Kein Einzelfall: Herztod beim Sport

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Der Tod des Radprofis Michael Goolaerts hat nicht nur im Radsportmilieu für Entsetzen gesorgt. Plötzlicher Herztod bei Sportlern ist zwar eine reelle Gefahr. Auch in Luxemburg sterben jährlich fünf bis sechs Personen an plötzlichem Herztod. Doch ist diese Gefahr wesentlich kleiner als die, der man sich aussetzt, wenn man überhaupt keinen Sport treibt, betont der Kardiologe Dr. Charles Delagardelle.

Michael Goolaert ist während des Radklassikers Paris-Roubaix plötzlich gestürzt und blieb regungslos liegen. Der 23-Jährige erlitt einen Herzstillstand. Die Rettungskräfte haben ihn mehrmals reanimieren müssen. Im Krankenhaus in Lille kämpfte der Belgier mehrere Stunden um sein Leben, bevor er um 22.40 Uhr am Sonntagabend im Beisein seiner Familie verstarb.

In Luxemburg lösten in diesem Jahr bereits zwei ähnliche Fälle bei Basketballspielern Betroffenheit aus. Das Tageblatt hat sich mit dem Kardiologen Dr. Charles Delagardelle über das Thema unterhalten. Er hat schon in den 80er Jahren eine wissenschaftliche Arbeit über dieses Thema verfasst. Es ist also kein neues Phänomen.

Dr. Charles Delagardelle

Tageblatt: Was waren Ihre Gedanken, als Sie den Sturz von Michael Goolaerts bei Paris-Roubaix gesehen haben?
Dr. Charles Delagardelle: Ich habe mir die Bilder heute (Montag, d.Red.) noch einmal genauer angeschaut. So, wie er gestürzt ist, gehe ich davon aus, dass er den Herzstillstand noch auf dem Rad erlitten hat. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen. Das war schon sehr außergewöhnlich.

Es gab aber bereits zuvor Radfahrer, die einen Herzstillstand erlitten haben.
Das stimmt, aber in den allermeisten Fällen klagen sie zuerst über Unwohlsein und steigen dann vom Rad. Der Herzstillstand kommt erst anschließend (so wie bei Daan Myngheer, siehe unten, d.Red.).

Wie kann ein plötzlicher Herzstillstand auftreten?
Da gibt es mehrere Ursachen. Zum Beispiel ein Herzfehler, der bis dahin nicht festgestellt wurde, eine Herzmuskelverdickung oder eine Herzmuskelentzündung, die unter anderem auftreten kann, wenn man trotz Fieber Sport treibt. Was die Herzmuskelverdickung betrifft, so muss man sagen, dass dunkelhäutige Menschen wesentlich öfter unter einer angeborenen Herzmuskelverdickung leiden als Weiße.

Und Doping?
Natürlich können auch Dopingmittel das Herz schädigen.

Sportler werden doch regelmäßig untersucht. Müssten solche Anomalien nicht auffallen?
Wenn man auf einem hohen Niveau Sport treibt, ist eine regelmäßige und gründliche medizinische Kontrolle eigentlich unabdingbar. Aber die ist noch lange nicht in allen Ländern auf dem gleichen Niveau.

Wie sieht es denn in Luxemburg mit der Kontrolle aus?
Wir sind Vorreiter, was die Kontrollen betrifft. Bei uns müssen sich sämtliche Sportler seit einigen Jahren regelmäßig einem Elektrokardiogramm unterziehen. Dies bei ihrem ersten Medico-Besuch und anschließend auch in regelmäßigen Abständen. So kann man schon viele Risikofaktoren ausmachen. Wir haben jährlich etwa 15 bis 20 Sportler, die wir auf diese Weise aussortieren und ihnen vom Leistungssport abraten. Andere Länder, die ebenfalls eine sehr gute Arbeit auf diesem Gebiet leisten, sind Italien und auch Frankreich.

Wie viele Fälle von plötzlichem Herztod bei Sportlern gibt es jährlich in Luxemburg?
Wir haben ein Register, in dem diese Fälle aufgezeichnet werden. In der Regel sind es fünf bis sechs Fälle pro Jahr. Wir sind in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Es sind aber in den meisten Fällen Hobbysportler. Dieses Jahr gab es bereits drei Fälle (u.a. Oladapo Ayuba, siehe unten, d.Red.). Wobei einer nach seinem Herzstillstand erfolgreich reanimiert wurde und nun hospitalisiert ist. Aber auch diese Fälle fallen unter die Kategorie „mort subite“.

Sie haben mögliche Auslöser eines Herzstillstands beschrieben. Ist es nicht so, dass das Sporttreiben das Herz auch verändert?
Doch, allerdings macht der Sport das Herz leistungsfähiger und es schlägt langsamer. Es sind also positive Veränderungen, die der Sport mit sich bringt. Jeder einzelne Fall von plötzlichem Herztod ist eine Katastrophe. Doch dieses Risiko ist trotzdem gering. Die Gefahren, denen man sich aussetzt dadurch, dass man keinen Sport treibt, sind wesentlich größer und können genauso tödlich enden. Ich denke, dass es vor allem nach solchen Tragödien wichtig ist, den Leuten das zu erklären.


Auch diese Sportler kamen durch einen plötzlichen Herzstillstand ums Leben

Zeke Upshaw: Der ehemalige Escher Basketballer brach während eines Spiels der NBA G League am 24. März 2018 zusammen. Laut US-Medien erlitt er einen Herzstillstand. Zwei Tage nach dem Zusammenbruch verstarb Upshaw im Alter von 26 Jahren.

Oladapo Ayuba: Der 31-jährige Basketballer wollte sich über den Winter bei seinem ehemaligen Team Walferdingen fit halten. Bei einer Trainingseinheit am 2. Januar 2018 brach er zusammen. Die Wiederbelebungsversuche der Rettungskräfte blieben erfolglos.

Daan Myngheer: Der 22-jährige Radprofi klagte während des Critérium International 2016 über Unwohlsein. Er ließ sich aus dem Peloton zurückfallen und medizinisch behandeln. Im Krankenwagen erlitt er einen Herzstillstand. Zwei Tage später verstarb er im Krankenhaus von Ajaccio.

Marc-Vivien Foé: Der Fußballspieler aus Kamerun bestritt mit der Nationalmannschaft am 26. Juni 2003 das Halbfinale des Confederations Cup in Frankreich gegen Kolumbien, als er in der 72. Minute zusammenbrach. Die Rettungskräfte kämpften noch eine Stunde vergeblich um sein Leben.

Davide Astori: Am 4. März 2018 wurde der Fußballspieler Davide Astori tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Der Kapitän des AC Florenz starb an einem Herzstillstand, ausgelöst durch eine Bradykardie (verlangsamter Herzschlag). Astori wurde 31 Jahre alt.

roger wohlfart
12. April 2018 - 9.53

Regelmässiger Sport ist förderlich für die Gesundheit und hält jung. "Mens sana in corpore sano" .Vorausgesetzt man übertreibt nicht.

Gordon poulsen
10. April 2018 - 19.46

Jetzt kommen die Faule und sagen; Sport ist gefährlich! Genau dieser behauptung ist falsch wie auch hier Dr. Charles Delagardelle schreibt.

Josy Miersch Junior
10. April 2018 - 13.12

Sehr guter Artikel mit den Wahrheiten ! Der Radsport ist nícht alleine in der Gefahr !