Prolog: „Mit das schlimmste Gefühl“

Prolog: „Mit das schlimmste Gefühl“

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Alex Kirsch stand vor zwei Jahren bei der Tour de Luxembourg als Dritter auf dem Podium. Ein Resultat, das dem 25-jährigen Profi von WB Aqua Protect viel Selbstvertrauen verliehen hat. Obwohl die Hoffnungen des einheimischen Publikums auf seinen Schultern liegen, setzt er sich nicht unter Druck, wie Kirsch im Interview verrät. Außerdem erklärt er, worauf es bei der Tour de Luxembourg ankommt und wieso ein Radprofi während des Prologs eines der unangenehmsten Gefühle überhaupt erlebt.

Alex, wie geht es dir vor deinem Heimrennen? Ist der Druck nicht zu groß?
Alex Kirsch: Mir geht es ganz gut, denn ich weiß, dass ich mich gewissenhaft vorbereitet habe. Druck verspüre ich eigentlich keinen. Natürlich ist mir bewusst, dass die Erwartungen an mich bei der Tour de Luxembourg besonders hoch sind. Auch meine eigenen Ansprüche sind hoch, aber deswegen setze ich mich nicht speziell unter Druck.

Welchen Stellenwert hat die Tour de Luxembourg für dich?
Es ist ein Rennen, das mir sehr am Herzen liegt und meinen Qualitäten als Rennfahrer auch entgegenkommt. Das hat mein 3. Platz in der Gesamtwertung 2016 gezeigt.

Welche Bedeutung hatte der 3. Platz für den Verlauf deiner Karriere?
Dieses Resultat hat mir natürlich großes Selbstvertrauen gegeben. Da habe ich so richtig realisiert, dass ich das Potenzial für eine Profikarriere habe. Es war aber nicht nur die Tour de Luxembourg – schon bei den Frühjahrsklassikern wurde mir das bewusst. Aber bei der Tour de Luxembourg habe ich gesehen, dass mir auch solche kleinen Rundfahrten durchaus liegen können.

Wie wichtig war es dir vergangenes Jahr, deine Leistung von 2016 zu bestätigen?
Ich wollte unbedingt beweisen, dass mein 3. Platz keine Eintagsfliege war. Da habe ich mir selbst schon relativ viel Druck gemacht. (Kirsch wurde am Ende 38. im Gesamtklassement, schloss die letzte Etappe allerdings auf Platz zwei hinter Greg van Avermaet ab, d.Red.)

Kommen wir zum diesjährigen Rennen. Es ist kein WorldTour-Team am Start. Wird es dadurch einen offeneren Wettkampf geben?
Ich bin nicht der Meinung, dass die Teilnahme eines WorldTour-Teams automatisch bedeutet, dass diese Mannschaft das Rennen auch kontrollieren kann. Im vergangenen Jahr war das der Fall mit BMC, aber die hatten mit Greg van Avermaet auch einen der besten Fahrer der Welt dabei. 2016 war BMC auch am Start und trotz einem Philippe Gilbert haben sie den Gesamtsieg verpasst (2016 siegte Maurits Lammertink vor Gilbert und Kirsch, d.Red.). Meiner Meinung nach wird sich am Rennverlauf nichts Wesentliches ändern, auch wenn kein WorldTour-Team am Start ist.

Mit welchem Szenario rechnest du?
Taktisch ist es ein relativ einfaches Rennen. Durch den Prolog kommt es gleich zu kleineren Zeitabständen, wodurch die erste Etappe etwas ruhiger verlaufen wird. Bei einer kleinen Rundfahrt wie der Tour de Luxembourg sind die Zeitabstände ohnehin nie sehr groß. Auf jeder Etappe sind ein paar Sekunden zu holen. Es wird ein Duell zwischen Punchern und Bergfahrern werden.

Wie lautet deine Zielsetzung?
Ich habe mir kein präzises Ziel vorgegeben. Dafür kann zu viel passieren. Zugleich kommen mir die meisten Etappen entgegen. Die Zielankunft in Schifflingen ist mir bislang meistens recht gut gelungen, genau wie der Prolog und die letzte Etappe mit dem „Pabeierbierg“. Am Samstag auf der Königsetappe gilt es, nicht zu viel Zeit auf die Kletterspezialisten zu verlieren.

Kann man davon ausgehen, dass du bei WB Aqua Protect eine geschützte Rolle einnehmen wirst?
Ich denke schon. Aber es ist nicht so, dass wir alles nur auf eine Karte setzen. Es kann gut sein, dass andere Mannschaften sich an mir orientieren und davon können meine Teamkollegen profitieren. Das macht unsere Stärke aus.

Los geht es heute Abend mit dem traditionellen Prolog in der Hauptstadt. Viele Fahrer mögen diese Prüfung nicht besonders.
Der Prolog ist schon ziemlich einzigartig, aber ich finde es toll, dass man das Rennen auf die Art in der schönen Altstadt beginnen kann. Auf der anderen Seite verspürt man als Fahrer beim Prolog mit das unangenehmste Gefühl, das es gibt.

Kannst du dieses Gefühl beschreiben?
Es ist schwierig in Worte zu fassen. Beim Prolog produziert man sehr viel Laktat und es fängt alles an zu schmerzen, Arme, Beine, einfach alles. Obwohl es nur gut zwei Kilometer sind, so will nach dem Zielstrich keiner mehr auch nur einen Meter weiter fahren.


Ohne die ganz großen Stars

Die Skoda Tour de Luxembourg wird dieses Jahr ohne die Teilnahme einer WorldTour-Mannschaft stattfinden. Während diese Tatsache sowohl für Sponsoren als auch für Zuschauer eine Enttäuschung sein mag, so wird es dem sportlichen Wettkampf nicht schaden. Es sind einige ProContinental-Teams am Start, die ein Wörtchen um den Gesamtsieg mitreden können. Neben WB Aqua Protect um Alex Kirsch sind mit Cofidis, Direct Energie, Roompot, Wanty oder Sport Vlaanderen weitere starke Mannschaften im Peloton vertreten.

Der bekannteste Fahrer im Feld ist wohl der Franzose Sylvain Chavanel (Direct Energie). Seine Teamkollegen Damien Gaudin und Adrien Petit hatten 2017 bzw. 2015 den Prolog gewonnen. Aus luxemburgischer Sicht sind mit Leopard und Differdange-Losch auch zwei einheimische Continental-Teams am Start. Für Leopard treten u.a. Pit Leyder und Gaëtan Pons an, für Differdingen Ivan Centrone, Tom Thill und Jan Petelin.