Leidenschaftlicher Einsatz für den Luxemburger Weinbau

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Ern Schumacher ist ein streitbarer Präsident. Wenn es um die Interessen der „Privatwënzer“ in Luxemburg geht, scheut der „Miseler“ keine Auseinandersetzung. Ob das neue Agrargesetz oder seiner Ansicht nach ausbleibende Unterstützung der Politik für seinen Berufsstand – so mancher der zuständigen Minister musste ihm Rede und Antwort stehen. Die Zukunft des Nachwuchses in den Winzerbetrieben liegt dem Winzer, der gemeinsam mit seinem Sohn einen Familienbetrieb in Wormeldingen führt, besonders am Herzen.

Eine starke Vertretung für unabhängige Winzer

Die Geschichte der OPVI („Organisation professionnelle des vignerons indépendants Asbl.“) geht auf das Jahr 1966 zurück. Bis in den Vierzigerjahren, als die ersten Genossenschaften entstanden, waren die meisten Winzer in Luxemburg als „Privatwënzer“ tätig.
Vor allem in Bezug auf staatliche Unterstützung waren sie auf sich allein gestellt. Damals hieß es, es bestehe kein Interesse seitens des Staates, diesen Betrieben unter die Armen zu greifen, da sie zu klein seien. Die Politik handelte klar zugunsten der Genossenschaften. Aus diesem Grund schlossen sich die „Privatwënzer“ 1966, zur gleichen Zeit, als die Domaines Vinsmoselle gegründet wurden, in einer unabhängigen Vereinigung zusammen.
Mit der Schaffung der OPVI wollten sich die Winzer dafür starkmachen, unter anderem soziale Ungleichheiten wie fehlende Krankenversicherung oder bestehende Nachteile auf politischer Ebene – bis zu diesem Zeitpunkt saß kein Vertreter am Verhandlungstisch mit der Politik – aus dem Weg zu räumen. „Wir waren nicht im ‚Fonds de solidarité viticole‘, wir waren nirgends vertreten. Seit dem Einsatz des damaligen Vorstandes der Vereinigung hat sich vieles für die Privatwinzer zum Positiven geändert. So sind wir heute auf sämtlichen Entscheidungsebenen und in Ausschüssen vertreten und verfügen über Mitspracherecht. Das ist insofern von Bedeutung, da wir als Privatwinzer heutzutage rund 30 Prozent von dem Areal der Luxemburger Mosel repräsentieren“, fasst Ern Schumacher zusammen.

Tageblatt: Herr Schumacher in Ihrer Ansprache beim Neujahrsempfang der OPVI kritisierten Sie, dass durch die neuen Subventionsbestimmungen des neuen Landwirtschaftsgesetzes seit 2014 jungen Winzern viel Geld „verloren geht“? Warum?

Ern Schumacher: Bevor die neuen Bestimmungen am 1. Juli 2014 in Kraft traten, gab es eine finanzielle „Belohnung“, wenn junge Winzer den elterlichen Betrieb übernahmen und darin investierten. Damals bekamen sie einen zusätzlichen Zuschuss von zehn Prozent, wenn sie Maschinen oder Gebäude kauften bzw. errichteten. Im neuen Gesetz wurde eine Förderung in Höhe von 15 Prozent verankert, das begrüßen wir ausdrücklich. Die ehemalige Subvention von zehn Prozent fehlt gänzlich.

In diesem Zusammenhang besteht dringender Handlungsbedarf. Folgendes Beispiel veranschaulicht unsere Kritik: Baue ich als junger Winzer einen Keller, bekomme ich den neuen Zuschuss nicht. Wird hingegen eine Halle für die Lagerung von Landwirtschaftsmaschinen errichtet, komme ich in den Genuss der neuen Förderung.

Die Frage ist doch: Wofür braucht ein junger Winzer am meisten Geld? Ganz klar für die Errichtung eines Betriebgebäudes, für Abfüllmaschinen, für Tanks. Diese „feste“ Einrichtung wurde früher mit zehn Prozent gefördert. Jetzt wurde den jungen Winzern dieses Geld genommen. Heutzutage sollen neue Weinbau- oder Landwirtschaftsbetriebe nicht mehr im Ortskern, sondern am Ortsrand entstehen. Wenn die Unternehmensgründung erwünscht ist, aber den jungen Menschen diese finanzielle Unterstützung des Staates fehlt, wie soll das gehen?

Beim Neujahrsempfang war Minister Fernand Etgen (DP) selbst über diese fehlende Bestimmung im Gesetz überrascht. Doch das wird sich bald ändern: Brüssel hat grünes Licht gegeben, dass die bisher fehlende Regelung demnächst wieder in den Gesetzestext aufgenommen wird. Demnach werden bei einer Betriebsübernahme junge Winzer statt bisher zehn künftig 15 Prozent staatliche Förderung für „feste“ Einrichtungen neben dem Zuschuss für neue Gebäude bekommen.

Im Juni 2017 wurde eine Studie präsentiert, aufgrund deren Ergebnissen ein neues Organ entstand. Dessen Aufgabe ist es, Strategien zu entwickeln, wie die Luxemburger Weine künftig besser vermarktet werden sollen. Die Studie hatte ein großes Beratungsunternehmen ausgearbeitet. Die neue Körperschaft sollte aus einem sogenannten „Strategie-Komitee“ bestehen, das die Richtung vorgibt, und mehreren Arbeitsgruppen, die für die Details zuständig sind. Im Komitee sind neben dem Staat und dem Weinhandel auch die „Privatwënzer“ vertreten. Wie hat sich die neue Struktur aus OPVI-Sicht nach einem Jahr bewährt?

Seit der Vorstellung der Studie hat sich bisher nicht viel bewegt. Das „Comité strategique“, dessen Mitglied ich als Präsident der OPVI bin, hat bis heute nicht getagt. Außerdem wurden zwei Arbeitsgruppen gebildet.

Wenn ich die Ergebnisse der Studie betrachte, so heißt es, dass der Rivaner weiterhin unterstützt werden muss und wir besonders in Belgien unser Marketing verbessern sollten. Schaut man sich die Ergebnisse im letzten Aktivitätsbericht an, wie viel wir nach Belgien exportieren und wie viel wir damit verdienen, muss man die Rückschlüsse in der Studie genauer hinterfragen.

Beim Budget, das dem Fonds für Werbung zur Verfügung steht, handelt es sich, meiner Meinung nach, um „Peanuts“. Es reicht nicht aus, um damit der gestellten Aufgabe gerecht zu werden. Wenn wir es nicht schaffen, neue Märkte zu erschließen, wo wir für unsere Produkte entsprechende Preise bezahlt bekommen und stattdessen nach Märkten suchen, um billige Weine anzubieten, handelt man nicht im Interesse der „Privatwënzer“.

2017 hat Ihre Vereinigung einen neuen „Look“ der Charta-Weine vorgestellt. Wenn Sie jetzt, ein Jahr später, Bilanz ziehen würden, hat sich die Veränderung gelohnt?

Der neue „Habillage“ der Flaschen der Charta-Weine macht es einfacher, für diese Produkte zu werben. Unser Aushängeschild, die neue Etikette, ist für jeden Mitgliedbetrieb gleich. Früher waren außer der Charta-Etikette auch die Erkennung des jeweiligen Winzers in Form von Etiketten auf der Flasche zu finden. Wenn wir Hersteller von Charta-Weinen als eine Einheit wahrgenommen werden wollen, irritiert diese Vielfalt den Endkunden und verfehlt ihr Ziel.

Mit dem neuen Auftritt ist es beim ersten Blick auf die Flasche klar: Das sind die Charta-Weine der „Privatwënzer“. Das ist ein Erfolg für uns. Mit der Supermarktkette Cactus haben wir einen Partner gefunden, der sich verpflichtet, unsere Produkte in seine Vitrine zu stellen und damit unseren Wertekatalog mitträgt.

Könnten Sie für alle, die die Charta-Weine noch nicht kennen, erläutern, welche besonderen Kriterien für diese gelten?

Zunächst müssen die ausgewählten „Charta“-Parzellen als solche angemeldet werden. Außerdem sind wir zu niedrigen Erträgen, unter fünf Fuder (1 Fuder = 1.000 Liter) pro Hektar, verpflichtet.

Der neue Jahrgang

Der Frost im Frühjahr setzte den Reben zu, bis zu 40 Prozent „hatten sich erkältet“, erklärt Schumacher. Ende März, Anfang April kam die nächste meteorologische Überraschung: Wärme und Temperaturen bis zu 25 Grad. Der Winzer spricht in diesem Zusammenhang von „Druck“, der die Reben zu schnellem Wachstum anregte. Die Erfahrung habe die Fachleute gelehrt, dass die drei Eisheiligen, Mitte Mai, abgewartet werden müssen. „Bis dahin besteht die Gefahr, dass es nachts Frost geben kann.“
Ausgenommen die anfänglichen, durch das Wetter bedingten Ausfälle, „hatten wir in Bezug auf das Pflanzenwachstum ein normales Jahr mit früher Blüte und mit Anfang September einer, für Moselverhältnisse, frühen Weinlese“.
Bereits während der Rivanerlese zu Beginn der Erntesaison zeichnete sich ab, dass es „einen Jahrgang von guter Qualität“ geben würde. „Danach streben wir als Privatwinzer: Niedrige Erträge, um die bestmögliche Qualität zu erreichen“, unterstreicht der OPVI-Präsident.
Die Trauben haben sich besonders im Herbst sehr gut entwickelt: „Er sind fruchtige und reife Weine. Ein ganz guter Jahrgang.“ Den letzten „schlechten“ Jahrgang an der Mosel gab es zuletzt 1984, erinnert sich Schumacher.
Dass es solche Jahrgänge so selten gibt, führt der Winzer auf einen bestimmten Grund zurück. „Wir haben gelernt, mit den Erträgen umzugehen. Es wird nicht mehr so viel produziert wie früher. Die Ertragsmengen sind absichtlich niedriger gehalten. Wir begrüßen, dass unsere Betriebe diese Philosophie mittragen und unser Weg nicht über hohe Quantität zwangsläufig zu hoher Qualität führt“, betont der Fachmann. Der während der letzten zwanzig Jahre eingeschlagene Kurs zahlt sich für die Privatwinzer aus, ist deren Präsident überzeugt.

Während des Wachstums werden die Pflanzen zwei Mal kontrolliert. Es dürfen nicht mehr als zwei Trauben an einem Rebenende reifen und sogenannte „Doppeltriebe“ an den Pflanzen wachsen.

Die Weine müssen naturbelassen bleiben: Die Winzer dürfen nicht in ihre Entwicklung eingreifen, indem sie sie anreichern und/oder ihnen Säure entziehen. Die meisten Privatwinzerbetriebe arbeiten außerdem sehr naturschonend im Weinberg und verzichten auf chemische Spritzmittel.

Welche Ereignisse bzw. Themenfelder stehen auf der Agenda der „Privatwënzer“ 2018?

Im Bereich der Charta-Produkte arbeiten wir an einem neuen Crémant. Mehr darüber verraten wir noch nicht.

Im April steht die Generalversammlung der CEVI („Confédération européenne des vignerons indépendants“) an. Unser „Sorgenkind“ in Europa ist der Wein-Export. Leider stehen wir vor großen bürokratischen Hürden, was einfachere Vertriebswege angeht. Wir bemühen uns um die Entwicklung von Önotourismus, ein Einlenken auf bürokratischer Seite bleibt dennoch aus.

Ein Beispiel: Wenn ein Kunde aus einem anderen EU-Land Wein in Luxemburg kauft, darf er 90 Liter pro Person mit nach Hause nehmen, ohne sie zu verzollen. Hat ihm der Wein gefallen und er will nachbestellen, scheitert es an den Exportbestimmungen. Anders als ein Betrieb besitzt der Privatkunde keine Mehrwertsteuernummer. Wir schaffen es leider nicht, für dieses Problem eine gesamteuropäische Lösung zu finden.

Sie möchten noch mehr Gäste an der Mosel begrüßen. Wen laden Sie, Herr Schumacher, zu einem Kellereibesuch ein?

Wir Winzer bemühen uns sehr, so nah wie möglich an unseren Kunden zu sein. Viele von uns öffnen ihre Weinstuben auch am Wochenende und würden sich sehr freuen, wenn uns mehr Gäste besuchen und die Betriebe näher kennenlernen würden. Überzeugen Sie sich selbst von der guten Qualität, die wir an der Luxemburger Mosel anbieten.

 

 

Jang
28. April 2018 - 9.13

Respekt vir esou een Mann, der Leit missten méi hei am Land ginn. Mir hunn esou wiesou vill zevill Theoretiker déi nach nie an engem Beruf geschafft hunn.