Merkwürdiger Wochenendkrieg

Merkwürdiger Wochenendkrieg
Menschen gehen an zerstörten Häusern und Autos im Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus vorbei. Foto: DPA

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Der von den USA geführte Raketenangriff in Syrien hat keine Menschenleben gefordert. In Russland und Syrien wird dies auf die Luftabwehr zurückgeführt, welche die meisten Raketen abgefangen habe.

Der von den USA geführte Raketenangriff in Syrien hat keine Menschenleben gefordert. In Russland und Syrien wird dies auf die Luftabwehr zurückgeführt, welche die meisten Raketen abgefangen hat. Die USA sehen dies anders und erhöhen den Druck auf Moskau.

Von unserem Korrespondenten Axel Eichholz

Es war sicher ein merkwürdiger Krieg. Man hatte den Weltuntergang befürchtet. Bei den Luftschlägen der USA in Syrien gab es stattdessen keine Toten und ganze drei Verletzte. Jetzt beanspruchen alle Beteiligten den Sieg für sich. Jeder beschreibt den Ablauf der Attacke anders. Nach Angaben der russischen Tageszeitung Kommersant wurde am Wochenende in Damaskus „der Sieg syrischer Waffen“ gefeiert. Viele Menschen hätten dort den nächtlichen Angriff angeblich gar nicht erst mitbekommen.

Syrische Flugabwehr hat angeblich ganze Arbeit geleistet

Nach russischen Angaben begannen die Luftschläge um 3.42 Uhr Moskauer Zeit in der Nacht zum Samstag. Um 5.10 Uhr seien sie abgeschlossen worden. Insgesamt seien von der westlichen Koalition 103 Marschflugkörper von Schiffen im Mittelmeer und im Roten Meer sowie von Flugzeugen abgefeuert worden, heißt es. 71 davon seien von der syrischen Flugabwehr abgeschossen worden. An den Angriffen hätten die USA und Großbritannien teilgenommen, sagte der Chef der Operativen Hauptverwaltung des russischen Generalstabs, Sergej Rudskoj. Eine französische Beteiligung sei „nicht registriert“ worden.

Diesen Angaben zufolge waren die Luftschläge unter anderem gegen sechs syrische Flugplätze gerichtet, die allerdings nur geringfügig beschädigt wurden. Alle bis auf zwei auf den Fliegerhorst Homs und drei auf Mezze zielende Raketen seien abgefangen worden. Ernstere Schäden habe es nur in den Vororten von Damaskus, Jaraman und Barze, gegeben, wo sich ein wissenschaftliches Forschungszentrum befinde. Nach westlichen Angaben ist es eine C-Waffen-Fabrik. Insgesamt hätte aber die mit älteren sowjetischen Waffen bestückte syrische Luftabwehr ganze Arbeit geleistet, heißt es. Die modernen russischen Raketenabwehrkomplexe S-400 Triumph hätten „alles unter Kontrolle gehabt“. Sie sollten aber nur in äußersten Fällen bei Gefahr für russisches Personal in Aktionen treten.

US-Darstellung rückt das Bild zurecht

In der Darstellung der Pentagon-Sprecherin Dana White und des Generals Kenneth Mackenzie sieht der Krieg vom letzten Wochenende völlig anders aus. Nach ihren Angaben wurden von der Koalition 105 Marschflugkörper eingesetzt. Alle hätten die angepeilten Ziele getroffen. Die syrische Flugabwehr habe 40 Gegenraketen abgefeuert, keine davon habe aber ihr Ziel erreicht. Die meisten syrischen Raketen seien erst gestartet, nachdem der Angriff bereits vorbei war, sagte der US-General laut Kommerssant. Nach US-Angaben war Frankreich mit seinem Kriegsschiff Languedoc und den Flugzeugen Mirage-2000 und Rafale an den Schlägen beteiligt.

Moskau bietet sich „letzte Chance“

Es habe keine menschlichen Opfer durch den Angriff in Syrien gegeben und der zugefügte materielle Schaden hielt sich in Grenzen, schreibt die Nesawissimaja Gaseta in ihrem redaktionellen Artikel. Dies weise auf den symbolischen Charakter des Angriffs hin. Natürlich richte sich die Botschaft des Westens an den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad als Warnung vor weiterer Verwendung von Chemiewaffen, aber auch an Moskau. US-Präsident Donald Trump hatte Russland im Klartext vor Zusammenarbeit mit dem „Untier“ Assad gewarnt.

Am Sonntag kündigte die amerikanische UNO-Botschafterin Nikki Haley neue Sanktionen gegen Moskau an, falls es den syrischen Diktator nicht fallen lasse. Diesmal hatte Washington Moskau über seine Angriffe beizeiten informiert, so dass Russland eine Woche Zeit hatte, um sich darauf vorzubereiten und seinen Verbündeten Assad vorzuwarnen. Diese schonende Behandlung lasse Moskau eine letzte Chance offen, einen vollwertigen Dialog mit den USA zu beginnen, so die Zeitung. Die Frage sei nur, ob Russland selbst daran interessiert sei.