So sieht der ehemalige Europameister seine Sportart

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Badmintonspieler Marc Zwiebler war am Wochenende anlässlich des Allstar Games in Luxemburg zu Gast. Das Tageblatt hat die Gelegenheit genutzt, um sich mit dem Europameister zu unterhalten. Der 33-Jährige aus Bonn, der es als einer der wenigen Europäer in die Top 10 der Weltrangliste schaffte (2013), geht auf interessante Punkte seiner Sportart ein.

Wie hat es dir heute Abend in Differdingen gefallen?
Mark Zwiebler: Sehr gut, es hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Auch die Tatsache, dass wir jungen Talenten aus Luxemburg eine Freude machen konnten, hat mich begeistert.

Wie und wann bist du zum Badmintonsport gekommen?
Meine Eltern, Eva-Maria und Karl-Heinz Zwiebler, waren beide exzellente Badmintonspieler, die auch in der deutschen Nationalmannschaft standen. Somit wuchs ich quasi in der Sporthalle auf. Ich spielte allerdings als Kind auch Fußball, beim SV Beuel 06, merkte aber mit elf, zwölf Jahren, dass ich mich für eine Sportart entscheiden muss. Ich war im Badminton schon früh relativ talentiert, außerdem halfen mir meine Eltern natürlich sehr viel.

Wann bist du nach Saarbrücken gegangen?
Das war nach meinem Schulabschluss, also mit 19 Jahren. In Saarbrücken am Olympiastützpunkt trainieren die besten Badmintonspieler unter hervorragenden Bedingungen. Dort konnte ich mich schnell weiterentwickeln und meinen Traum vom „Badmintonprofi“ verwirklichen. Zusätzlich konnte ich Betriebswirtschaftslehre studieren.

Du warst mehrfach deutscher Landesmeister im Herreneinzel. Warst du auch in den Jugendklassen schon erfolgreich? Und in welchen Disziplinen?
Ich war insgesamt neunmal deutscher Landesmeister, 2016 Vizemeister im gemischten Doppel. In der Jugend gewann ich ebenfalls etliche Meistertitel und auch den EM-Titel 2003 in Esbjerg. Das Einzel war immer und ist auch heute noch meine Paradedisziplin. Die Krönung war natürlich der EM-Titel 2012 in Karlskrona in Schweden und im darauffolgenden Jahr der EM-Titel mit der Nationalmannschaft.

Wie oft trainierst du in der Woche?
Als Profispieler absolviert man praktisch eine komplette Arbeitswoche. Neben dem „normalen“ Training besucht man den Kraftraum, man baut etwas Lauftraining mit ein, das Mentaltraining wird immer wichtiger und das „Erholungstraining“ mit z.B. Massagen darf auch nicht fehlen.

Der Sport in den Ländern, in denen die Schere zwischen Arm und Reich viel weiter auseinander geht als bei uns, eine Gelegenheit für die Ärmsten, auszubrechen und den sozialen Aufstieg zu schaffen

Was ist aus deiner Sicht die Hauptursache dafür, dass asiatische Spieler den Europäern immer noch voraus sind?
Erstens ist das Potenzial durch die Bevölkerungszahlen natürlich enorm. Allein in China leben 1,3 Milliarden Menschen. Zweitens ist der Sport in diesen Ländern, wo die Schere zwischen Arm und Reich viel weiter auseinander geht als bei uns, eine Gelegenheit für die Ärmsten, auszubrechen und den sozialen Aufstieg zu schaffen. Während besonders in Westeuropa eigentlich jeder die Möglichkeit bekommt, sich über die Schule sowie einen Beruf aus einer prekären Lage zu befreien, ist dies in China, Indien, Indonesien usw. längst nicht der Fall. Allerdings liegt es auch in unserer Auffassung, sich über das Studium eine Sicherheit zu schaffen, sodass man sich nie hundertprozentig nur auf den Badmintonsport konzentriert. Vielleicht kann sich dies ändern, wenn mehr Geld in unseren Sport fließt. Zurzeit können in Europa nur die wenigsten mit den Einnahmen vom Badmintonsport ihr Leben gestalten. In Dänemark und England deutet sich zurzeit in diesem Sinne ein Wandel an, doch es wird wahrscheinlich ein langwieriger Prozess.

Wer waren deine besten Trainer?
Ich habe von jedem Trainer etwas gelernt und möchte wirklich niemanden herausheben. Es gibt verschiedene Phasen im Sportlerleben, einmal brauchst Du jemanden für das Taktische, einmal eher für das Körperliche oder manchmal für das Mentale. Jeder ist auf seine Art wichtig.

Du hast dich entschieden, nunmehr deinem Beruf nachzugehen und im Badminton etwas kürzerzutreten?
Das stimmt. Ich bin vor fünf Monaten nach Bonn zurückgekehrt, wo ich als Unternehmensberater im Bereich Human Resources arbeite. Ich will die Profijahre keineswegs missen, es war eine wunderschöne Zeit. Doch inzwischen nimmt die
Zahl der Turniere ständig zu, ich habe in den letzten Jahren viel Zeit in Hotels verbracht, war teilweise fünf, sechs Monate in Asien. Irgendwann wirst du müde, jetzt beginnt ein „neues“ Leben, auf das ich mich sehr freue.

Bekommt man bei Turnieren eigentlich etwas vom Leben in den jeweiligen Ländern mit?
Natürlich ist man auf das Turnier fokussiert. Doch abends sitzt man zusammen, geht zum Essen, besucht vielleicht noch die jeweilige Stadt und so erfährt man manches über die Menschen in fremden Ländern. Für meinen Teil kann ich sagen, dass ich inzwischen viele Freunde rund um den Erdball gefunden habe, da lädt man sich dann schon mal gegenseitig zu Hochzeiten oder Geburtstagen ein, was dann wiederum eine Möglichkeit ist, fremde Kulturen kennenzulernen.

Du spielst nicht mehr international, läufst aber noch für den BC Bonn-Beuel auf?
Eigentlich wollte ich nicht mehr jedes Spiel bestreiten. Doch nach dem tragischen Tod unserer Nummer 2 (Red.: Erik Meijs starb im November 2017 bei einem Autounfall) wollte ich meinen Heimatverein aber keineswegs im Stich lassen. Aktuell läuft es gut, wir stehen auf Platz 2 der BuLi-Tabelle knapp hinter Saarbrücken-Bischmisheim.