Wittmanns Verfolger

Wittmanns Verfolger
(NoNic/MaJoNic)

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Die DTM-Saison neigt sich dem Ende zu. Das Tageblatt hat sich mit drei Fahrern unterhalten, die noch eine Chance auf den Meistertitel haben.

Es bleiben noch insgesamt vier Rennen in der DTM zu bestreiten, zwei am 24. und 25. September in Budapest und 2 Mitte Oktober in Hockenheim, bei denen noch maximal 100 Punkte zu vergeben sind. Marco Wittmanns Vorsprung ist also schon beträchtlich, jedoch absolut nicht uneinholbar, wenn man bedenkt wie ausgeglichen es im Deutschen Tourenwagen Masters dieses Jahr zugeht.

Gesamtwertung vor den letzten vier Rennen
1. Marco Wittmann (BMW Team RMG) 170 Punkte
2. Edoardo Mortara (Audi Sport Team Abt Sportsline) 137
3. Robert Wickens (Silberpfeil Energy Mercedes AMG) 120
4. Jamie Green (Audi Sport Team Rosberg) 119

Das Tageblatt hat sich mit den drei ärgsten Verfolger von Wittmann, Edoardo Mortara, Jamie Green und Robert Wickens unterhalten.

Edoardo, Jamie, Robert, wenn wir auf die bisherigen Rennen in diesem Jahr zurückschauen, welches war Ihre beste und welche Ihre schlechteste Erinnerung?
Edoardo Mortara: Das, woran ich mich am liebsten erinnere sind natürlich meine Siege in Hockenheim, am Norisring und hier am Nürburgring. Auf der andern Seite gab es einige Momente in dieser Saison die etwas schwierig für mich waren: so z.B. das 2. Rennen in Spielberg wo wir technische Probleme hatten und zum Schluss einen Unfall. Das hat uns dann für das folgende Rennen noch eine Strafe eingebracht. In Zandvoort hat man mir eine Strafe aufgebrummt, die bewiesener Weise nicht berechtigt war, und dies hat uns 10 Punkte gekostet und das ganze war auch für die kommenden Rennen nicht gut für mich.
Jamie Green: Die beste Erinnerung habe ich an meinen Sieg in Zandvoort. Der Dünenkurs ist eine wunderschöne und traditionsreiche Strecke wo früher ja auch die F1 gefahren ist. Dort habe ich auch schon in der Formel 3 gewonnen, das war 2004. Schlechte Erinnerungen habe ich gleich ein paar: die Auftaktrennen in Hockenheim die ich beide nicht beendete und dann das Sonntagsrennen in Moskau, wo ich gleich 2 drive-through Strafen erntete.
Robert Wickens: Der zweite Rang beim allerersten Lauf dieser Saison in Hockenheim war schon schön, da wir über den Winter so hart gearbeitet haben um rauszufinden was 2015 falsch lief. In Hockenheim war ich bislang eigentlich nie sehr stark und so war es schön zu sehen dass die Arbeit mit meinem neuen Ingenieur, meinen Mechanikern und dem ganzen Team sich ausgezahlt hat und gleich einen guten Start gebracht hat. In der DTM ist es wichtig gleich bei den ersten Rennen gut zu punkten um deiner Marke zu zeigen, dass du von Beginn an mit dabei bist. Mein Sieg beim ersten Rennen in Zandvoort war dann noch das Tüpfelchen auf dem i. Auch Zandvoort war mir bislang nie gut gelungen und dann dieses Jahr gleich Pole Position und ein dominanter Sieg einzufahren, das war schon fantastisch. Den schlechtesten Moment hatte ich am Samstag am Norisring wo ich unbedingt gewinnen wollte (Red: zum 4. Mal hintereinander) und dann auf Platz 2 liegend von Mathis Ekström abgeschossen wurde. Dadurch bin ich von Platz 1 auf Platz 5 in der Gesamtwertung zurückgefallen, das war schon hart.

Sie sind die bestplatziertesten Vertreter Ihrer jeweiligen Marke, also Audi und Mercedes im der DTM Gesamtwertung. Wen betrachten Sie als Ihren stärksten Gegner und wie sehen sie Ihre Chancen Marco Wittmann den Titel noch streitig zu machen?
JG: Marco hat zwar einen großen Vorsprung, doch er ist noch einholbar. Wir sind in Punkto Performance nicht weit hintendran. Wir müssen jetzt schauen konstant zu punkten und keinen schlechten Tag mehr zu haben.
RW: Marco Wittmann hat bisher einen besseren Job gemacht als wir alle. Er ist äußerst regelmäßig gefahren und hat fast alle Rennen in den Top 5 beendet. Vielleicht kommt ja auch noch für ihn eine Pechsträhne, so wie wir sie fast alle schon gehabt haben. Ich finde dass Edoardo Mortara bislang auch eine sehr gute Saison gehabt hat. Leider für ihn hat Audi in Moskau und auch hier entschieden Jamie Green zu unterstützen und dadurch verlor Edo so etliche Punkte. Davor bekam er in Zandvoort eine Strafe die sich im Nachhinein als vollends unberechtigt erwies und ihm bei dem Rennen eine Platzierung in den Punkten unmöglich machte. Edo hatte bislang eine gute Saison und er hätte mehr Anerkennung verdient als die, die er bislang bekommen hat. Ich glaube, dass Marco noch eingeholt werden kann. Ich erinnere mich, dass ich schon früher mal einen größeren Rückstand gutmachen konnte.

Es bleiben noch 4 Rennen zu bestreiten, 2 in Budapest, wo es oft sehr heiß ist und 2 in Hockenheim. Sehen Sie einen besonderen Vorteil Ihres Fabrikats gegenüber den andern 2 Marken, allgemein und für die ausstehenden Rennen?

EM: Generell muss man sagen, dass die Performance der 3 Hersteller sehr ausgeglichen ist. Mit Mercedes kann man einfacher vergleiche, das sie unter den gleichen Voraussetzungen fahren wie wir. BMW hat ja weniger Gewicht und einen 5 cm breiteren Heckflügel als Audi und Mercedes. Ich glaube also nicht, dass die BMW besser sind wie unsere Audi. BMW hat über den ganzen Winter geheult damit man ihnen kleine Zugeständnisse macht und schlussendlich hat man Ihnen große Vorteile verschafft. Als Fahrer ist es schwierig solche Entscheidungen die von ganz oben kommen, zu verstehen und zu akzeptieren, aber das ist halt nun mal so.

JG: Vielleicht sind wir im Regen besser als BMW. Mat hat ja gesehen dass diese in Moskau beim verregneten Rennen am Samstag nicht sehr stark waren. Im Trocknen jedoch sind die 3 Fabrikate sehr eng beieinander.

RW: Das ist schwer zu sagen. Mir der neuen C Klasse Karosserie haben wir die Vorteile die wir mit dem alten Modell
hatten, verloren. Unser Mercedes ist vielleicht nicht das spektakuläre Superauto auf einem speziellen Gebiet, jedoch sind wir in vielen Bereichen sehr gut, ob das nun Downforce, Bremsen, Aerodynamik oder mechanischer Grip ist.

In diesem Jahr gab es so viele verschieden Sieger und Pole-Sitter wie noch nie zuvor. Oft ist es auch so, dass ein Fahrer am Samstag ganz vorn dabei ist und am Sonntag, dann nicht einmal unter den Top 10 zu finden ist. Wie ist all Dies zu verstehen?
EM: Ja, die DTM ist eine Serie wo es nur sehr kleine Zeitabstände gibt und wo jeder Starter die Möglichkeit hat Rennen zu gewinnen. Deshalb ist es auch so schwierig dieses Championat zu gewinnen. Man muss über das ganze Jahr ‚ vorne mit dabei sein’ und das ist schwierig. Dass es Unterschiede in der Performance vom Samstag zum Sonntag gibt, ist ganz einfach auf die geringe Differenz zwischen den 24 Teilnehmens zu erklären. Der allerkleinste Fehler kann bedeuten dass du anstatt unter den ersten 5, ganz am Schluss des Feldes stehst.

JG: Die Zeitabstände im Qualifying sind so eng beieinander, dass der geringste kleine Fehler den verlust von sehr vielen Plätzen in der Startaufstellung bedeutet. Wenn man als 15. starten muss, glaubt man, man müsse meilenweit von der Zeit der Pole-Position entfernt sein. Wenn man dann den Zeitunterschied betrachtet stellt man fest, dass es gerademal einige Zehntel-, ja oft sogar nur Hundertstel sind. In der Formel 1 gibt es 2 Mercedes die dem Rest des Feldes weit voraus sind. Bei uns in der DTM gibt es 8 Mercedes, 8 Audi und 8 BMW die alle gleichauf sind.

RW: All dies zeigt wie eng das Feld beieinanderliegt Wir sind nur drei Fahrer die mehr als einen Sieg (bei 14 Rennen) in dieser Saison aufweisen können. Das ist doch fantastisch und es zeigt dass jeder von uns 24 Startern ein Rennen gewinnen kann. Genau dies macht es, dass ich jedes Mal mit Spaß ein Rennwochenende angehe („I enter the paddock with a smile on my face“). DTM ist momentan zweifelsohne die kompetitivste Rennserie. Es kann sein dass ein Pilot am Samstag auf Pole steht und am Sonntag dann nicht in der Top 10 startet, einfach nur durch die Tatsache dass der Zeitunterschied so gering ist. Wenn ich z.B. gestern nur 6 Hundertstel schneller gewesen wäre, dann wäre ich als 6. anstatt als 13. gestartet! Ich bin besonders froh dass es unserem Team bislang immer gelungen ist sowohl am Samstag wie auch am Sonntag konstant zu sein.

Seit nunmehr 3 Jahren gibt es in der DTM, genau wie in der Formel 1 das DRS (Drag Reduction System) um das Überholen zu vereinfachen. Daneben hat die DTM aber auch noch das System der Zusatzgewichte um das Feld ausgeglichener zu gestalten. Würden Sie persönlich nicht lieber ohne all dies ‚Spielereien’ Rennen fahren?
EM: Ich finde die Zusatzgewichte schon nicht schlecht, denn das erlaubt einem Jeden, zu dem ein oder anderen Moment der Saison, konkurrenzfähig zu sein. Ich bin auch für das DRS einfach weil es Überholgelegenheiten in den Rennen schafft. Das bringt Aktion, und das ist schlussendlich auch das Ziel einer Serie wie der unseren. Die Zuschauer wollen nicht Autos sehen die wie an einer Perlenkette aneinandergereiht sind, sondern sie möchten Überholmanöver sehen. Sogar wenn man vorn fährt und der Verfolger kann DRS benutzen, so bin ich dennoch der Meinung, dass der Führende seine Position verteidigen kann.

JG: Rein als Sportsmann mag ich natürlich die Zusatzgewichte nicht. Sportlich gesehen sollte das Gewicht für alle Autos gleich sein. Durch das Anpassen mit Zusatzgewichten wird derjenige der konstant schnell ist bestraft und das ist natürlich frustrierend. Da wir jedoch die 3 Marken in der DTM haben und auch behalten wollen, müssen die Regelhüter schauen dass das Ganze etwas ausgeglichen ist, sodass jeder der 3 glücklich ist. Und genau da sind wir jetzt. DRS bestraft ebenfalls denjenigen der vorne fährt da der mit DRS fahrende Verfolger gerne eine halbe Sekunde schneller ist als er.

RW: DRS ist schon etwas Spezielles. Gestern konnte mich z. b. Maxime Martin mit DRS überholen, was er sicherlich ohne DRS nicht geschafft hätte, obschon er signifikant schneller war als ich! Die heutigen Autos sind so gut im DRAG sodass das Windschattenfahren allein nicht zum Überholen reicht. DRS mit unsern Autos und unsern Strecken in der DTM ist schon OK. In der Formel 1 auf Strecken wie Monza z.B. ist es wirklich ein Witz, da dort jemand mit einer Sekunde Rückstand mit Leichtigkeit auf der Geraden überholt und dann problemlos in die Schikane einlenkt. Zusatzgewichte haben dieses Jahr genau das gebracht was man erwartet hat. Wir haben jetzt 3 Fahrer mit 3 verschiedenen Fabrikaten die um das Championat kämpfen. Ich persönlich verstehe jedoch nicht wieso man BMW am Anfang der Saison so viele Zugeständnisse machen konnte (weniger Gewicht und breiterer Heckflügel). Jetzt sieht man, dass BMW alle 3 Wertungen anführt (Fahrer- Marken- und Team Wertung).

Sind Sie der Meinung, dass mit dem aktuellen DTM-Reglement, es der beste Fahrer ist, der am Ende der Saison auch DTM-Champion werden wird?
EM: Die Antwort auf diese Frage lautet ganz klar NEIN. Derjenige wird Champion, der über das beste Gesamtpaket verfügt. Es gibt ja 3 verschiedene Marken, wovon 2 (Audi und Mercedes) unter gleichen Bedingungen starten und der dritte unter anderen (BMW). Um zu wissen welcher wirklich der beste Fahrer ist, müsste man alle im gleichen Auto starten lassen.

JG: Das ist eine gute Frage. Vielleicht ist es eher so, dass es die beste Fahrer-Auto -Paarung ist, die am Ende die Nase vorn haben wird. Ein Sieg ist ja immer eine Gemeinschaftsleistung von Fahrer, Auto, Team und Ingenieur. Mit der vorhin angesprochenen Kompensierung durch DRS und Zusatzgewichte verhilft das Reglement denjenigen, die nicht ganz so konkurrenzfähig sind und so kann es sein, dass das beste Auto nicht unbedingt das Championat gewinnt.

RW: (lacht) Wenn ich Meister werden würde, dann wäre selbstverständlich der beste Fahrer auch DTM Champion! aber Spass beiseite. Ich finde Marco und sein Team haben einen ‚fantastic job’ gemacht indem sie fast alle Rennen in den Punkten beendet haben. Wie ich aber schon vorhin erwähnte, bin ich aber auch der Meinung, dass BMW seit Anfang der Saison einen unfairen Vorteil gegenüber von Audi und Mercedes hat. An uns ist es nun zu schauen dass BMW die Meistershaft trotz allem nicht gewinnen wird!

Ein Exklusiv-Interview mit dem Führenden Marco Wittmann lesen Sie in der Mittwochsausgabe des Tageblatt.