Revolte auf der Tastatur: Wie Fußballfans ihrem Ärger in den sozialen Medien Luft machen

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Das Phänomen ist nicht neu: Statt klassischer Stammtischgespräche finden die modernen Fußballdebatten in den Kommentarspalten auf Facebook statt. Das letzte Beispiel ist das Trommelverbot in Differdingen.

Über 200 Mal wurde das Video der „Angry Goats“ (Mondorf-Fans) bis gestern Mittag auf Facebook geteilt: Gefilmt wurde die Ticketkontrolle im Oberkorner Stadion. Die Fans der Auswärtsmannschaft wollten gerade ins Stadion, als sie ein D03-Vorstandsmitglied darauf aufmerksam machte, dass Trommeln mit sofortiger Wirkung im „Stade municipal“ verboten seien.

Ausgerechnet am gleichen Spieltag war das klassische Konzept Bier-Bratwurst-BGL-Ligue bereits in Mühlenbach über den Haufen geworfen worden. Was früher ein Thema für das Feierabendbier in der Stammkneipe gewesen wäre, wird nun in den sozialen Netzwerken zu einem wahren Flächenbrand. Denn jeder – nicht nur der zwölfte Mann – kann und darf seinen Senf zum Thüringer-freien Weg der Blue Boys dazugeben, weshalb heftige Wortgefechte und Shitstorms fast schon zur Normalität geworden sind.

Trommelverbot in Differdingen

Und dann eigentlich auch nicht mehr zu bremsen sind: „Wenn ein Shitstorm einmal da ist, ist er nicht mehr zu stoppen. Dann kann man ihn nur über sich herziehen lassen“, erklärte Marc Biskup, Leiter des Social-Media-Teams der Bild-Zeitung.

Déifferdeng 03 blieb der große Streit auf der vereinseigenen Facebook-Seite erspart, stattdessen war die Empörung unter dem Video der „Angry Goats“ groß. „Lächerlich“, „peinlich“, „Angst vor Stimmung“ waren die harmlosen Umschreibungen, die die ersten 170 Kommentatoren benutzten. In der aufgeheizten Stimmung wurden gestern Bier- und Trommelverbot vermischt und als globales Problem thematisiert.

Fußball steckt voller Emotionen

Dass sich das Ganze überhaupt so hochschaukeln konnte, geht auf die Leidenschaft für den Sport zurück. „Fußball steckt voller Emotionen“, weiß Stefan Himmer, ehemaliger Social-Media-Beauftragter des 1. FC Kaiserslautern. „Man merkt relativ schnell, ob einem ein Thema um die Ohren fliegt. Es wird häufiger als sonst geteilt, die Kommentare gehen vermehrt in eine Richtung. Dann sollte man als Social-Media-Manager des Vereins schon ein Auge extra auf den Post oder das Thema haben. Ich kann mich an eine Rückfahrt von einem Auswärtsspiel erinnern, da haben meine Kollegin und ich eine Stunde lang nur Kommentare gelöscht“, sagt der Online-Redakteur von saarbrücken.de.

Auch Biskup rät zu dieser Maßnahme: „Beleidigungen, die man sonst löschen würde, haben auch in Shitstorms nichts zu suchen.“ In diesem Fall wird wohl nichts gelöscht werden, denn die Fans (und alle, die ihnen recht geben) haben sich unter dem Beitrag der Mondorfer versammelt.

Eine gute Nachricht für alle Beteiligten gibt es trotzdem, das weiß Biskup aus eigener Erfahrung: „Oft ist der Shitstorm fast so schnell wieder weg, wie er kam.“


„Es geht ganz schnell“

D03-Präsident Fabrizio Bei sind die Reaktionen im Internet natürlich nicht entgangen. Reagiert hat der Klub auf die Kommentare nicht. „Wir haben diese Entscheidung aus Sicherheitsgründen getroffen und das kam schlecht bei den Mondorfern an. Ich wiederhole mich vielleicht, aber es war kein Revancheakt. Jetzt wird allerdings eine Staatsangelegenheit daraus gemacht …“

Das Vereinsoberhaupt hat im Nachhinein eingesehen, dass eine Mitteilung an alle BGL-Ligue-Vereine im Vorfeld wohl die beste Lösung gewesen wäre. Die Macht von Facebook und Co. ist riesig: „In einer halben Stunde ging die Nachricht quer durch das Land. Das geht ganz schnell.“ Aber bekanntlich ist auch schlechte Werbung besser als gar keine: „Es wurde an diesem Tag eben über uns geredet“, so Bei.

Die BGL-Ligue-Vereine und ihre Followers aus Facebook (Stand 12.8.2019 um 13.00 Uhr)

1. F91 13.276
2. Niederkorn 9.003
3. Déifferdeng 03 5.612
4. RFCUL 4.082
5. Jeunesse 4.001
6. UT Petingen 3.698
7. Rodange 3.091
8. Fola 2.697
9. Mondorf 2.516
10. Rosport 2.038
11. Hostert 1.602
12. Etzella 1.577
13. Strassen 1.509
14. Mühlenbach 1.393