Vom Marihuana-Gegner zum Verwaltungsrat

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Von unserem Korrespondenten John Dyer

John Boehner hat sich als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses gegen die Legalisierung von Marihuana ausgesprochen. Nun ist er Verwaltungsrat bei einer Marihuana-Firma, auch andere Republikaner steigen dort ein. Die Regierung von Präsident Trump sieht das weniger entspannt.

John Boehner war als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses einer der mächtigsten Männer in den USA. Nun arbeitet er für eine Marihuana-Firma. Damit hat er eine 180-Grad-Wende hingelegt, denn früher hat er sich vehement gegen eine Freigabe von Marihuana ausgesprochen. Boehners Entwicklung verdeutlicht, wie sich die Vorbehalte gegen das Rauschmittel in der größten Volkswirtschaft der Welt zunehmend in Rauch auflösen.

Auch andere Republikaner steigen ein

Im Jahr 2011 sagte Boehner, er sei „unveränderlich gegen“ die Legalisierungskampagnen, die bisher in neun Staaten Marihuana für den Entspannungsgebrauch legalisiert haben. In der Mehrheit der verbleibenden Staaten ist zudem der medizinische Gebrauch entkriminalisiert worden. Am Mittwoch verkündete der Republikaner aus Ohio, der das Repräsentantenhaus zwischen 2011 und 2015 geführt hatte, dass er dem Verwaltungsrat von Acreage Holdings beigetreten ist. „Meine Meinung über Cannabis hat sich weiterentwickelt“, so Boehner auf Twitter. Die Forschung sei wichtig, um Kriegsveteranen zu helfen und die Verbreitung von Opioiden zu bekämpfen.

Acreage Holdings ist eine Investmentgesellschaft mit Sitz in New York City, die Anteile an Marihuana-Firmen, -Farmen und anderen Unternehmen hält. Die Gesellschaft hat erklärt, dass auch der ehemalige Gouverneur von Massachusetts, der Republikaner Bill Weld, dem Verwaltungsrat beitreten werde. „Diese Männer prägen seit Jahrzehnten den politischen Kurs unseres Landes und jetzt werden sie den Kurs dieser entstehenden, aber aufstrebenden Branche mitgestalten“, sagte Kevin Murphy, Geschäftsführer von Acreage Holdings.

Milliardenmarkt wächst

Um legales Marihuana herum ist ein Markt mit einem Umfang von 6,6 Milliarden Dollar (5,3 Milliarden Euro) in den USA entstanden. Es wird erwartet, dass die Summe deutlich ansteigen wird, wenn noch mehr Bundesstaaten Marihuana zu Entspannungszwecken legalisieren. Massachusetts etwa dürfte im Juli den Marihuana-Handel erlauben.

Murphy hat in seiner Erklärung unterstrichen, dass laut Umfragen 94 Prozent der Amerikaner einen breiteren Zugang zu Marihuana begrüßen würden. Seiner Meinung nach profitieren insbesondere Kriegsveteranen, die unter dem posttraumatischen Syndrom leiden, von dem Rauschmittel. Doch Murphy weist auch darauf hin, dass die Bundesregierung Marihuana immer noch als illegale Droge betrachtet. Das führt dazu, dass die meisten Banken kein Geld von Marihuana-Firmen annehmen, die medizinische Forschung nicht vorankommt und das Veteranenministerium, das zahlreiche Krankenhäuser für ehemalige Soldaten betreibt, kein Marihuana verschreibt.

Trump schwächt Obamas Lockerung ab

Donald Trumps Justizminister Jeff Sessions hat kürzlich die Politik der Nichteinmischung in Marihuana-Operationen, die nicht über die Grenzen von Bundesstaaten hinweg laufen, aufgehoben. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte diese eingeführt. Stattdessen hat Sessions den Staatsanwälten gesagt, dass sie Marihuana-Fälle verfolgen können, wenn sie dies wünschen.

Aus der Sicht von Erik Altieri, Exekutivdirektor der Befürwortergruppe National Organization for the Reform of Marijuana Laws, verdeutlicht Boehners Entscheidung, dass sogar Republikaner langsam verstehen, dass die Bundesregierung nicht im Weg stehen sollte. Der zehnte Zusatz der US-Verfassung gibt den Bundesstaaten das Recht, bei Sachverhalten, die nur den Bundesstaat selbst betreffen, eigene Gesetze zu verabschieden – wenn die Bundesregierung über keine entsprechende Rechtsprechung verfügt. Den Bundesstaaten diese Flexibilität einzuräumen, stünde nicht nur in Einklang mit der Unterstützung des Zusatzes durch die Republikaner, sondern auch mit deren neu entdeckter Sympathie für den Populismus, so Altieri.