„Kein Feuerwehrmann“

„Kein Feuerwehrmann“
(Tageblatt/Gerry Schmit)

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Die meisten einheimischen Basketball-Insider kennen Fränk Muller noch aus seiner Zeit als aktiver Spieler im Dress des T71 Düdelingen. Jetzt steht der 29-Jährige den FLBB-Teams als Sportpsychologe zur Seite. Der „mental coach“ gibt einige interessante Informationen zu dieser Disziplin.

Das mentale Arbeiten

„Die Sportpsychologie ist extrem vielfältig. Zuerst ist es wichtig zu wissen, was genau dein Auftrag ist. Kommt die Aufforderung von einer Mannschaft, einem Trainer oder einem Sportler selbst? Dann macht man eine Diagnose und ich schaue anschließend, wo die Hebel anzusetzen sind. Hat der jeweilige Spieler Konzentrationsprobleme, mangelndes Selbstvertrauen oder kommt er innerhalb der Mannschaft nicht zurecht, werde ich zusammen mit ihm nach Lösungen suchen. Wichtig ist aber, dass du keinen dazu zwingen darfst, mit dir zu arbeiten. Ansonsten gibt es aber keine universale Technik, die ich für jeden anwenden kann. Hier muss man immer individuell vorgehen. Natürlich hast du deine speziellen ,tools‘, aber man muss herausfinden, ob diese sich für diesen Sportler eignen. Dann beginnt die eigentliche Arbeit. Man kann seine mentale Stärke genauso trainieren wie das Physische. Sportpsychologische Betreuung soll über einen längeren Zeitraum gehen. Das ist aber oft das Problem. Manchmal muss man den Feuerwehrmann spielen. Man wird dann z.B. von einem abstiegsbedrohten Verein kontaktiert, um seine Spieler wieder moralisch aufzubauen. Hier darf man dann auch keine Wunder erwarten.“

Arbeit bei den JPEE

„Bei den Spielen der kleinen europäischen Staaten betreue ich die FLBB-Mannschaften. Vor allem bei den Herren war dies im ersten Moment schon ein wenig ungewöhnlich, weil ich selbst einmal Teil der Mannschaft war. Auf der einen Seite ist es natürlich von Vorteil, weil ich die gleiche Basketballsprache wie die Spieler spreche und ein geeignetes Wissen in dieser Sportart habe. Ich kenne viele Spieler persönlich und kann sie deshalb auch besser einschätzen. Auf der anderen Seite kenne ich die Jungs auch aus anderen Situationen und deshalb könnte meine Arbeit vielleicht nicht ganz so ernst genommen werden. Dies ist aber nicht der Fall. Ich bin mir meiner Rolle auch bewusst. Diese ist klar definiert. Ich gehe deshalb auch nicht mit dem Team z.B. einen trinken.“

In Luxemburg vonnöten?

„Klar. Ich glaube schon, dass die Sportpsychologie im Großherzogtum ihren Platz bekommt. In verschiedenen Sportarten wie z.B. Basketball arbeitet man in vielen Punkten schon halbprofessionell. Die nationalen Verbände versuchen in vielen Bereichen, die letzten Prozente bei einem Sportler noch herauszukitzeln. Das ist genau der richtige Schritt in meinen Augen. Aber ich glaube, wenn man den Luxemburger Sport auf Vordermann bringen will, dann muss man auch in diesem Arbeitsbereich die Hebel ansetzen. Man muss an der Basis feilen. Deshalb sollte man schon im Jugendbereich mit dieser Art von Training anfangen. Dann sind die Kinder es von früh auf gewohnt, dass diese Betreuung zum Training dazugehört. Dann hat man auch späterhin keine Berührungsängste gegenüber der Sportpsychologie.“

Hintergrundarbeit

„Meine Arbeit beginnt an sich vor dem Match. Ich kann zwar individuell kurz mit dem Spieler einige Sachen während einer Begegnung ansprechen und dem Trainer gewisse Erkenntnisse mitteilen, aber ansonsten ist der Coach der Chef auf dem Platz. Ich greife nicht in die Handlungen ein. Der Sportpsychologe hält sich meistens im Hintergrund. Wenn man aber anfängt, sich aufzuregen, dann rückt man automatisch in den Vordergrund. Das ist aber keineswegs meine Rolle. Man muss seine Emotionen im Griff haben. Sonst würde der Respekt auch schon ein wenig flöten gehen, wenn ich in meiner Ansprache von unterdrückten Gefühlen rede und dann auf der Spielbank cholerisch werden würde.“

Tabuthema

„Das ist das große Problem der Sportpsychologie. Die Leute meinen immer, dass psychologische Hilfe automatisch ein Zeichen von Schwäche ist. „Der muss doch gaga sein“ hört man oft. Dem ist aber gar nicht so. Es handelt sich hierbei nur darum, dass man seine Fähigkeiten im mentalen Bereich weiterentwickelt. Ein Sportler kann auf vielen Gebieten besser werden, nicht nur im athletischen und taktischen Bereich. Auch vom Mentalen her kann man sich steigern. Es ist nicht von ungefähr – auch wenn wir hier von den absoluten Topsportlern sprechen –, dass ein Djokovic oder ein Nowitzki zu den Besten gehören. Mental sind die voll auf der Höhe. Die Sportpsychologie kann aus einem schlechten Spieler keinen guten machen, aber aus einem guten Sportler noch einen besseren. Bei dieser Disziplin geht es aber nicht nur darum, dass ich in meiner Funktion auf den Sportler einrede, dass er unbedingt Erfolg haben muss. Es ist wichtig, dass der Athlet sich in seiner Haut wohlfühlt und mental gesund ist. Nur so kann er wirklich seinen Sport genießen.“