Toilettenpapier treibt Wachstum

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Die russische Industrie verzeichnete im Januar 2,9 Prozent Wachstum, erklärt das russische Statistikamt. Dabei hat es allerdings verstärkt Produkte gezählt, deren Produktion gestiegen ist, und andere ignoriert.

Nach Angaben des russischen Statistikamtes hat die Industrieproduktion des Landes im Januar 2018 gemessen am entsprechenden Vorjahreszeitraum um 2,9 Prozent zugenommen. Es sei also gelungen, den kurzzeitigen negativen Trend von Ende 2017 zu überwinden, kommentierten staatseigene Zeitungen. Unabhängige Wirtschaftsexperten meldeten derweil Zweifel an, weil die Produktion im November und Dezember 2017 um jeweils 3,6 und 1,5 Prozent zurückgegangen war.

Schlafwagen raus aus der Statistik

Bei genauem Hinsehen stellten die Experten fest, dass die Statistiker stark gestiegene Erzeugnisse neu in den sogenannten repräsentativen Warenkorb aufgenommen und ungünstige aus der Berechnungsgrundlage geworfen hatten. Die Erfolgsmeldung war also nur ein Rechenkunststück. Hinausgeworfen wurden zum Beispiel arbeitsaufwändige Eisenbahnschlafwagen, die die Statistik unnötig belastet hätten.

Neu hineingenommen wurde dagegen Toilettenpapier, das eine Steigerung um 26,3 Prozent zustande brachte. Sicher ist 1 Prozent Schlafwagen nicht gleich 1 Prozent Toilettenpapier, im Schnitt ergeben beide aber einen Produktionszuwachs.

In Sowjetzeit Mangelware, jetzt drei Rollen pro Kopf

Im Januar 2018 wurden in Russland drei Rollen Toilettenpapier pro Kopf der Bevölkerung hergestellt, inklusive der Neugeborenen und der Greise, das heißt derjenigen, die sich noch nicht und nicht mehr selbständig abwischen können.

Es ist sicher eine tolle Leistung, weil Toilettenpapier während der Sowjetzeit absolute Mangelware war. Meist wurde die Zeitung „Prawda“ in Quadrate zerschnitten und zweckentfremdet benutzt. Freilich taugte das Zentralorgan der Kommunistischen Partei inhaltlich kaum zu etwas anderem.

Der Sand in der Wüste wird knapp

Auf der anderen Seite fehlte in den Geschäften ständig das Fleisch. Deshalb ließen findige Betriebsdirektoren das Toilettenpapier (nur neues!) in riesigen Bottichen wieder zu Papiermasse auflösen und in die Wurstmasse kippen. Auf die Frage, warum es kein Toilettenpapier in der Sowjetunion zu kaufen gebe, antwortete der berühmte Sender Jerewan, es werde zu Wurst verarbeitet.

Zahlreiche Witze berichteten damals auch über die Arbeitsweise des sowjetischen Statistikamtes. Was wird aus der Sahara, wenn das Moskauer Statistikamt sie übernimmt? Sender Jerewan antwortet: „Der Sand in der Wüste wird knapp.“ Neues scheint wirklich gut vergessenes Altes zu sein.