Was Sie über Poker wissen sollten

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Wie man blufft, den Gegner liest, worauf man achten muss und welche Rolle Glück spielt.

Die Begriffe „Full House“ oder „Royal Flush“ sind den meisten Leuten ein Begriff. Spätestens seit dem Gewinn von Chris Moneymaker beim Main-Event und dem James-Bond-Film „Casino Royale“ entstand ein echter Poker-Boom. Von dieser Euphorie blieb auch Luxemburg nicht verschont. In letzter Zeit wurde es etwas ruhiger um das Kartenspiel. Trotzdem spielen es noch weiterhin Spieler aus dem Großherzogtum.

Seit Donnerstag nimmt erstmalig ein luxemburgisches Team an der „APAT European Team Championship“ in Spa teil. Guy Overmann, Ken Geschwind, Sami Agel und Björn Dewinski wollen in Belgien ihre Poker-Künste unter Beweis stellen. Overmann, der zusammen mit Profispielern wie Jan Heitmann Kurse bei der Live-Poker-Schule „Gaming Institute“ leitet, erläuterte uns einige interessante Aspekte des Pokerspiels.

Der Bluff

„Der Bluff ist einer der schönsten Aspekte des Pokerspiels. Wer nicht bluffen kann, braucht an sich gar kein Poker zu spielen. Beim Bluffen machst du etwas, was nicht üblich ist.
Es gehört nicht zum normalen Spielablauf dazu, deshalb kommt automatisch auch eine gewisse Spannung auf. An sich ist es nichts anderes als eine Lüge zu erzählen.

Derjenige, der blufft, kann diese Situation zwei oder drei Minuten mehr oder weniger locker herunterspielen, so dass seine Gegenspieler keine Informationen über ihn erhalten. Nach einer gewissen Zeit kann der Bluffer sein Pokerface nicht mehr wahren. Seine Mimik oder seine veränderte Körperhaltung verraten einiges über ihn. Der Kopf schaltet sich bei ihm ein, weil das Gehirn die Information ‚du machst was Falsches‘ weitergibt.“

Gegner lesen

„Wichtig ist es, darauf zu achten, den Gegner genau zu analysieren. Als Pokerspieler muss man sich stets fragen, welcher Spielertyp einem gegenübersitzt. Wie verhält er sich in verschiedenen Situationen? Ist er ein zurückhaltender oder eher aggressiver Spieler? Zeigt er im Laufe der Zeit verschiedene Verhaltensweisen? Ändert sich seine Körpersprache? Fummelt er sich unbewusst wild im Gesicht herum, wenn er nervös wird? Das sind alles Fragen, auf die ein Pokerspieler Antworten sucht.

Ich persönlich schau sogar jemanden genau in die Augen, um herauszufinden, ob sich die Größe der Pupille beim Erscheinen einer neuen Karte vergrößert oder verkleinert hat. Zieht ein Pokerspieler hier die richtigen Schlüsse aus seinen Analysen, so kann dieser seinen Gegner, im Fachjargon ausgedrückt, ‚gut lesen‘.“

Der ideale Pokerspieler

„Die Eigenschaften, die ein perfekter Pokerspieler heutzutage mit sich bringen muss, sind vielseitig. Geduld und eine gesunde Portion Aggressivität gehören sicherlich dazu. Das sind für mich die Hauptfaktoren, um erfolgreich zu sein. Eine zu verhaltende Spielweise bringt dich nicht voran. Geduld ist aber extrem wichtig. Bei Live-Veranstaltungen darf deshalb nie Langweile aufkommen.

Man beschäftigt sich damit, die anderen Spieler am Tisch zu beobachten und analysiert, wie sie in bestimmten Situationen reagieren. So kann man über seine jeweiligen Gegenspieler interessante Informationen herausfinden, die ein guter Pokerspieler gleich zu nutzen weiß. Zudem ist es wichtig, dass man stets mehrere Szenarien im Kopf hat, wie eine Hand zu Ende gespielt werden kann. Jeder Schritt muss schon geplant sein.“

Psyche und Physis

„Vor allem bei Turnieren kann es vorkommen, dass man während zwölf Stunden auf höchstem Niveau konzentriert sein muss. Verläuft das Turnier nach Wunsch, so zieht sich dies über mehrere Tage. Man verlangt seinem Körper auf mentaler und physischer Ebene extrem viel ab.

Deshalb pflegen die Profispieler auch einen deutlich professionelleren Lebensstil. Vor einigen Jahren war dies nämlich anders. Hier sah man es den Spielern morgens an den Tischen förmlich an, dass sie eine lange Nacht hinter sich hatten. Dies sieht man heutzutage gar nicht mehr. Auch die professionellen Spieler wissen nun, dass man gar keine Chance mehr hat, wenn man nicht topfit und ausgeschlafen an den Tisch kommt. Auch beim sogenannten ‚dinner break‘ wird nicht mehr eifrig in sich hineingefuttert, sondern es wird sich bewusst mit Gemüse und Obst ernährt, um nicht in eine Schwächephase zu verfallen. Mental muss man einfach stets auf der Höhe sein. Es ist vor allem dann wichtig, wenn es mal für einen nicht so gut läuft.

Das Wichtigste ist auch in diesen Momenten, immer positiv zu bleiben. Klar kommt es mal vor, dass eine stärkere Hand gegen eine schwächere Hand verliert. Solche ‚bad beats‘ (eine Hand, die trotz ihrer anfänglichen, offensichtlichen Stärke verliert, Anm. d. Red.) gehören zum Spiel dazu.

Der Weg zum Erfolg kann steinig und schwierig sein. Man darf aber niemals in eine negative Spirale verfallen oder einer verlorenen Hand nachtrauern, wenn man weiß, dass man sie richtig gespielt hat. Der kleine Faktor Glück (siehe Poker = Glückspiel?) ist dann eingetroffen. Man soll sich nicht von Dingen beeinflussen lassen, auf die man sowieso keinen Einfluss hat. Die Hand vergessen und weitermachen, lautet die Devise.“

Suchtfaktor

„Poker kann süchtig machen. Deshalb muss man stets wissen, welches Budget man zur Verfügung hat. Ein Spieler soll niemals an Turnieren teilnehmen, wenn seine ‚Bankroll‘ es nicht erlaubt. Man kann dann sicherlich nicht frei aufspielen, schließlich hat man dann sein ganzes Geld investiert. Der Spaß soll nämlich stets im Mittelpunkt stehen. Das ist an sich auch wichtiger als der Traum nach dem großen Geld.

Die finanzielle Entschädigung ist natürlich eine schöne Nebensache, aber sie soll nicht die Quintessenz deines Spiels sein. Deshalb stufe ich die Sucht beim Pokerspielen kleiner ein als bei sonstigen Glücksspielen, denn es geht hier nicht nur ums Geld. Ich sehe die Gefahr aber eher im Bereich des ‚Cash Game‘. Deine Jetons haben hier den gleichen Wert wie der jeweilige Betrag, den du eingesetzt hast. Wenn du dein Geld hier verbrannt hast, kannst du Dich aber auf ein Neues wieder einkaufen. So kann es passieren, dass man innerhalb kürzester Zeit eine hohe Summe verliert.

Beim Turnier-Poker – außer bei Rebuy-Turnieren, wo man sich für einen bestimmten Betrag wieder einkaufen kann – ist dies nicht möglich. Dann ist das Turnier für denjenigen abgeschlossen. Auch das Online-Poker kann gefährlich werden. Im Netz gibt es fast keine Einschränkungen.“

Poker = Glücksspiel?

„Nein, das sicher nicht. Statistiken belegen, dass der Faktor Glück nur bei 30 Prozent liegt. Wenn ein Spieler stets die richtigen Entscheidungen in seinem Spiel trifft, so hat er auf lange Dauer auch gute Chancen auf Erfolg. Auf kurze Zeit gesehen muss man immer wieder mit Verlusten rechnen. Man muss sich eben stets bewusst sein, dass es ein Kartenspiel ist, somit automatisch auch ein wenig Glück dazugehört. Es ist aber ein Faktor, den man nicht beeinflussen kann. Deshalb soll man sich eher auf sein Spiel fokussieren, denn Poker ist ein Strategiespiel mit psychologischen und mathematischen Aspekten.“