Basketball: Gérard Kraus schenkt den Red Miners Käldall Hoffnung

Basketball: Gérard Kraus schenkt den Red Miners Käldall Hoffnung

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Der Fall der Red Miners Käldall beschäftigte zu Beginn des Jahres die luxemburgische Basketballwelt, denn der traditionsreiche Klub stand kurz vor dem Aus. Eine Situation, die Gérard Kraus nicht einfach so hinnehmen wollte. Am Dienstag will er bei einem außerordentlichen Kongress das Amt des Präsidenten übernehmen und somit versuchen, einen Neustart zu lancieren.

Mit dem Namen Gérard Kraus können wohl die wenigsten im luxemburgischen Basketball auf Anhieb etwas anfangen. In den letzten Jahren stand der Vater von zwei Töchtern vielmehr als Präsident der „Science Fiction & Fantasy Society“ im Fokus der Öffentlichkeit, denn diese organisiert die in Luxemburg inzwischen bestens bekannte Luxcon – ein Festival für Science-Fiction- und Fantasy-Liebhaber.

Doch nicht nur Comicbücher und Videospiele standen bei Kraus in seiner Jugend auf dem Programm, auch der orangefarbene Ball spielte eine bedeutende Rolle, wie er verrät: „Ende der 80er-Jahre habe ich in Kayl angefangen, Basketball zu spielen. Das war das erste Mal, dass ich so richtig am Vereinsleben teilnahm. Mein Vater hat davor ebenfalls gespielt. Auch an der Universität in Wales war ich noch aktiv. Eigentlich war ich erst gezwungen, aufzuhören, als ich mit dem Referendariat angefangen habe, da war es zeitlich nicht mehr möglich, alles unter einen Hut zu bekommen.“

Basketball und die Leidenschaft für die englische Sprache

Es war dann auch der Basketball, der seine Leidenschaft für die englische Sprache weckte: „Bereits in der sechsten Klasse habe ich mich mit den amerikanischen Basketballspielern unterhalten, denn wir hatten sie immer bei uns im Haus. Meine Eltern hatten unsere alte Wohnung an den Basketballverein vermietet und dort waren die Profispieler untergebracht. Sie kamen eigentlich jeden Mittag zu uns zum Essen und so hat man sich dann eben unterhalten. Die Pasta meiner Mutter war hier im Land bei den US-Spielern sogar richtig bekannt.“

Und in den 90er-Jahren boten sich dann auch noch ganz andere Vorteile, wie Kraus lachend hinzufügt: „Zu dieser Zeit haben die Eltern der Spieler, wenn sie zu Besuch kamen, Videokassetten mit z.B. den aktuellen Folgen der Simpsons mitgebracht. Das war natürlich etwas ganz Neues, denn bei uns liefen diese erst zwei bis drei Jahre später im Fernsehen und dann auch nicht im Originalton. Das war bestimmt einer der entscheidenden Punkte, warum ich heute Englisch unterrichte“ – was Kraus zurzeit im Lycée Belval tut.

Und es ist auch diese Verbundenheit mit dem Kayler Basketball, die ihn schlussendlich dazu bewog, etwas zu unternehmen, damit diese Sportart im Käldall erhalten bleibt: „Es wäre schade, wenn hier kein Basketball mehr gespielt werden würde, denn der aktuelle Verein entstand ja immerhin aus dem zweitältesten des Landes. Ich wollte nicht, dass dieser einfach verschwindet, ohne dass wirklich etwas unternommen wurde.“

Geschichten, die einem die Haare zu Berge stehen lassen

Dass es jedoch gar nicht so einfach ist, an Informationen zu gelangen, wie es tatsächlich um die Red Miners bestellt ist, musste auch der mögliche neue Präsident erfahren, der laut eigener Aussage in den letzten Wochen in der Rolle eines „Sportforensikers“ unterwegs war und dabei so einiges herausgefunden hat, was ihm doch die Haare zu Berge stehen lässt: „Das sind wirklich Horrorgeschichten, von denen man sich denkt, es könne nicht möglich sein. Fakt ist, dass immer mehr Leute aus dem Vorstand abgesprungen sind und dieser dann den eigenen Statuten nach in einer gewissen Illegalität geführt wurde. Man kann sagen, dass schlussendlich auch niemand mehr Verantwortung übernehmen wollte. So ist eine Forfait-Niederlage der zweiten Mannschaft z.B. darauf zurückzuführen, dass ein Spiel einfach nicht verlegt wurde, obwohl die Spieler das schon Monate im Voraus beim Vorstand beantragt hatten. Bei Nachfragen bekamen diese Spieler dann nur unverschämte E-Mails zurück.“

Doch obwohl er bis jetzt bereits einige Puzzleteile zusammenfügen konnte, fehlt Kraus noch immer der Zugang zu Dokumenten des letzten Jahres. Mit Gilles Zanetti, der beim Basketballverband FLBB derzeit noch als Präsident geführt wird, hat er bisher noch nicht gesprochen. Dieser soll jedoch eine ganze Tüte mit Unterlagen besitzen, die für das neue Team, das am Dienstag übernehmen möchte, nicht unwesentlich sind. Denn über noch offenstehende Verträge weiß man gar nichts. Das Postfach wurde seit Wochen ebenfalls nicht geleert.

Genauso wenig wie an diese Briefe kommt Kraus auch an das Bankkonto heran. Was einen hier erwartet, ist momentan der heikelste Punkt: „Genau deswegen zögern noch einige Leute, sich zu engagieren. Sie würden schon gerne etwas machen, aber verständlicherweise wollen sie nicht mit Tausenden Euro im Minus beginnen und ackern, um die Dummheiten von anderen wieder rückgängig zu machen.“

Dass der Klub wohl illegal geführt wurde, könnte Kraus und seinem Team am Ende sogar zugute kommen, denn der Schutz, den eine ASBL – ein Verein ohne Gewinnzweck – genießt, dürfte dadurch verloren gegangen sein, wodurch der ehemalige Vorstand dann auch Verantwortung übernehmen müsste. Ein Hoffnungsschimmer, denn so könnte der Verein ohne einen zu großen Schuldenberg den Neustart wagen. Kraus stellt sich allerdings immer noch die Frage, worum es den Leuten im alten Vorstand eigentlich ging: „Der ‚Esprit des Ehrenamts‘ war nicht vorhanden, eine Identifikation mit dem Verein auch nicht, sie wollten nicht einmal, dass im Klub einfach nur Basketball gespielt wird. War es vielleicht zu Status-Zwecken, wer weiß?“

Jugendarbeit fördern

Sollte am Dienstag alles nach Plan verlaufen, dann will Kraus zuerst wieder Struktur in den Klub bringen. Prioritäres Ziel soll dabei die Jugendarbeit genießen – die zurzeit komplett auf Eis liegt. Einige Trainer haben den Klub samt Kindern sogar in Richtung der Nachbarvereine verlassen. So will Kraus auch Sicherheiten schaffen und Jugendtrainer aktivieren – vor allem Marc Wagner, der sich zuvor um diesen Bereich gekümmert hat, aber abgesprungen ist, weil er nicht einmal wusste, ob es überhaupt noch eine Versicherung gibt.

Zudem will Kraus wieder eine Identifikation mit dem Verein schaffen und da ist die Präsenz an den traditionellen Terminen in der Gemeinde unabdinglich: „Zum Beispiel wollen wir wieder die Tradition des gebackenen Fisches an Karfreitag übernehmen, das wurde schon immer vom Kayler Basketball gestemmt, dort ist der ganze Verein zusammengekommen. Die Identifikation mit der Gemeinde und dem Kayler Basketball hat beim alten Vorstand wohl auch gefehlt. Von den Einwohnern werde ich oft gefragt, wer diese Leute eigentlich waren. Wir haben meiner Meinung nach nur eine Chance, den Reboot zu schaffen, wenn wir genau auf diesen familiären Aspekt setzen.“

Das engagierte Team, das durch einen Aufruf über die sozialen Netzwerke zusammengekommen ist, würde sich darüber freuen, wenn die Kayler beim außerordentlichen Kongress am Dienstag Präsenz zeigen würden: „Es reicht, wenn man sagt, ich nehme mir Zeit, ich setze mich in die Generalversammlung, denn der Kayler Basketball ist mir wichtig. Es geht nicht darum, unbedingt die Hand zu heben und im Vorstand mitzumachen, obwohl diese Leute natürlich willkommen sind. So wie auch Menschen, die uns in irgendeiner Form des ‚bénévolat‘ unterstützen wollen.“

Und so klingelt bei Gérard Kraus schon jetzt immer dann das Telefon, wenn es um den Kayler Basketball geht und wenn alles wie geplant verläuft, dann dürfte dies ab Dienstagabend noch häufiger der Fall sein.


Was war passiert?

Im Dezember trat die erste Herrenmannschaft der Red Miners Käldall zum dritten Mal nicht zu einer Meisterschaftspartie an und wurde so aus dem Spielbetrieb der Nationale 2 – der zweithöchsten Liga – ausgeschlossen. Dies löste eine Welle an Vorwürfen aus, die zeigten, wie schlecht es um den Verein bestellt war: Ein Präsident, der nicht mehr zu erreichen war und über den kaum jemand etwas wusste. Spieler und Trainer, die nicht informiert und auch nicht bezahlt wurden. Auch einen Einblick in die finanzielle Situation gab es nicht. Der Fusionsverein, der aus den traditionsreichen Kayler Klubs Black Boys und Roude Léiw entstanden ist, stand vor dem Kollaps.

Am 15. Januar kam es schließlich zu einem Treffen zwischen dem Basketballverband FLBB und der Gemeinde Kayl, in dem sich Gérard Kraus bereit erklärte, das Heft zukünftig in die Hand zu nehmen. Zudem wurde eine Informationsversammlung mit einem integrierten außerordentlichen Kongress ausgerufen. Diese findet am Dienstag um 19.30 Uhr in der Tetinger „Schungfabrik“ statt.