Wundersud aus dem Kupferkessel

Wundersud aus dem Kupferkessel

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Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Ausgerechnet das Fleisch- und Grill-Eldorado Serbien wartet mit einem der schmackhaftesten Fischgerichte des Kontinents auf. In den Wirtshäusern am Ufer der Donau mundet der Fischeintopf der legendären „riblja corba“ in Belgrad am besten.

Ein köstlicher Duft durchzieht die kleine, aber blitzsaubere Küche auf den leicht schwankenden Bohlen des Belgrader Fischrestaurants „Pasa“. Eine gute „riblja corba“, wörtlich übersetzt „Fischsuppe“, müsse vor allem aus Fisch bestehen, doziert Koch Marko Madzanovic, während er fachmännisch den rotbraun brodelnden Sud auf seinem Herd beäugt: „Je weniger Zwiebeln und Knoblauch, desto stärker ist der Fischgeschmack.“ Für täglich 20 bis 30 Liter des nahrhaften Elixiers benötige er 20 bis 23 Kilogramm Fisch: „Darum ist die corba auch so dickflüssig: Bei uns kommt mehr Fisch als Wasser in den Kessel!“

Immer der Nase nach

Zum Fischeintopf der legendären riblja corba gelange man am besten wie folgt, empfiehlt der Schriftsteller Dusko Radovic: „Gehe in das Zentrum von Zemun – und folge dann gemächlich dem Duft der corba.“ Tatsächlich mundet der feurige Fischzauber in den treibenden Wirtshäusern und kleinen Fischrestaurants am Ufer der Donau in Belgrad am besten: Die größte Auswahl findet sich im Norden der Millionenstadt, im behaglichen, einst habsburgischen Vorort Zemun (Semlin).

Auch wenn laut serbischer Anglerlegende sich die schmackhafteste corba mit selbstgefangenen Fisch, Flusswasser und in einem Kessel über offenen Holzfeuern am Ufer brauen lasse, können sich die Gäste getrost den Kochkünsten der heimischen Gastronomen anvertrauen. Zwar landen für den pikanten Fischsud alle erdenklichen Schuppentiere, aber keineswegs das Wasser aus Donau, Save und Theiß in den unermüdlich köchelnden Töpfen.

Mehr als sieben Fischarten

„Willst du mal kosten?“, fragt Madzanovic – und reicht dem Gast einen Löffel mit dem köstlichen Wundersud. Für eine gute corba benötige man „mindestens fünf“, aber am besten sechs, sieben oder mehr verschiedene Fischarten, berichtet der umgängliche Küchenchef. Außer Karpfen und Zander landen meist Barben, Brassen, Giebel, Döbel, aber auch Welse und Störe im Topf.

Keineswegs sollte man den Fischeintopf hingegen mit Mehl oder Kartoffeln anzudicken versuchen, warnt der Küchenmeister. Die Dickflüssigkeit des Eintopfs sei ausschließlich den zuvor passierten Fischen zu verdanken – dem erst am Ende des fast vierstündigen Garens noch etwas Karpfenstücke als zusätzliche Fischeinlage beigefügt würden. Manche Restaurants würden mehr Gemüse verwenden, weil das billiger sei: „Aber das verändert den Geschmack – und ist dann keine echte riblja corba mehr.“

Gerade in der Fastenzeit beliebt

Doch es sind nicht nur die Zwiebel- und Knoblauchbeigaben, sondern vor allem Serbiens grob gemahlene Paprika, die dem oft in kleinen Kupferkesseln servierten Sud die pikante Note verleiht. Jedes Restaurant in Zemun hat ein eigenes streng gehütetes Rezept. Im „Pasa“ werde der feurige Fischeintopf bereits seit 27 Jahren nach derselben Rezeptur gefertigt, berichtet Madzanovic voller Stolz.

Doch trotz der immergleichen Zutaten – Pfeffer, Salz, Paprika und ein wenig Weißwein – sei der Fischeintopf nie derselbe. Letztendlich seien es die Fische, die den Geschmack bestimmten – und veränderten. Lande mehr Karpfen im Topf, werde dessen „süßes Fleisch“ mit vermehrter Paprikabeigabe kompensiert und der Fischeintopf pikanter: „Mal ist die corba etwas süßer, mal schärfer: Jede ist einzigartig, keine wie die andere.“

„Wer Fisch mag, mag die riblja corba“, sagt der Mann, der es wissen muss. Ob im Winter oder im Sommer – der Fischeintopf sei das ganze Jahr gefragt, besonders jedoch während der wochenlangen Fastenzeiten: „So eine authentische corba wie bei uns gibt es nirgendwo anders. Das ist unsere Spezialität und Tradition, und darum kommen die Leute zu uns.“