Winnetous Silbersee wird zur Kloake

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Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Ob in Albanien, Kroatien oder Montenegro: Um die Stätten des Unesco-Welterbes ist es in Südosteuropa schlecht bestellt. Profitgier, mangelnde Mittel und fahrlässige Gleichgültigkeit bleiben die größte Bedrohung für das Natur- und Kulturerbe auf dem Balkan.

Selbst Winnetou würde in seinem Silbersee nicht mehr baden. Über den Wasserläufen und Kaskaden der Plitvicer Seen, die in den 60er Jahren als Kulisse für zahlreiche Karl-May-Verfilmungen dienten, lastet immer häufiger ein stechender Gestank. Vom „Tod der kroatischen Perle“ berichtet bestürzt die Zeitung 24sata: „Wie wir unser Naturwunder zerstören: Die Plitvicer Seen sind voller Fäkalien.“

Als einer der ersten Naturdenkmäler weltweit wurde der Nationalpark Plitvicer Seen bereits 1979 zum Welterbe der Unesco erklärt. Doch um den ältesten Nationalpark Südosteuropas ist es heute eher traurig bestellt. Es sind nicht nur die ins Karstgestein versichernden Pestizide der Landwirtschaft, die der einzigartigen Seenlandschaft zu schaffen machen: Profitgier und der intensivierte Massentourismus sind für den tristen Zustand des Parks verantwortlich.

Melkkuh der Politik

Die Plitvicer Seen gelten in Kroatien nicht zuletzt als einträgliche Melkkuh der Politik. Um die Einnahmen aus dem Tourismusgeschäft zu erhöhen, wurde 2014 ein Raumordnungsplan verabschiedet, der auch den Bau von Herbergen im Nationalpark erleichtern sollte. Zwar sind seit 2015 die jährlichen Besucherzahlen von 1,3 auf zwei Millionen geklettert. Doch gleichzeitig berichten besorgte Naturschützer und Anwohner über die sich mehrende Zahl illegaler Sickergruben im Park, die Winnetous legendäre Filmjagdgründe allmählich in eine offene Kloake verwandeln. „Große Verdienste, aber der Nationalpark in immer schlechterem Zustand“, titelt ernüchtert das Webportal narod.hr.

Die Unesco hat mehrmals gewarnt, dass die Plitvicer Seen auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes landen könnte. Doch die Mahnungen verschallen ungehört. Es sei „absurd“, dass sich die Erteilung von Baugenehmigungen im Park „noch intensiviert“ habe, klagt der frühere Umweltminister Slaven Dobrovic. Die Plitvicer Seen sind kein Einzelfall: Um die Stätten des Unesco-Welterbes ist es in Südosteuropa schlecht bestellt. Geldgier und Ignoranz bleiben die größten Bedrohungen für das Natur- und Kulturerbe auf dem Balkan.

Besucherzahl begrenzen

Wegen seiner osmanischen Architektur wurde beispielsweise 2005 das südalbanische Bergstädtchen Gjirokastra auf die Unesco-Liste aufgenommen. Doch nicht nur das umstrittene Projekt einer Ringstraße bedroht inzwischen die „Stadt der Steine“. Wegen Verfalls oder illegaler Umbauten seien über die Hälfte der 650 Baudenkmäler der Altstadt bedroht, warnt die europäische Denkmalschutzorganisation „Europa Nostra“: 2018 hat sie Gijrokastra auf ihre Liste der am meisten bedrohten Baudenkmäler des Kontinents gesetzt.

Eher unfreiwillig ist nun auch Kroatiens größter Touristenmagnet in die Schlagzeilen geraten: Der TV-Sender CNN listet das völlig überlaufene Dubrovnik als eines von weltweit zwölf Touristenzielen auf, um die Reisende 2018 lieber einen weiten Bogen schlagen sollten. Tatsächlich hat die Unesco Dubrovnik bereits 2016 ermahnt, die Zahl der Besucher in der bereits seit 1979 zum Welterbe zählenden Altstadt zu begrenzen. Gleichlautende Absichtserklärungen der Stadtväter harren allerdings noch immer auf ihre Umsetzung.

Auch das benachbarte Montenegro erweist sich als eher nachlässiger Hüter seines ihm anvertrauten Welterbes. Über den Zugang der von hohen Bergrücken umsäumten Bucht von Kotor will die Regierung trotz Warnungen der Unesco eine gewaltige Brücke errichten lassen. Die Unesco habe bereits mit der gänzlichen Streichung der Bucht von der Liste des Welterbes gedroht, warnt besorgt Branko Nedovic, der stellvertretende Bürgermeister von Kotor: „Wir müssen die richtige Entscheidung fällen, um uns selbst nicht ins eigene Knie zu schießen.“

Scholnier
28. Januar 2018 - 16.44

Wer " Winnetou's Erbe " mit Füßen tritt, wird merken dass er Geld nicht essen kann.