Vergessen, verfemt – und posthum gefeiert

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Vor der Beerdigung von Rumäniens Ex-König Michael I. schwappt eine Welle der Zuneigung für den lange in Vergessenheit geratenen Monarchen über das Land.

Vor der Beerdigung von Rumäniens Ex-König Michael I. schwappt eine Welle der Zuneigung für den lange in Vergessenheit geratenen Monarchen über das Land. Das Königshaus soll nun auch protokollarisch aufgewertet werden.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Allein die illustren Gäste bei seiner Beerdigung am Samstag werden Rumäniens verstorbenen Ex-König Michael I. (Mihai I.) noch einmal in das Interesse der Weltöffentlichkeit rücken – und der Paparazzi. Vom britischen Prinzen Charles über Spaniens Königin Sophia, Schwedens Prinz Alexander bis zu Abgesandten der fernen Blaublut-Dynastien in Bahrain und Japan reicht die hochadlige Gäste- und Verwandtenschar, die sich am Samstag zur Bestattung des Ex-Regenten in die Kathedrale der Königsfamilie im Karpatenstädtchen Curtea de Arges aufmachen wird.

Welle der Zuneigung

Mit einer Militärmaschine flogen die Gebeine des am 5. Dezember im Schweizer Exil verstorbenen Ex-Monarchen bereits am Mittwoch in Bukarest ein. Live berichteten Rumäniens Fernsehstationen, wie der mit der Königsflagge bedeckte Sarg zur Aufbahrung in das Familienschloss in den 140 Kilometer entfernten Karpatenort Sinaia verfrachtet wurde: Posthum schwimmt der lange in Vergessenheit geratene Ex-Monarch in seiner Heimat auf einer Welle der Zuneigung und Popularität.

Zweimal König

Zwei Mal hatte der 1921 geborene Michael in seiner kurzen Königskarriere den Thron bestiegen. 1927 übernahm er im Alter von fünf Jahren als Nachfolger seines verstorbenen Großvaters bis 1930 kommissarisch das Zepter. Als 19-Jähriger rutschte er 1940 mitten im Zweiten Weltkrieg für seinen zur Abdankung gezwungenen Vater erneut auf den Thron. Sein Verhältnis zum faschistischen Marschall Ion Antonescu galt als gespannt. Als die sowjetische Armee 1944 ihre Offensive gegen Rumänien begann, setzte der Jungkönig den „Conductor“ kurzerhand ab.

Doch der durch den königlichen Staatsstreich erzwungene Frontenwechsel und die späte Kriegserklärung an Deutschland kamen für Rumänien, aber auch für die Königsfamilie zu spät. Die Rote Armee besetzte das Land. Nur kurz vermochte Michael nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch im Amt zu bleiben. Auf Druck Moskaus und Rumäniens neuer kommunistischer Regierung hatte er am 30. Dezember 1947 abzudanken: Im Schweizer Exil bestritt er hernach mit Geflügelzucht sowie als Testpilot und Börsenmakler seinen Lebensunterhalt.

Erst abgeschoben – dann bejubelt

Auch nach dem blutigen Sturz des sozialistischen Diktators Nicolae Ceausescu war der Ex-Monarch bei dessen postkommunistischen Nachfolgern zunächst nicht wohl gelitten. Bei einem ersten Einreiseversuch Ende 1990 wurde Michael nach wenigen Stunden wieder abgeschoben. Als ihm bei seiner zweiten Visite über eine Million Menschen begeistert zujubelten, ließ der damalige Präsident Ion Iliescu dessen erneute Einreise verschreckt verbieten.

In den Folgejahren sollte sich das Verhältnis der Republik zum lange verfemten Ex-Herrscher zwar entspannen. Doch obwohl die Königsfamilie den Großteil ihrer Liegenschaften und Schlösser im Schätzwert von 180 Millionen Euro (210 Millionen Franken) zurückerhielt, verunglimpfte der damalige Präsident Traian Basescu den Ex-König noch 2011 als „Russenknecht“ und „Verräter“, der mitschuldig am Holocaust an Rumäniens Juden sei.

Königshaus wird aufgewertet

Doch spätestens seit seinem Tod kann sich der Ex-König der Wertschätzung selbst früherer Gegner sicher sein. Mihai I. sei seinen Pflichten „stets ehrenhaft“ nachgekommen, obwohl sein Leben „weder leicht noch einfach“ gewesen sei, preist ihn heute Ex-Präsident Iliescu. Der Ex-König habe „mit großen Lettern“ Geschichte geschrieben, würdigt ihn Staatschef Klaus Johannis. Auch als Anerkennung der Verdienste des Ex-Monarchen soll der Kopf des Könighauses künftig dieselben Privilegien wie Ex-Präsidenten genießen. Ein heimisches Monarchistenportal berichtet allerdings, dass „Kronhüterin“ Margareta auf den ihr eigentlich zustehenden Titel als Königin verzichten wolle.