Fola Esch: Ein Neuling für den Neustart

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Thomas Klasen ist vor dem Rückrundenstart der BGL Ligue die große Unbekannte. Der 34-jährige Deutsche wurde vor elf Tagen überraschend zum Fola-Trainer ernannt und beginnt sein erstes Abenteuer als alleinverantwortlicher Trainer am Sonntag mit dem Derby gegen die Jeunesse. Vorher hat sich das Tageblatt mit dem Neuling unterhalten.

Tageblatt: Herr Klasen, wie haben Sie die kurze Vorbereitungszeit mit Ihrer Mannschaft genutzt?
Thomas Klasen: Trotz sehr bescheidener Wetterverhältnisse konnten wir alle Trainingseinheiten und zwei Testspiele gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern und Mondorf durchziehen. Wir konnten ausschließlich auf Kunstrasen trainieren, aber ich glaube, das betrifft alle Mannschaften. Im Fokus stand die Arbeit gegen den Ball. In den letzten Jahren hat die Fola in einer Saison rund 20 Gegentore kassiert. Jetzt sind es bereits 19 nach zwölf Spieltagen. In den Spielen gegen Differdingen und Düdelingen hat die Mannschaft sieben Gegentore bekommen. Das zeigt, dass ein Problem vorhanden ist. Gegen Kaiserslautern wurde bereits gut gegen den Ball gearbeitet. Gegen Mondorf erlitt die Mannschaft einen Rückfall. Im Auswärtsspiel gegen die Jeunesse darf dies nicht vorkommen.

Welchen ersten Eindruck hatten Sie von Ihrer Mannschaft?
Bei meiner Vorstellung hat Präsident Mauro Mariani von einer gewissen mentalen Müdigkeit gesprochen. Ich muss sagen, dass die Spieler im Training hundertprozentigen Einsatz gezeigt haben. Das hat mir Spaß gemacht und hat mir meinen Einstieg erleichtert. Körperlich und mental ist die Mannschaft fit.

Sie hatten angekündigt, viele Einzelgespräche führen zu wollen. Kamen Sie bereits dazu?
Fast mit allen habe ich kürzere oder längere Gespräche geführt. Ich wollte herausfinden, was die Spieler brauchen und mir einen anderen Blick auf die Dinge verschaffen. Aufgrund dieser Diskussionen habe ich auch das Training angepasst. Kommunikation und der Austausch untereinander sind wichtig. Es ist keine One-Man-Show.

Haben Sie sich auch mit Ihrem Vorgänger unterhalten?
Ich hatte ein längeres Telefongespräch mit Jeff Strasser. Es hat mich sehr geehrt, dass er bereit war, mit mir zu reden. Ich bin davon ausgegangen, dass er nach seinem gesundheitlichen Zwischenfall etwas auf Abstand gehen würde. Aber er hat mir sehr weitergeholfen. Das erzeugt bei mir Demut und Respekt.

Zehn Spieler werden zum Auftakt der Rückrunde fehlen. Kann man unter diesen Voraussetzungen überhaupt sofort Erfolg haben?
Man wird ja immer am Erfolg gemessen. Die Verletztenliste ist lang und dadurch fehlt es auch an Qualität. Aber ich bin niemand, der sich beschwert. Die vorhandenen Spieler sind in Form und die Nachwuchsspieler machen einen tollen Job. Wir werden am Sonntag eine schlagfertige Truppe auf dem Platz stehen haben.

Hatten Sie bereits die Gelegenheit, den kommenden Gegner Jeunesse unter die Lupe zu nehmen?
Ich habe das Testspiel zwischen der Jeunesse und Eintracht Trier beobachtet und eine Mannschaft gesehen, die absolut bereit ist für den Rückrundenauftakt. Alle sind topfit und es hat bereits vieles gestimmt. Das war bei unserem Testspiel gegen Mondorf noch nicht der Fall. Dieses Duell gegen die Jeunesse wird harte Arbeit. Jetzt liegt es an mir, den Spielern Muster im Training aufzuzeigen und die Lösungen für das Spiel bereitzuhalten, damit wir einen erfolgreichen Start hinlegen können.

Ist der Druck als neuer Trainer vor einem Derby besonders groß?
Das gehört dazu und das empfinde ich als positiv. Ich mag K.o.-Spiele und freue mich auf dieses Duell in diesem kleinen urigen Stadion.

Fola ist Ihre erste Station als alleinverantwortlicher Trainer. Gab es bereits Probleme, mit denen Sie im Vorfeld nicht gerechnet hätten?
Es gab nicht viele neue Momente. In der Oberliga beim FC Karbach habe ich auch viele Trainingseinheiten und einige Spiele alleine geleitet. Eine neue Herausforderung sind die vielen Kulturen und Sprachen innerhalb der Mannschaft. Bisher hatte ich aber keine Probleme, meine Ideen zu vermitteln. Manchmal wird geschmunzelt, wenn ich im Französischen nicht die richtigen Wörter finde, aber insgesamt sind die Spieler sehr offen und wissbegierig. Das hat mir die Aufgabe unheimlich erleichtert und dafür bin ich dankbar. Zudem habe ich ein Trainerteam, das mir hilft, wo es nur geht.

Wie kam es eigentlich zum Engagement mit der Fola?
Der Kontakt wurde über einen Berater und Pascal Welter (Sportdirektor der Fola, d. Red.) hergestellt. Im Januar hatten wir ein erstes Gespräch. Vor allem die nächste Saison war zu diesem Zeitpunkt Thema. Danach ging alles schneller als gedacht.

Bis zuletzt waren Sie Scout beim 1. FC Köln. Was war Ihr Aufgabenbereich?
Ich habe Spieler für die U12 bis zur U19 beobachtet. Deshalb habe ich auch öfter die luxemburgischen Jugendnationalmannschaften gesehen und festgestellt, dass viele Nachwuchsspieler technisch und taktisch gut ausgebildet sind.

Hat sich das Image des luxemburgischen Fußballs in den letzten Jahren in Deutschland verändert?
Ja, sehr. Es hat sich positiv entwickelt. Spätestens seit dem 0:0-Unentschieden der Nationalmannschaft gegen Frankreich hat sich die Wahrnehmung verändert. Auch die guten Ergebnisse der Fola und Niederkorns im Europapokal haben zur Anerkennung beigetragen. Ich denke, dass Belgien ein gutes Vorbild für Luxemburg sein kann. Es ist ein kleines Land, das zurzeit herausragende Jahrgänge hervorbringt. Vielleicht kann Luxemburg irgendwann einmal ein kleines Belgien werden.

Können Sie durch ihre Scouting-Fähigkeiten Ihre mangelnde Erfahrung wettmachen?
Ich habe bereits sehr früh viel aufgesaugt, als mein Vater Trainer in der Oberliga war. Zudem habe ich von jedem Trainer, den ich als Spieler hatte, etwas mitgenommen. Ich habe im Training die Übungen immer in Frage gestellt. Ich wollte immer wissen, warum wir etwas gemacht haben. Deshalb war ich bereits sehr früh in dieser Trainerschiene drin. Außerdem hat es nichts mit Erfahrung zu tun, ob man auf dem Platz etwas sieht oder nicht.

Fola-Präsident Mauro Mariani nannte Sie während Ihrer Vorstellung den „lokalen Nagelsmann“. Was löst das in Ihnen aus?
Es ehrt mich, mit Julian Nagelsmann verglichen zu werden. Die jüngere deutsche Trainergeneration um ihn, Domenico Tedesco und auch Thomas Tuchel ist gut ausgebildet und hat eigene Ideen.

Man spricht oft von Konzepttrainern. Zählen Sie sich zu dieser Kategorie?
Über diesen Ausdruck bin ich geteilter Meinung. Es ist wichtig, ein Konzept zu haben, das man der Mannschaft vermittelt. Aber: Im Fußball sind Zweikämpfe, Disziplin und Respekt entscheidend, um etwas zu erreichen. Wenn diese Parameter nicht stimmen, dann hilft auch ein Konzept nicht. Die Quintessenz ist, dass die Leidenschaft stimmt.

Ihr Vater ist Scout beim 1. FC Nürnberg. Wird die Fola in Zukunft von diesem Netzwerk profitieren können?
Zunächst einmal habe ich davon profitiert. Mein Vater ist zuständig für Frankreich, Belgien, Luxemburg und die südwestlichen Regionen in Deutschland. Er kannte viele Spieler aus Luxemburg besser als ich. Ein großes Netzwerk ist sehr wichtig und die Zukunft wird zeigen, ob die Fola von den Kenntnissen meines Vaters profitieren kann.


Steckbrief:

Name: Thomas Klasen
Geboren am 16.9.1983
Nationalität: Deutscher
Stationen als Aktiver: 1. FC Kaiserslautern, TuS Mayen, Eintracht Trier, 1. FC Kaiserslautern II, Kickers Emden,
SV Elversberg, TuS Koblenz, FC Karbach (alle D)
Stationen als Trainer: FC Karbach (spielender Co-Trainer), Fola Esch (seit 5.2.2018)