Wer stoppt Daniel Moreno in der „Mauer“?

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Mit Frank und Andy Schleck, Bob Jungels und Ben Gastauer starten am Mittwoch (23.04.14) vier Luxemburger bei der Flèche Wallonne. Daniel Moreno und Philippe Gilbert heißen die Favoriten. Tom Jelte Slagter aber könnte für die große Überraschung sorgen.

„On prend les mêmes, on élimine les Polonais autour de Rebellin et on y ajoute quelques Colombiens“. So oder ähnlich könnte in französischer Fassung die Schlagzeile zur 78. Auflage der Flèche Wallonne lauten, die am Mittwoch (23.04.14) zwischen Bastogne und Huy ausgetragen wird.

In der Tat sind bei der ersten Revanche zum Amstel Gold Race (die zweite – Liège-Bastogne-Liège – folgt am Sonntag) fast dieselben Fahrer wie am Ostersonntag am Start. In verschiedenen Mannschaften gibt es einige Änderungen, auch kommt das junge Team Colombia hinzu, doch auf den Ausgang des Rennens dürfte das keinen Einfluss haben.

Die Last in dem „langen Sprint“ von Bastogne nach Huy, also dorthin, wo nach 199 km mit der Ersteigung der berühmten „Mauer“ (Länge 1,3 km, durchschnittliche Steigung 9,3 Prozent) der Sieger gekürt wird, liegt auf den Schultern derjenigen, die über Kletterkünstler verfügen, die in solchen Spezialaufgaben erprobt sind.

Eine Erklärung vielleicht zum Startort. Meistens (32 Mal) wurde die „Flèche“ in Charleroi gestartet, doch entschieden die Organisatoren, fortan alle fünf Provinzen der „Région wallonne“ (Brabant wallon, Hainaut, Liège, Namur und Luxembourg) zum Zuge kommen zu lassen. Bastogne (Province de Luxembourg) drängte sich für 2014 förmlich auf, da man eine Verbindung zum Klassiker Liège-Bastogne-Liège herstellen wollte, der am nächsten Sonntag zum 100. Mal ausgetragen wird.

Alle gegen Gilbert

Trotz neuen Startorts ändert sich für die 25 Mannschaften, die von Organisator ASO eingeladen wurden, nicht viel. Alle wissen, wo’s bei der „Flèche“ langgeht. Die Erkenntnisse der letzten Jahre aber sind nicht allgemeingültig. Als Philippe Gilbert 2011 rund 300 m vor dem Ziel in der „Mur de Huy“ zum Angriff ansetzte, hielten fast alle diesen Vorstoß nicht nur für verfrüht, sondern auch für verrückt.

„Mais qu’est-ce qu’il fait donc“, schrie RTBF-Kommentator Rodrigo Beenkens ins Mikrofon, „Est-il devenu fou?“. In der Tat schien Philippe Gilbert eine Art Sakrileg zu begehen, etwas Verbotenes, das man auf diese Art in der berüchtigten „Mauer“ nicht tun darf. In der Regel war es so, dass die Favoriten, die oben aufs Podium steigen wollten, gefälligst zu warten hatten, bis sie zum entscheidenden Angriff ansetzen durften.

Durch Gilberts unverhoffte Attacke wurden die schärfsten Konkurrenten nicht nur überrascht, sondern ihnen ging bei der Verfolgung regelrecht die Luft aus. Als Erster versuchte Joaquin Rodriguez, das Blatt doch noch zu wenden. Nach 200 km in der ungewohnten Aprilhitze fehlte ihm allerdings die Spritzigkeit, um dem Belgier gefährlich zu werden. Dieser konnte genauso überlegen und triumphierend ins Ziel fahren wie weiland Kim Kirchen bei seinem Erfolg von 2008.

Nach zwei zweiten Rängen (2010, 2011) machte Rodriguez es 2012 mit einem Sieg oben auf der „Mauer“ besser, ehe er vor zwölf Monaten seinem Mannschaftsgefährten Daniel Moreno zum Erfolg verhalf. Diesmal hat „Purito“ Ähnliches im Sinn, weil er sich nach seinem Sturz beim Amstel Gold Race nicht in optimaler Verfassung fühlt. Wer weiß, welche Schmerzen Rippenprellungen verursachen, kann sich leicht ausmalen, dass Rodriguez sich eher als mannschaftsdienlicher Helfer als als potenzieller Sieger sieht.

F. Schleck Trek-Leader

Ist Daniel Moreno also der große Favorit auf seine eigene Nachfolge? Jein! Ja, weil kaum einer bessere Veranlagungen für die spezielle Aufgabe in der „Mauer“ mitbringt. Nein, weil beim Kampf um die besten Positionen in der steilen Anstiegsrampe nicht nur Kraft gefragt ist, sondern auch viel Cleverness und eine Portion Glück. Einer, der allen ein Schnippchen schlagen könnte, ist der Holländer Tom Jelte Slagter. Er wird zwar nur als krasser Außenseiter gehandelt, doch wer den Burschen bei seinen zwei Etappensiegen bei Paris-Nice (Belleville und Biot) etwas genauer beobachtet hat, weiß, dass hier ein Talent heranwuchs, das insbesondere in Koppen, wo es darauf ankommt, alle Kraft blitzschnell auf die Pedale zu bringen, ein wahrer Meister ist.

Und die Luxemburger? Frank Schleck (Rückennummer 101) startet als Leader im Trek-Team. Sein Bruder Andy, der trotz eines lädierten Knies am Dienstag mit der Mannschaft trainierte, dürfte vor allem darauf aus sein, die Form im Hinblick auf Liège-Bastogne-Liège zu steigern. Für Bob Jungels ist die Flèche Wallonne Neuland, während Ben Gastauer für seinen Leader Carlos Betancur arbeiten muss.

Bei der „Flèche“ erzielten die Schleck-Brüder mehrere Male Top-Ten-Plätze. Frank Schleck verpasste 2006 nur knapp das Podium (4. Platz). Er klassierte sich 2007 und 2011 auf Rang 7. Andy Schleck stand 2009 in Huy als Zweiter auf dem Treppchen. Ein Jahr später (8.) fuhr er sich ein zweites Mal unter den zehn Ersten. Andys Bezwinger von 2009, Davide Rebellin (42), fährt nach seiner Sperre übrigens immer noch (13. beim Amstel). Sein Team (CCC Polsat) aber wurde nicht von den Organisatoren der „Flèche“ eingeladen. Zu Recht …

Fakten, Favoriten lesen Sie in der Tageblatt-Mittwochausgabe (23. April 2013) auf Seite 24, sowie als ePaper.