen der Erfolg abhängt. Erstens gilt es, spezifische Gesetze zu verfassen. Die Interaktionen zwischen klassischen, autonomen Fahrzeugen und den anderen Verkehrsteilnehmern gilt es zu regulieren. S&P glaubt, dass die USA und China hier im Vorteil seien. „In Europa muss ein Konsens zwischen den unterschiedlichen Staaten gefunden werden.“

Die Versicherungsgesellschaften müssen auch noch ihre Policen auf diese neuen Fahrzeuge adaptieren. Wer trägt im Schadensfall die Verantwortung? Der Besitzer des Fahrzeugs, der Fahrer, der Hersteller, der Anbieter der Datenübertragung oder jemand ganz anderes? Diese Fragen sind noch nicht geklärt. Des weiteren ist noch nicht bekannt, wie die Verbraucher dieses neue Produkt annehmen werden. Viele haben Vorbehalte, das eigene Leben einem Computer anzuvertrauen. Die öffentliche Meinung kann die Entwicklung verzögern, vor allem wenn sich medienwirksamere Unfälle häufen. Unfälle mit autonomen Fahrzeugen schaden dem Image dieser Fahrzeuge.

Unfälle mit Todesfolge hat es bereits gegeben. Im März dieses Jahres starb in den USA ein Fußgänger, weil ein autonom fahrendes Uber-Auto ihn nicht als solchen erkannte. Auch Teslas „Autopilot“ war schon in tödliche Unfälle verwickelt. Unfälle mit autonomen Fahrzeugen erregen deutlich mehr Interesse als jeder andere Unfall, in den Kfz verwickelt sind.

Herausforderungen

Neben der Sicherheit der menschlichen Verkehrsteilnehmer spielt auch die Cybersicherheit eine Rolle. Mit zunehmenden Automatisierungsgrad und Vernetzung steigt auch die Angreifbarkeit. Dies eröffnet Computer-Hackern die Möglichkeit, die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. Die Cybersicherheit ist also ein weiteres Problem, das noch gelöst werden muss. Schlussendlich muss die Verkehrsinfrastruktur umgebaut werden, wenn die Autos fahrerlos durch die Gegend fahren, untereinander und mit der Verkehrsinfrastruktur kommunizieren sollen.

Wenn diese Probleme gelöst sind, könnte das autonome Fahrzeug den Verkehr revolutionieren und vor allem sicherer machen. Laut S&P ist der Mensch bei tödlichen Unfällen zu 94 Prozent die Fehlerquelle. Wenn dieser Fehlerfaktor ausgeschlossen wird, könnte die Zahl der Verkehrstoten drastisch sinken, meint die Ratingagentur, ohne jedoch das Fehlerpotenzial von Computern in Betracht zu ziehen. Die OECD sieht dies anders. „Die Behauptung, dass die Zahl der Verkehrstoten um 90 Prozent sinken wird, wurde bisher noch nicht getestet.“ Es könnte sogar Situationen geben, in denen es zu einer Zunahme von Unfällen kommen kann, so die OECD. „Dies vor allem, wenn der Fahrer in Notsituationen die Kontrolle übernehmen muss.“

Bis zum vollautomatischen Fahren wird es noch einige Zwischenschritte geben. Auch während dieser Zeit könnte die Zahl der Unfälle sogar ansteigen, nicht fallen. „Wenn der Mensch und der Computer sich die Fahrzeugkontrolle teilen, wird die Entscheidungsfindung komplexer, nicht einfacher“, meint die OECD. Selbst autonome Fahrzeuge können eine Fehlerquelle sein. Die OECD schälte drei unterschiedliche Szenarien aus: Missverständnisse zwischen Mensch und Maschine, Sensoren, die kritische Situationen nicht erkennen oder falsch interpretieren und Fahrzeuge, die auf Situationen treffen, die im Algorithmus so nicht vorgesehen sind. In diesen Fällen wäre ein Mensch sicherer unterwegs.

S&P meint, dass auch der Verkehrsfluss gestört werden kann, wenn herkömmliche, teil- und vollautonome Fahrzeuge sich die Straßen teilen. Doch wenn sich das vollautonome Fahren erst mal durchgesetzt hat, könnte das Straßennetz bis zu sieben Prozent mehr Verkehr verkraften, wenn die autonomen Autos in Kolonnen fahren. Weniger Stau also. Weniger Stau wäre auch das Resultat der effizienteren Nutzung der Verkehrsinfrastruktur. Staus, die durch Fehler von Menschen entstehen (laut S&P ist dies bei jedem vierten Stau der Fall), würden auch wegfallen.

Im Gegenzug könnten die Autos stärker genutzt werden. Personen, die heute nicht in der Lage sind, ein Auto zu steuern, könnten sich ein autonomes Fahrzeug anschaffen. „Die Passagiere werden zuverlässigere Ankunftszeiten, mehr Bequemlichkeit und weniger Stress haben, wenn sie nicht am Steuer sitzen“, so S&P.