SNHBM-Direktor Guy Entringer: „Wir wollen das Angebot erweitern“

SNHBM-Direktor Guy Entringer: „Wir wollen das Angebot erweitern“

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Der Ökonom Guy Entringer, Jahrgang 1977, stieß 2006 zur „Société nationale des habitations à bon marché“ (SNHBM) und wurde 2008 deren erst vierter Direktor. Wir unterhielten uns anlässlich des 100-jährigen Bestehens der sich zu 100 Prozent in öffentlicher Hand befindlichen Aktiengesellschaft über deren rezente Entwicklung und aktuelle sowie künftige Projekte. 

Lesen Sie zum Thema auch unseren Hintergrundbericht „SNHBM: 1.550 neue Wohnungen allein in den vergangenen zehn Jahren“.

Tageblatt: In der Öffentlichkeit werden die SNHBM und der „Fonds du logement“ nicht selten miteinander verwechselt. Was sind die wesentlichen Unterschiede?

Guy Entringer: Der erste Unterschied liegt bereits in der juristischen Struktur: Wir sind eine Aktiengesellschaft und der „Fonds du logement“ ist ein „Etablissement public“. Auch ist es so, dass wir hauptsächlich auf den Verkauf von Wohnungen spezialisiert sind und der Fonds auf das Vermieten. So lässt sich das wohl am einfachsten beschreiben.

Wichtig zu betonen ist auch, dass wir mit internen Architekten arbeiten, während der Fonds externe zurate zieht. Alle wesentlichen Prozesse werden von uns „in house“ ausgeführt und ich denke, dass dies wirkungsvoller ist. Mit Ausnahme der Statiker sind bei uns alle Baugewerbe vertreten.

Wie viele Personen sind zurzeit bei Ihrer Gesellschaft beschäftigt und wie viele waren es, als Sie ihr beitraten?

Als ich 2006 anfing, war ich – glaube ich – Nummer 33. Heute sind wir zu 110. Diese Entwicklung erfolgte vor allem in den letzten viereinhalb Jahren. Ende 2014 zählten wir 48 Beschäftigte, seitdem stießen rund 60 weitere Mitarbeiter hinzu. Und dieses Wachstum betrifft alle unsere Bereiche.

Auf was ist dieses doch rapide Wachstum eigentlich zurückzuführen?

Da gab es zwei verschiedene Auslöser: Als ich anfing, verfügten wir über nahezu keine bebaubaren Ländereien mehr. Wir bauten sogar im Auftrag des „Fonds du logement“, weil wir die nötige Manpower hatten. Doch dann haben wir begonnen, massiv Bauland zu erwerben und die Planung diverser Siedlungen voranzutreiben. Das dauerte einige Jahre.

Als schließlich die Regierung Bettel 1 an die Macht kam, gingen von dieser die Impulse aus, dass wir verstärkt bauen sollen. Allein auf Kirchberg bekamen wir den Auftrag, am „Réimerwee“ 300 Appartementwohnungen zu errichten. Gemeinsam mit der Tatsache, dass wir in den Vorjahren verstärkt in Bauland investiert hatten, führte das dazu, dass es möglich war, wesentlich mehr zu errichten, als dies zuvor der Fall war.

Waren es bis dahin rund 80 Wohneinheiten jährlich, so setzten wir uns das Ziel, deren künftig 250 zu bauen. 2018 haben wir sogar 300 Wohnungen realisiert!

Das ist beeindruckend. Wie viele Wohnungen entstehen eigentlich insgesamt Jahr für Jahr im Großherzogtum?

Das schwankt zwischen 3.500 und 4.000 pro Jahr, sodass unsere 300 Wohnungen schon rund 8 Prozent des gesamten Marktes ausmachen. Wir führen derzeit einige große Bauvorhaben aus: In Contern entstehen 180 Wohnungen, in Beles ebenfalls, in Lamadelaine sind wir dabei, 80 Einheiten zu realisieren, auf Kirchberg deren gar fast 400. Und dann steht auch die Realisierung eines eigentlich vollständigen Dorfes, „Elmen“, in der Gemeinde Kehlen an. Hier werden in den kommenden Jahren rund 750 Wohnungen entstehen. Davon überwiegen bei unseren Projekten natürlich allgemein bei weitem die Appartementwohnungen gegenüber den Einfamilienhäusern. Außer was „Elmen“ angeht, wo sich beide Typen das Gleichgewicht halten.

Früher sprach man – oft etwas abschätzend von „billig Wohnen“. Doch wie groß ist eigentlich der Preisunterschied zwischen den von der SNHBM angebotenen Wohnungen gegenüber denjenigen auf dem freien Markt?

Von „billig Wohnen“ ist heute nicht mehr die Rede. Wir sprechen von erschwinglichem, bezahlbarem Wohnraum. Preislich liegen wir teilweise bei einem Drittel des üblichen privaten Marktpreises. Als Beispiel möchte ich Ihnen unsere Wohnungen in Alzingen nennen, die wir zum Quadratmeterpreis von 3.200 Euro anbieten, während private Bauträger hier rund 9.000 Euro dafür verlangen. Wir legen beim Bau dennoch höchsten Wert auf Qualität.

Ein wesentlicher Grund, weshalb wir diese Preise anbieten können, liegt darin, dass wir das dazugehörige Bauland nicht mit verkaufen, sondern dem Erwerber als Erbpacht auf 99 Jahre überlassen. Ein anderer Aspekt ist, dass wir bei der Planung und Ausführung nahezu alles in Eigenregie durchführen und auf eine große Erfahrung zurückgreifen können.

Ein dritter Faktor spielt ebenfalls eine Rolle: Wir bauen in der Regel nicht unter 20 bis 25 Einheiten. Der vierte Grund schließlich: Wir haben nicht – entgegen den Akteuren auf dem freien Markt – den Wunsch, den Profit zu maximieren. Und kommt ein Gewinn zustande, so wird dieses Geld genutzt, um weiteres Bauland zu erschließen, um künftige Projekte zu ermöglichen.

Ursprünglich war es so, dass sich die Bautätigkeit Ihrer Gesellschaft fast ausschließlich auf den Süden und das Zentrum des Landes konzentriert hat. Inzwischen haben Sie Ihre Aktivitäten auch verstärkt auf den Norden ausgedehnt.

Neben dem Staat, der zu 51 Prozent Haupteigner der SNHBM ist, zählen ja unter anderem auch Luxemburg, Esch, Düdelingen und Differdingen zu den Aktionären der Gesellschaft. In diesen Gemeinden lag ursprünglich auch die Hauptaktivität. Historisch gesehen haben wir effektiv viel mehr im Süden des Landes gebaut.

In Zukunft werden wir jedoch auch größere Projekte im Norden angehen, wie etwa in Bissen, Grosbous, Harlingen, Heiderscheid oder auch Bourscheid, wo wir zwei Hektar Bauland erworben haben. Wir werden auch die „Cité militaire“ in Diekirch neu errichten, die bestehenden Bauten werden alle abgerissen. Hier werden 180 Wohnungen entstehen, die allen Bürgern, also nicht nur Armeeangehörigen, zugänglich sein werden.

Wenn Sie sagen „allen Bürgern“, welches sind denn die Kriterien, um überhaupt ein Haus oder ein Appartement über die SNHBM erwerben zu können?

Was die Kriterien angeht, so ist es so, dass das Gesetz von 1979 vorsieht, dass 60 Prozent unserer Kundschaft im Genuss einer staatlichen Bauprämie sein muss. Die übrigen 40 Prozent dürfen Besserverdienende sein, allerdings hat sich unsere Gesellschaft da selbst intern Grenzen gesetzt. Ein Junggeselle etwa, der 10.000 Euro im Monat verdient, geht bei uns leer aus. Wir achten auf eine gute Mixität, unsere Kundschaft reicht jedoch bis in den gesunden Mittelstand hinein. Die SNHBM hat eigentlich in ihren Wohnsiedlungen bislang nirgends Probleme feststellen können, was die Mixität angeht.

Ich habe eingangs erwähnt, dass wir vor allem aktiv sind, was den Verkauf von Wohnraum angeht, und weniger, was das Vermieten betrifft. Unter meinem Vorgänger etwa wurde während der 28 Jahre seiner Aktivität nicht eine einzige Mietwohnung realisiert. Als ich antrat, habe ich beschlossen, auch das Programm der Mietwohnungen wieder aufzunehmen. Dabei handelte es sich um Sozialwohnungen, die vermietet wurden.

Ab diesem Jahr werden wir eine weitere Kategorie, „location abordable“, einführen. Das bedeutet, dass wir die Mietpreise zwischen den im Sozialbereich üblichen 4 Euro je Quadratmeter und Monat und den auf dem freien Markt existierenden Preisen von bis zu 20 Euro ansiedeln wollen, etwa bei 12 Euro. Wir wollen unsere Angebotspalette also entsprechend erweitern.

SNHBM: Allein 1.550 neue Wohnungen in den vergangenen zehn Jahren