Luxemburger Löhne steigen weniger als Produktivität

Luxemburger Löhne steigen weniger als Produktivität
Der Wirtschafts- und Sozialrat (Foto: Tanja Feller)

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Die Löhne und Gehälter sind in den vergangenen Jahren in Luxemburg und in Europa insgesamt viel weniger gestiegen als die Produktivität.

Die Produktivität ist eine der wichtigsten Größen in einer Volkswirtschaft. Die Löhne und Gehälter sind in den vergangenen Jahren in Luxemburg und in Europa insgesamt viel weniger gestiegen als die Produktivität. Allerdings wird es zunehmend schwierig, die Produktivität zu messen. Grund dafür ist der immer stärker wachsende Dienstleistungssektor.

Von Stefan Osorio-König 

Die Produktivität ist – einfach ausgedrückt – das Verhältnis zwischen den produzierten Gütern oder erbrachten Dienstleistungen und dem dafür nötigen Aufwand an Arbeitskraft und Kapital.

Obwohl die Produktivität sowohl in Luxemburg als auch EU-weit seit Jahren steigt, hinkt die Lohnentwicklung hinter den Produktivitätszuwächsen her. Das führt zu einer wachsenden Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen. Sprich: Der geschaffene Mehrwert fließt anteilmäßig zu einem wesentlich höheren Teil in die Taschen der Kapitaleigner als in die Gehälter an die Arbeitnehmer.

Eine gerechtere Einkommensverteilung lässt sich dadurch erzielen, dass die Löhne und Gehälter jeweils mindestens genauso stark wachsen wie die Produktivität. Allerdings lässt sich Letztere heute auch nicht mehr so leicht ermitteln, als das noch in einer viel stärker von Industrie geprägten Wirtschaft der Fall war.

Gerechtere Löhne fördern Wachstum

„In der Industriegesellschaft ließ sich die Produktivität noch relativ einfach messen“, erklärte Marco Wagener, Präsident des Wirtschafts- und Sozialrates (CES). „Man konnte da einfach die produzierte Anzahl an Tonnen Stahl hernehmen und ermitteln, wie viele Arbeitsstunden für die Produktion nötig waren.“ Doch in der Dienstleistungsgesellschaft hat sich das geändert. „Die produzierte Stahlmenge ist schlichtweg leichter zu messen als eine Dienstleistung“, meinte der CES-Präsident weiter.

Dabei ist es für die Gesellschaft wichtig, die Produktivität zu kennen und zu steigern. „Ein Zuwachs der Produktivität ist von großem Vorteil, denn sie ist nicht nur der Ausdruck technischen Fortschritts, sondern auch jener von guter Regierungsführung und erlaubt eine Verteilung von Einkommen“, sagte Wagener.

Der CES hat in seinem neuesten Avis Stellung zum Thema Produktivität bezogen. „Die Fähigkeit, Produkte und Dienstleistungen effizienter herzustellen, ist wichtig für uns alle“, erklärte Marc Wagener, „Directeur affaires économiques“ der Handelskammer („Chambre de commerce“).

Um die Produktivität auch im Dienstleistungssektor sinnvoll messen zu können, brauche man sinnvolle Daten. „Unsere wichtigste Schlussfolgerung ist, dass wir große Anstrengungen unternehmen müssen, um die Produktivität zu messen“, sagte Sylvain Hoffmann, „Directeur adjoint“ der Arbeitnehmerkammer („Chambre des salariés“) und Mitglied im Wirtschafts- und Sozialrat. „Wir brauchen einfach bessere Zahlenreihen, was Investitionen oder Forschung & Entwicklung (R&D) in den Betrieben betrifft“, meinte er weiter.

Investitionen sind wichtig, damit die Volkswirtschaft auch in Zukunft produktiv ist. In diesem Zusammenhang sollten unter anderem die Maastricht-Kriterien überdacht werden. „Staatliche Investitionen sollten anders gewertet werden als laufende Ausgaben“, erklärte Hoffmann.

Um die Produktivität zu erhöhen, sei es auch wichtig, gegen die ungleiche Einkommensverteilung vorzugehen. „Eine Studie der OECD zeigt klar, dass eine starke Ungleichverteilung von Einkommen negative Auswirkungen auf die Produktivität und damit auf das Wirtschaftswachstum hat“, so Hoffmann weiter. Denn ein geringes Einkommen der Eltern hat negative Auswirkungen auf die Bildungschancen der Kinder. Das mindert sowohl mittel- als auch langfristig die Produktivität.

Auch bei der Bildung und der Fortbildung müssten größere Anstrengungen unternommen werden. „Das heißt, dass man auch während der Berufslaufbahn ein ‚Droit d’orientation‘ haben soll“, erklärte Hoffmann. Denn schließlich stelle auch die OECD fest, dass die „Kompetenzen nicht immer auf dem richtigen Platz“ angesiedelt seien.

Wichtig für das Produktivitätswachstum sei zudem der Wohlfühlfaktor auf der Arbeit. Fühlten sich die Arbeitnehmer in einem Betrieb wohl, dann seien sie deutlich produktiver als in einem Unternehmen, in dem das Betriebsklima schlecht ist. „Ein gut funktionierender Sozialdialog und mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmer hat ebenfalls positive Auswirkungen auf die Produktivität und somit auch auf das Wirtschaftswachstum“, erklärte Sylvain Hoffmann.

Henri Juda
20. Januar 2018 - 17.42

Produktivitätssteigerung realisieren sich in Luxemburg, mit einem Finanzsektor der 40% des BIP beeinflusst , sehr einfach : 1) mit der ABBL laut jammern 2) steuerliche Abschreibungen bis unter die Nase ausnutzen 3) Tarife erhöhen 4) das Personal bis aufs Blut ausbeuten und gleichzeitig die Lohnmasse dauernd reduzieren,h mit mittlerweile 3 Nullrunden im Kollektivvertrag und Ausdünnung des älteren Mitarbeiter ab 45 .

Peter Mutschke
19. Januar 2018 - 14.13

Das Auseinanderdriften von arm und reich bzw von Lohnabhängigen und Besitzenden ist kein Problem des einen oder anderen Landes.Es ist unter anderem die Folge der neoliberalen Politik der Reagan/Thatcher-Ära.Davon hat sich das soziale Gefüge nie richtig erholt.

Peter Mutschke
19. Januar 2018 - 14.13

Das Auseinanderdriften von arm und reich bzw von Lohnabhängigen und Besitzenden ist kein Problem des einen oder anderen Landes.Es ist unter anderem die Folge der neoliberalen Politik der Reagan/Thatcher-Ära.Davon hat sich das soziale Gefüge nie richtig erholt.

MarcL
19. Januar 2018 - 12.36

Hoffentlich verlieren wir jetzt nicht noch weitere Jahre in Diskussionen wie man Produktivität richtig messen muss, um dann festzustellen dass Lohnsteigerungen dem Produktivitätswachstum noch weiter als bisher hinterher hinken.

Fantastico
19. Januar 2018 - 9.43

"Ungleiche Einkommensverteilung": Auf diesem Gebiet tut die aktuelle Regierung rein gar nichts! Ganz im Gegenteil, die Einkommen gehen noch immer weiter auseinander!