Wie Sport-Schützen in Luxemburg ihre Disziplin nach vorne bringen

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Randsportarten haben allgemein einen schweren Stand. Die luxemburgischen Bogenschützen machten in den letzten Wochen jedoch gleich mehrmals positive Schlagzeilen. Erfolge, die ohne die Initiative und das Innovationsdenken der Sportler selbst wohl nie möglich gewesen wären.

In den letzten Monaten schwammen die luxemburgischen Bogenschützen auf einer Erfolgswelle. Eine Bronzemedaille bei der EM sowie ein Weltmeistertitel bei den Junioren bildeten den Höhepunkt eines erfolgreichen Spätsommers. Zum Abschluss des Jahres findet ab morgen nun ein international hochklassiges Hallenturnier in Strassen statt. Bogenschießen auf einem solch hohen Niveau gab es in Luxemburg bisher noch nicht zu sehen und ist vor allem den Bemühungen der luxemburgischen Top-Schützen zu verdanken.

Hauptorganisatoren dieses Turniers sind nämlich Jeff Henckels und Pit Klein. Beide gehören zum Trio, das im August Bronze bei der EM gewinnen konnte, und sind ebenfalls Teil des Elitekaders des Nationalen Olympischen Komitees. Henckels selbst ist zudem noch Präsident des Organisationsvereins Guillaume Tell Strassen. Damit ein Wettbewerb dieses Formates durchgezogen werden kann, verzichten beide sogar selbst auf eine eigene Teilnahme – etwas, das in der Sportwelt doch eher selten vorkommt. „Etwas tut es schon weh, gerade auf das Turnier zu verzichten, das eigentlich am wenigsten Stress bedeuten würde, weil es quasi vor der Haustür stattfindet“, erklärte Pit Klein demnach auch.

Wie viel Aufwand dies neben der normalen Sportlerkarriere erfordert, macht der junge Schütze ebenfalls deutlich: „Im März habe ich begonnen, Formulare mit Informationen für den Weltverband auszufüllen. Im August habe ich insgesamt bereits rund zwölf Stunden vor dem Computer gesessen, um Anmeldungen zu kontrollieren und den Eingang des Startgeldes zu bestätigen. Hinzu kam das Beantworten unzähliger E-Mails, die Organisation des Transports oder auch die Anmeldung der Sportler am Findel wegen des Sondergepäcks.“

Denn mit Pfeil und Bogen in ein Flugzeug zu steigen, ist keine so gute Idee. Steckenpferd des Sportsoldaten ist jedoch die Erstellung der Resultate per Computer, die er in den letzten Jahren fast schon perfektioniert und somit einen wichtigen Modernisierungsschwung ins luxemburgische Bogenschießen gebracht hat. Auch dies bedeutete viel Arbeit im Vorfeld. Nun, kurz vor dem Turnier, steht der ganze Tagesablauf des 22-Jährigen im Zeichen der „GT Open“: „Morgens um sieben Uhr setze ich mich bereits für drei Stunden an den Computer. Danach versuche ich, selbst zu trainieren. Der Vorteil ist, dass ich mir als Sportsoldat meine Zeit etwas freier einteilen kann.“ Eine Regel hat sich der junge Athlet dabei jedoch selbst auferlegt: Beim Training wird nicht aufs Handy geschaut, damit er sich in dieser Zeit voll und ganz auf den Sport konzentrieren kann.

Warum tut sich ein ambitionierter Sportler so etwas überhaupt an? Anstatt Wochen in die Organisation eines Turniers zu stecken, hätte er sich auch ganz einfach nur auf seinen Sport konzentrieren können. „Weil es Spaß macht“, so die klare Antwort von Pit Klein. „Als Athlet bringt man einen anderen Blickwinkel mit. In meiner noch jungen Karriere habe ich schon an vielen internationalen Turnieren teilgenommen. Als Sportler sieht man, was gut oder was schlecht war, und weiß, was man sich auf so einem hohen Level erwartet. Diese Erfahrung kann ich hier direkt einfließen lassen und versuchen, es besser zu machen. Zudem werde ich nicht ewig Sportsoldat sein und kann mir gut vorstellen, einmal professionell in diesen Organisationsbereich einzusteigen.“

Klein ist sich zudem bewusst, dass man in einer Randsportart wie dem Bogenschießen einfach Eigeninitiative zeigen muss, um voranzukommen: „Wir sind einfach so wenige und das nötige Know-how, um so etwas auf die Beine zu stellen, hat auch nicht jeder.“ Die Hoffnung besteht, dass durch ein solches Turnier auch junge Leute auf das Bogenschießen aufmerksam werden: „Turniere mit Weltmeistern gibt es in Luxemburg eh nur wenige zu sehen. Bei uns ist man zudem sehr nah dran, man kann sie quasi anfassen, wo gibt es das schon?“ Die Erfahrung der Topathleten ist hierfür somit auch unabdingbar und genau von dieser profitierte Klein auch selbst in seiner noch jungen Karriere.

Nachwuchsarbeit

Denn der 22-Jährige ist der älteste einer jungen Generation um seine beiden Cousins Joé (18) und Luca (20) sowie den Compound-Schützen Timo Bega (19). Lange Zeit ist hinter Recurve-Spezialist Jeff Henckels (34) – während Jahren das Aushängeschild des luxemburgischen Bogenschießens – und Compound-Teilnehmer Gilles Seywert (34) kaum ein junger Athlet nachgerückt. Beide Routiniers dienten den nun aufstrebenden jungen Sportlern nicht nur als Vorbilder, sondern standen und stehen ihnen noch immer als Coaches zur Seite. Auch hier nahmen die Athleten die Zukunft ihrer Sportart selbst in die Hand. Dies mit Erfolg: Vorläufige Höhepunkte waren bisher die Bronzemedaille des Recurve-Teams (Henckels, J. Klein, P. Klein) bei der EM im polnischen Legnica, durch die man sich auch berechtigte Hoffnungen auf eine Olympiateilnahme 2020 machen kann, und der Juniorenweltmeistertitel von Timo Bega im Feldbogenschießen. Ohne die beiden jungen Talente wäre für den olympiaerfahrenen Henckels eine Teammedaille nie möglich gewesen, und dabei ist erst im September überhaupt ein Trainer für den Recurve-Nationalkader eingestellt worden.

So wundert es auch nicht, dass es Gilles Seywert war, der beim Gold-Finale Anfang September an der Seite von Timo Bega stand. „Ich kenne Timo, seit er vor rund zehn Jahren anfing, Compound zu schießen. Wir trainieren zusammen und unterstützen uns gegenseitig.“ Und so war es für den Routinier selbstverständlich, den jungen Sportler in Cortina d’Ampezzo zu betreuen, auch wenn er bei diesem Turnier selbst als Athlet am Start war: „Bei der WM war es für ihn wichtig, jemanden dabei zu haben, der ihn beruhigen konnte und moralisch an seiner Seite war.“

Tüftler unter sich

Zuvor war Seywert vor allem allein bei Wettbewerben dieses Formats unterwegs, und als mit Bega ein vielversprechendes Talent auftauchte, war es für ihn klar, dass er dieses unterstützen wird: „Irgendwann kommt man an einem gewissen Punkt an, an dem es schwer ist, stets alleine anzutreten. Auch wenn man dann den Landesmeistertitel bereits in der Tasche hat. (lacht) Wir pushen uns gegenseitig und lernen viel voneinander. Timo ist ein richtiger Tüftler, er arbeitet so lange an seinem Material, bis es perfekt ist. Er weiß inzwischen selbst am besten, was er macht, und hilft mir ebenfalls mit meinem Material. Ich versuche, ihn hingegen mit meiner Erfahrung zu unterstützen. Für mich ist es dann auch keine Schande, gegen Timo zu verlieren – im Gegenteil: Ich freue mich dann fast noch mehr.“

Und ohne den Einsatz seiner Eltern und von Seywert, die darauf bestanden, wäre Bega vor zwei Jahren nicht bei der EM im Feldbogenschießen angetreten, bei der er Silber holte – „und dann hätten wir jetzt auch keinen Weltmeistertitel“. Der 34-Jährige sieht sich jedoch nicht als Trainer, sondern vielmehr als eine Art Coach und ist sich bewusst, dass es eines richtigen Trainers bedarf, der auch die Jugend ans Bogenschießen heranführt. Und so lange sind die Athleten weiter selbst kreativ.