/ Die Kunst der flapsigen Sprüche
Was erlaube Struuunz?! Flasche leer! Ich habe fertig! Giovanni Trapattoni kann sehr unterhaltsam sein, wenn er sich aufregt. Mit seinen Schimpftiraden gegen die Squadra Azzurra ist der frühere Bayern-Coach aber über das Ziel hinausgeschossen.
Der öffentlich-rechtliche TV-Sender RAI verzichtet bei der EM in Frankreich auf Trapattonis Dienste als Experte. Bei Italiens 1:4-Pleite im März gegen Deutschland brummelte Trapattoni nach einer verpatzten Aktion so etwas wie „Heilige Scheiße!“ vor sich hin. Und das ist noch gnädig übersetzt. So komisch sie ihn auch jenseits der Alpen finden, das Herz des Calcio, die Nationalelf, darf selbst der 77 Jahre alte Trapattoni nicht verunglimpfen.
Der Beste: Gary Lineker
Den richtigen Spieler vor einem Millionenpublikum zu beleidigen, ist eine Kunst für sich, die kein anderer Experte so sicher beherrscht wie Gary Lineker (55). Die englische Fußball-Legende verglich Real Madrids Pepe im Finale der Champions League gleich zweimal mit dem männlichen Geschlechtsteil („Pepe is an enormous dick“). Kaum einer seiner 4,82 Millionen Follower bei Twitter – wo er ebenfalls nicht mit seiner politischen Meinung hinterm Berg hält – widersprach Lineker oder regte sich gar über dessen Wortwahl auf. Bei der EM ist Lineker für die BBC im Einsatz und Teil eines Quartetts mit den Ex-Nationalspielern Alan Shearer (45) und Rio Ferdinand (37) sowie Arsenals französischer Fußball-Ikone Thierry Henry (38).
Boris Johnson has parked his bus and will not stand!
— Gary Lineker (@GaryLineker) 30. Juni 2016
Bei Spielen der Engländer, Iren oder Waliser muss sich allerdings auch Lineker zügeln, sonst kann es ihm wie Trapattoni oder Mehmet Scholl vor vier Jahren ergehen. Bei der EURO in Polen und der Ukraine erfuhr der ehemalige deutsche Nationalspieler, welche Tragweite ein flapsiger Spruch haben kann. Mario Gomez, sagte Scholl in einem unbedachten Moment vor laufender Kamera, bewege sich so wenig, dass er Angst habe, der Stürmer habe sich bereits wund gelegen. Es folgte ein Shitstorm. „Ich habe einem Spieler damit richtig geschadet. Das tut mir leid“, sagte Scholl Jahre später. In Frankreich sind sie wieder dabei: Scholl als ARD-Experte, Gomez im DFB-Angriff.
Van der Vaart durch die Hintertür
Rafael van der Vaart (33) wäre lieber in der Gomez-Rolle nach Paris gereist, nun gibt er bei NOS den niederländischen Scholl. Immerhin ist der frühere Bundesliga-Star überhaupt bei der EM im Einsatz, nachdem seine Mannschaft die Qualifikation völlig überraschend verpasste. Während die Niederländer mit einem Nachwuchs-Experten anreisen, setzen Österreich und die Schweiz auf geballte TV-Erfahrung. Für den ORF steht Herbert „Schneckerl“ Prohaska (60), für den SRF der frühere Trainer Hanspeter Latour (68) vor der Kamera.
Auch Deutschlands Mittelfeldstratege Michael Ballack ist wieder dabei – in Amerika für ESPN. Italiens Fernsehzuschauer bekommen als Ersatz für Giovanni Trappatoni Ex-Nationalspieler Walter Zenga (56) vorgesetzt – wie ZDF-Experte Oliver Kahn ein ehemaliger Torhüter. Forsche, flotte Sprüche sind von Zenga kaum zu erwarten, auch wenn er ankündigte: „Trapattoni nachzufolgen, bedeutet eine Welt-Ikone zu ersetzen. Ich fürchte diese Herausforderung jedoch nicht.“
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