Bei den European Games haben sich für Luxemburg alle Erwartungen übertroffen

Bei den European Games haben sich für Luxemburg alle Erwartungen übertroffen

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Die zweite Auflage der European Games endete am Montagabend (1.7.) in Minsk mit den letzten Wettbewerben. Die Luxemburger Delegation übertraf mit drei Medaillen und einer Olympia-Qualifikation die Erwartungen. Aber auch die weißrussischen Organisatoren zogen sich sehr gut aus der Affäre.

3 Fragen an …
… Heinz Thews, COSL-Sportdirektor und „Chef de mission“ in Minsk

Wie fällt Ihre sportliche Bilanz nach den Europaspielen in Minsk aus?
Das Gesamtergebnis ist hervorragend. Wir hatten auf eine Medaille gehofft und haben drei und ein Olympia-Ticket bekommen. Die Erwartungen wurden bei weitem übertroffen. Die Athleten waren topfit und haben in den wichtigen Momenten das Richtige gemacht und gezeigt, dass sie mit der Elite mithalten können. Die jüngeren Sportler haben in den Wettkämpfen Erfahrung gesammelt und gezeigt, dass sie bestehen können. Robert hat zwar im Badminton alle seine drei Gruppenspiele verloren, aber gekämpft wie ein Löwe.

Gab es auch Enttäuschungen für Sie?
Das Wort Enttäuschung ist zu stark. Einige Athleten haben nicht die Ergebnisse erzielt, die wir uns erhofft hatten und sie sich selbst vorgestellt hatten. Christine Majerus hatte im Zeitfahren einen Reifenplatten und im Straßenrennen hat sich der Sprint zu ihren Ungunsten verschoben. Aber das gehört eben auch zu den Wettkämpfen dazu.

Wie sehen Sie die Zukunft des Formats European Games nach dieser zweiten Ausgabe?
Die Europaspiele in Minsk waren insgesamt gesehen eine Top-Veranstaltung. Es hat sich jedoch sehr deutlich gezeigt, dass in den Wettbewerben eine Verbindung zu den Olympischen Spielen bestehen muss. Wenn es Olympia-Tickets zu gewinnen gibt, dann kommen auch die Top-Athleten. Das muss die Idee der European Games sein und trägt auch zur Attraktivität des Events bei. Das zweite wichtige Element sind die Kernsportarten wie Schwimmen oder Leichtathletik. Diese müssen in Zukunft eingebunden werden. Das wäre ein unheimlicher Gewinn für die Veranstaltung. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie viel der EOC in die Spiele noch investieren will und ab wann sie sich einen Gewinn von diesem Format erwarten. del

DIE SPORTLICHE BILANZ

Luxemburg landete unter 50 Nationen im Medaillenspiegel auf dem 38. Platz. Vor vier Jahren bei der ersten Ausgabe der European Games in Baku ging die COSL-Delegation leer aus. Zweimal Bronze (Ni Xia Lian im Tischtennis und Jenny Warling im Karate) sowie einmal Silber (Gilley Seywert im Compound-Bogenschießen) brachten die Luxemburger mit nach Hause. Vor allem die Podiumsplätze von Ni und Seywert waren so nicht zu erwarten gewesen. Die Tischtennis-Spielerin schaffte es zudem, sich zum fünften Mal für die Olympischen Spiele zu qualifizieren und schaltete auf dem Weg ins Halbfinale u.a. die europäische Nummer eins Bernadette Szöcs (Rumänien) aus. In allen drei Disziplinen, in denen die Luxemburger erfolgreich waren, trat Europas Elite an, was den Medaillen noch mehr Wert verlieh.

Vor allem mit sich selbst haderte Radsportlerin und Medaillenhoffnung Christine Majerus, die im finalen Sprint den Anschluss verlor (Platz 13) und im Zeitfahren vom Pech verfolgt wurde (Platz 25 nach einem Reifenschaden).

Nach EM-Bronze 2018 hätte das Bogenschützen-Recurve-Team auch in Minsk einen Coup landen können. In der Runde der letzten 16 Mannschaften trafen Jeff Henckels, Joé und Pit Klein jedoch auf den späteren Sieger Frankreich und scheiterten knapp mit einer 4:5-Niederlage.

DIE NEULINGE

Für Boxer Michel Erpelding, Turnerin Céleste Mordenti und Badminton-Spieler Robert Mann war eine solches Groß-Event Neuland. Ihre Voraussetzungen waren jedoch grundverschieden. Während Erpelding (24 Jahre alt) und Mordenti (16) erst am Anfang ihrer Karriere stehen, kämpft Mann um seine letzte Chance, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Erpelding hatte in Minsk einen schweren Stand und hatte in der ersten Runde keine Chance gegen den Georgier Nikolz Begadze (0:5-Niederlage). Trotzdem glauben der Boxer, der in Belfast trainiert, und sein Coach Gerry Storey weiterhin daran, dass ein Ticket für Tokio 2020 im Bereich des Machbaren ist. Um dies zu erreichen, muss sich Erpelding jedoch in Zukunft stärkerer internationaler Konkurrenz stellen.
Mordenti bestätigte ihre gute Leistung von der Turn-EM im vergangenen Sommer. Sie bewahrte die Ruhe trotz der hohen Zuschauerzahl in Minsk und verbesserte sich im Vergleich zur Europameisterschaft. Als 29. unter 41 Turnerinnen schloss sie den Wettbewerb mit einer guten Leistung ab.

DIE ORGANISATION

Die Spiele in Weißrussland wurden vor dem Start sehr kritisch beäugt. Zum zweiten Mal nach Aserbaidschan 2015 fanden die European Games in einem Land statt, das nicht für demokratische Werte steht, wo teilweise Menschenrechte missachtet werden und in dem Präsident Alexander Lukaschenko wie ein Diktator regiert. Die Spiele wurden ohne Zweifel dafür missbraucht, das Image des Landes aufzupolieren. Anders als Katar jedoch konnten die Weißrussen auch durch menschliche Werte überzeugen. Die Tausenden Volunteers – vor allem Studenten der staatlichen Universitäten – kümmerten sich vorbildlich um ihre Gäste und waren in ihrer Hilfsbereitschaft kaum zu übertreffen. In der Stadt herrschte Aufbruchstimmung. Die Jugend tanzte auf den Straßen und schien den internationalen Wind zu genießen.

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Die zwölf Austragungsorte riefen bei den Sportlern Begeisterung hervor. Minsk ist eine Sportstadt und die Einwohner Weißrusslands sind sportbegeistert. Nur selten waren die Tribünen nicht gut gefüllt. Vor allem zu den Kampfsportarten, dem Turnen oder der Leichtathletik kamen die Zuschauer in Scharen. Die Organisation hatte olympisches Niveau. Fast nie kam es zu Verspätungen im Programm, die Transporte zwischen den verschiedenen Austragungsorten funktionierten und für Unterhaltung für die Zuschauer war rund um die Uhr gesorgt. Die 30.000 erwarteten Touristen kamen jedoch augenscheinlich nicht nach Minsk. Die European Games haben noch immer nicht die gewünschte Anziehungskraft. 2023 wird das Format in Krakau ausgetragen werden, das westlicher als Baku und Minsk liegt. In Polen wird man sehen, ob der Funke endlich überspringt.

DIE ZUKUNFT

Die Attraktivität eines Wettbewerbs wird an dessen Wichtigkeit gemessen. In Minsk gab es teilweise große Diskrepanzen. In den Tischtennis-Wettbewerben war beispielsweise die europäische Elite vertreten, weil es um Tickets für die Olympischen Spiele ging. In anderen top besetzten Wettbewerben ging es um wichtige Weltranglistenpunkte. Im Radrennen beispielsweise ging es lediglich um wenige UCI-Punkte (15 für den Sieger bei den Herren, 40 bei den Frauen), weshalb bei den Männern die Aushängeschilder fehlten.

Die Organisatoren von Krakau 2023 müssen es hinbekommen, diese Wettbewerbe attraktiver zu gestalten und zudem die sogenannten Core-Sportarten, die Zuschauer anziehen, an Bord zu bekommen. Nur dann können die European Games in Zukunft ein Erfolg werden und die gleiche Popularität wie die Kontinental-Spiele in Asien, Afrika oder Amerika erhalten.