Schwieriges Puzzle

Schwieriges Puzzle
Die Präsidentin der Schulsportkommission des COSL im Interview.

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Coryse Simon ist Präsidentin der Schulsportkommission des COSL. Im Tageblatt-Interview erklärt sie, was sich in den letzten Jahren getan hat und welche Hürden es noch zu bewältigen gibt.

Coryse Simon ist Präsidentin der Schulsportkommission des COSL. Im Tageblatt-Interview erklärt sie, was sich in den letzten Jahren getan hat und welche Hürden es noch zu bewältigen gibt.

Coryse Simon-Junius hat eigentlich nicht den typischen Werdegang hinter sich, um im Vorstand des Nationalen Olympischen Komitees zu landen. Die ehemalige Französischlehrerin und stellvertretende Direktorin des LGL hat keine aktive sportliche Laufbahn hinter sich. Doch das „Lycée de garçons Luxembourg“, eine der ersten Schulen, die vor Jahren das „horaire aménagé“ eingeführt hatten, war damals eine Art Vorreiter des Sportlycée. Viele Nachwuchssportler entschieden sich für das LGL. Coryse Simon hat sie begleitet und dafür gesorgt, dass sie Schule und Sport bestmöglich kombinieren konnten. Nun versucht sie, gemeinsam mit den Mitgliedern der Schulsportkommission des COSL positive Impulse für die Entwicklung des Schulsports zu geben. Mit dem Tageblatt hat sie sich über das schwierige Thema Schulsport unterhalten.

Tageblatt: Was macht den Schulsport Ihrer Meinung nach aus?
Coryse Simon: Der Schulsport ist – wie es übrigens auch im Sportgesetz festgehalten ist – einzigartig in der Sportwelt. Er betrifft nämlich jeden Einzelnen von uns, ob man nun will oder nicht. Der Schulsport ist also Pflicht für jeden, was meiner Meinung nach sehr wichtig ist, um Akzente für die Zukunft setzen zu können.

Worin besteht die Arbeit der Schulsportkommission des COSL?
Unsere Aufgabe ist es, den Schulsport zu fördern und zu unterstützen. Wir als Kommission haben eine beratende Funktion, das letzte Wort hat immer noch das Erziehungsministerium, mit dem wir uns mindestens zweimal im Jahr austauschen. Die Kommission als solche hat drei bis vier Sitzungen pro Jahr. Doch wichtiger als unsere regelmäßigen Versammlungen ist die konkrete Arbeit im Alltag. Dadurch, dass wir uns um einen Tisch versammeln und über die Probleme des Schulsports reden, kommen wir nicht wirklich voran. Die Probleme sind jedem klar: zu wenig Zeit, mangelnde Infrastruktur usw. Unsere Aufgabe ist es, die verschiedenen Akteure zu versammeln und gemeinsam nach Lösungen und Verbesserungen zu suchen.

Wie zeigt sich diese Zusammenarbeit?
Sie zeigt sich auf verschiedenen Ebenen. Ein Beispiel ist der „Olympiadag“, an dem Vertreter des COSL, des Sportministeriums, der Lasep und viele weitere mitarbeiten. Man kann den Schulsport nicht von den anderen Bereichen, um die sich das „Bureau promotionnel“ (siehe Kader) kümmert, ausklammern. Das ist ein Ganzes, und deswegen ist es so wichtig, dass die verschiedenen Akteure zusammenarbeiten. Es geht darum, den jungen Leuten Spaß an der Bewegung, am Sport zu vermitteln.

Der Schulsport hatte und hat einen schweren Stand. Sehen Sie eine Entwicklung in den letzten Jahren?
Meiner Meinung nach schon. Es wurden in den letzten Jahren breite Diskussionen darüber geführt, was zum einen der Verdienst der Presse ist, die sich für das Thema interessiert, zum anderen aber auch jener von sämtlichen Akteuren, die sich mit dem Schulsport beschäftigen. Ob das nun die Sportlehrer, das COSL, die Lasep, die Lasel, das Ministerium oder noch andere sind. Dass es der Schulsport in die öffentliche Diskussion geschafft hat, ist jedenfalls begrüßenswert. Allerdings muss man sich auch bewusst sein, dass dies ein Dossier ist, in dem man nur in kleinen Schritten vorankommen kann.

Nachdem der Schulsport im öffentlichen Bewusstsein präsenter ist, wo muss als Nächstes angesetzt werden?
Die Rahmenbedingungen müssen unbedingt verbessert werden. In der Sekundarstufe sind wir auf einem guten Weg, hier gibt es ausschließlich gut qualifiziertes Personal, was in der Grundschule leider noch nicht der Fall ist. Ein anderes Problem ist, dass immer noch zu oft Sportstunden geopfert werden, wenn irgendwelche außergewöhnlichen Veranstaltungen anstehen – nicht in allen Schulen, aber es kommt immer noch vor. Dagegen muss gekämpft werden, denn die Sportstunden sind ohnehin schon recht kurz. Wenn ich von Rahmenbedingungen rede, meine ich aber auch die Sportinfrastruktur. Wie viele Gemeinden haben noch kein Schwimmbad, wie viel Zeit geht durch den Schülertransport verloren?

2016 hat die APEP, die Vereinigung der Sportlehrer, in einem offenen Brief an Sportminister Romain Schneider nicht mit Kritik gespart. Hat sich seitdem etwas verändert?
Auch in diesem Brief waren die Kritikpunkte wieder die gleichen: Infrastruktur, Zeitmangel, Personal. Diese Probleme sind nicht so leicht zu lösen. Die Schulstunden sind kurz und mit dem Weg bis in die Sporthalle und dem Umziehen bleibt nicht mehr viel Zeit übrig. Das sind einfach Tatsachen, die nicht so schnell zu ändern sind. Ich denke schon, dass sich am Stellenwert des Schulsports etwas getan hat, und diesen Weg müssen wir weitergehen. Dass auch die Lehrer, die keine Sportlehrer sind, verstehen, dass sie nicht einfach so ihre Stunden überziehen können, weil die Klasse im Anschluss ja „nur“ Sport hat. Nein, die Sportstunden sind ebenso wichtig wie alle anderen Fächer in der Schule. Ich denke, dass die Verantwortung in diesem Bereich nicht unbedingt beim Ministerium liegt, sondern eher bei den einzelnen Schulen.

Wäre eine zusätzliche Sportstunde – eine langjährige Forderung der Sportlehrer – ein Teil der Lösung des Problems?
Sicherlich wäre eine zusätzliche Sportstunde begrüßenswert, doch wo soll man die hernehmen? Wie bereits erwähnt: Sämtliche Fächer haben ihre Wichtigkeit und wir sind bei vielen Klassen schon über die 30 Stunden pro Woche hinaus. Eine zweite Sportstunde in den 2e- oder Première-Klassen wäre ideal, aber soll man dafür auf der B-Sektion etwa eine Stunde Mathematik streichen? Man muss den Schülern aber auch noch ihre außerschulischen Aktivitäten lassen. Die einen gehen ihrem Lieblingssport in einem Verein nach, andere haben eher künstlerische Hobbys. Dem muss man auch noch Rechnung tragen.

Beunruhigen Sie der körperliche Zustand und die motorischen Fähigkeiten von einem Großteil der Kinder und Jugendlichen?
Ja natürlich, wenn ich während des „Wibbel an Dribbel“ Kinder sehe, die mit zehn Jahren noch nicht Radfahren können oder Probleme dabei haben, einen Purzelbaum zu schlagen, dann bereitet mir das Sorgen. Allerdings will ich dazu auch sagen, dass der Schulsport diese Probleme nicht allein lösen kann. Hier sind auch die Eltern gefordert. Wenn von zu Hause aus keine Bewegungsfreude vermittelt wird, dann wird es richtig schwer. Ich bin sehr erfreut darüber, dass mittlerweile auch das Personal aus den „Maisons relais“ stärker in die Arbeitsgruppen einbezogen wird, wenngleich hier noch sehr viel zu tun bleibt. Die Problematik ist immer die gleiche: In einigen Gemeinden funktioniert es ganz gut, in anderen nicht. Es ist wie ein Puzzle, das sehr schwer zusammenzufügen ist.

Wie sehen Sie in dem Zusammenhang das Konzept der Bewegten Schule?
Auch hier gilt: Eine sehr gute Initiative, die allerdings viel zu punktuell umgesetzt wird. Wenn man solche Projekte ins Leben ruft, muss man versuchen, sie möglichst breit zu fächern. Das ist nicht immer einfach, denn um ein solches Konzept umzusetzen, braucht man bewegungsfreundliche Klassenräume, schöne Schulhöfe usw. Positiv zu bewerten ist, dass das Bewusstsein durch solche Projekte weiter gefördert wird und dass sich die Leute verstärkt mit der Problematik auseinandersetzen.


Das „Bureau promotionnel“

Das „Bureau promotionnel“ des COSL, zu dem auch der Schulsport gehört, widmet sich mit dem Sport im weiteren Sinne. Während sich die anderen „Bureaus“ des COSL eher mit dem Spitzensport beschäftigen, setzt sich das „Bureau promotionnel“ unter anderem für den Schul-, Breiten- und Freizeitsport ein. Zu den größeren Aktivitäten, die in den Bereich des „Bureau promotionnel“ fallen, gehören das „Spillfest“, der „Olympiadag“ sowie sämtliche Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Behindertensport (z.B. Special Olympics) stehen. Hier geht es also nicht um Spitzenathleten, sondern ausschließlich um die Bereiche des Sports, die die breite Öffentlichkeit betreffen. In der Schulsportkommission sitzen neben dem COSL noch Vertreter der Sportlehrer, der Lasep, der Lasel sowie der „Maisons relais“ und des Ministeriums.