Nibali und Sagan kaum von Trikots zu trennen

Nibali und Sagan kaum von Trikots zu trennen
(AP)

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RADSPORT - Nur noch sechs Etappen bleiben bei der Tour de France 2014 zu fahren. Die Entscheidung, zumindest was die ersten Plätze im Rennen um das „Maillot jaune“ und das „Maillot vert“ anbelangt, scheint gefallen zu sein.

Vincenzo Nibali und Peter Sagan sind nur noch durch einen Unfall zu stoppen. Und Ag2r mit Ben Gastauer ist auf dem besten Weg zum Mannschaftssieg.

Kontrolle auch bei Trek

Nicht nur Ben Gastauer und Ag2r mussten am Montagmorgen zum Dopingtest. Auch im Teamhotel von Trek standen die Kontrolleure um 9.00 Uhr auf der Matte. Wie bei Ag2r musste das gesamte Team eine Probe abgeben, aber auch Europcar, Giant und Tinkoff, die im gleichen Hotel logiert waren wie Trek. (cs)

Da wären wir also in Carcassonne, einer der bekanntesten Städte, die bisher von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt wurden. Nach dem Eiffelturm und dem schönen Dörfchen Les-Baux-de-Provence ist sie die am meisten besuchte Sehenswürdigkeit Frankreichs.

Carcassonne ist von zwei befestigten Stadtmauern mit 53 Schieß- und Aussichtstürmen umgeben, die Größe der Schutzwälle ist beeindruckend.

Zum letzten Mal hat die Tour 2006 hier Halt gemacht, es war an einem 14. Juli, und das beeindruckende Feuerwerk, das damals nachts in den Himmel geschossen wurde, hatte nahezu eine Million Zuschauer angezogen. Am Nachmittag war Jaroslaw Popowitsch mit Vorsprung als Erster ins Ziel gefahren, Floyd Landis hatte das „Maillot jaune“ übergestreift, das ihm später wegen Dopings aberkannt wurde.

Den schönsten Sieg in Carcassonne feierte der Franzose Jean Stablinski im Jahr 1962. Freund „Stab“, der als 14-Jähriger im Kohlerevier von Wallers arbeiten musste und sich mittels Profiradsport aus der Armut fuhr, war in späteren Jahren hauptverantwortlich dafür, dass die Pavés im Norden Frankreichs zum Kulturgut erhoben wurden und dem Klassiker Paris-Roubaix erhalten blieben.

Nach seinem Sieg 1962 in Carcassonne errang Stablinski im selben Jahr in Salo den Weltmeistertitel auf der Straße. In der Tour de France 2000 war er auf der Etappe zum Mont Ventoux, als Armstrong den Überheblichen spielte und Marco Pantani den Sieg überließ, sogar unser Chauffeur.

Doch zurück nach Carcassonne, zur wunderschönen „Cité médiévale“ im Süden Frankreichs, die im Département Aude (so heißt übrigens auch Ben Gastauers liebenswürdige Frau) liegt. In dieser Stadt von 50.000 Einwohnern hatte die Tour am Montag ihre Quartiere für den zweiten Ruhetag aufgeschlagen, hier findet heute Dienstag auch der Start zur 16. Etappe statt, die uns schnurstracks in die Pyrenäen führt.

Zu fahren bleiben bei dieser Tour nur noch sechs Etappen: drei durch die Pyrenäen, eine lange Übergangsetappe nach Bergerac, ein „Contre-la-montre“ über 54 km und die Spazierfahrt nach Paris mit Würdigung der Sieger auf den Champs-Elysées. Von der Distanz her sind nicht einmal mehr 1.000 km von den 3.664 km herunterzukurbeln, genau genommen sind es deren 907,5.

Der Schwierigkeitsgrad ist allerdings nicht von Pappe. Heute, auf der Etappe nach Bagnères-de-Luchon, muss der Port de Balès erstiegen werden (11,7 km à 7,7%) – der Berg, durch den sich Kim Kirchen am 23. Juli 2007 in den Geschichtsbüchern verewigte. Er war der Fahrer, der als Erster die Passhöhe überquerte. Am Ziel in Loudenvielle wurde Kirchen Zweiter hinter Alexander Winokourow, bekam aber durch die Disqualifizierung des Kasachen nachträglich die Etappe am grünen Tisch zugesprochen.

Mit der Dopingfrage leben

Weil vom Scheitel des Balès bis ins Ziel nach Bagnères-de Luchon noch 21 km zu fahren bleiben, müssen sich Nibalis schärfste Gegner auf Mittwoch und Donnerstag vertrösten, um dem Leader eventuell am Zeug zu flicken.

An diesen beiden Tagen gibt es zwei Bergankünfte, zum Ersten auf dem Pla d’Adet (1.680 m), zum Zweiten in Hautacam (1.520 m), wo Bjarne Riis im Jahr 1996 seinen Schlusssieg festigte.
Unter welchen Umständen, weiß mittlerweile jeder. Das Bild des Dänen, mit entblößter Brust und hochrotem Kopf in der eiskalten Natur, bleibt denjenigen, die damals dabei waren, wohl immer im Gedächtnis.

Genau wie Riis damals muss auch der Überflieger von heute, Vincenzo Nibali, es sich gefallen lassen, dass man ihn mit der Dopingfrage konfrontiert. Im Pressesaal der Tour gibt es seit jeher die einen, die den Sportlern trauen, und die anderen, die alles in Frage stellen.

Die Süddeutsche Zeitung beispielsweise hat einen ganz neuen Kommentator dabei. Der entdeckt die Tour zwar erst, hat es in Sachen Nibali aber schon zum Titel: „Verbindungen zu Dottore EPO?“ gebracht. Es geht dabei um Dr. Michele Ferrari, den Nibali vorgibt, nicht zu kennen.

Es ist nichts Neues, dass Jahr für Jahr in der Dopingkiste der Tour gewühlt wird. Damit müssen die Fahrer und die Rundfahrt leben. Dass einige im Falle Nibali nachhaken, hat wohl als Ursache, dass der Chef des Astana-Rennstalls, der (ungewünschte) Olympiasieger von 2012, Alexander Winokourow (siehe auch weiter oben), für viele der Inbegriff des Betrügers ist. Er wurde 2007 des Blutdopings überführt und seine Astana-Mannschaft für ein Jahr nicht zur Tour zugelassen.

Ist heute, sieben Jahre danach, wirklich alles anders? Man kann es nur hoffen ..