Erste Bilder aus der Tiefe des Polarmeeres

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Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen, Sydney

Eine Greenpeace-Expedition im Südpolarmeer hat etliche seltene und vermutlich bisher unbekannte Lebewesen zu Tage gebracht. Die Umweltorganisation sieht darin gute Argumente für ein neues Schutzgebiet von 1,8 Millionen Quadratkilometern in der Antarktis.

Winzige Seespinnen, Federsterne, Würmer, Krill, Korallen und Schwämme – eine von Greenpeace organisierte Expedition in die Tiefen des Polarmeeres vor der Antarktis hat eine faszinierende Vielfalt an Leben und Farben ans Tageslicht gebracht. Bisher war wenig über das Ökosystem im Meer vor der Antarktis bekannt. Die Umweltorganisation hofft nun, dass die Funde ihrer Expedition im Weddellmeer zum Schutz des Meeresabschnittes beitragen können.

Antarktiskommission berät über Schutzzone

Denn diesen Herbst trifft sich die Antarktiskommission im australischen Hobart. Dann soll über dieses neue, 1,8 Millionen Quadratkilometer große Schutzgebiet im Südpolarmeer vor der Antarktis diskutiert werden. Greenpeace hofft, dass die deutsche Bundesregierung als Vorreiter das vorgeschlagene Schutzgebiet gegen Länder mit starken Fischereiinteressen wie Norwegen, China, Südkorea und Japan durchsetzen kann. Falls der Plan erfolgreich ist, wäre es die größte Meeresschutzzone der Welt, fünfmal so groß wie Deutschland.

Ein erstes Schutzgebiet im Südpolarmeer von rund 1,55 Millionen Quadratkilometer Fläche wurde bereits 2016 zur Meeresschutzzone erklärt. Damals einigten sich 24 Länder und die Europäische Union nach einem Verhandlungsmarathon: Manche Länder hatten sich über fünf Jahre immer wieder quergestellt.

30 Prozent der Meere unter Schutz stellen

„Wenn wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels vermeiden und die Artenvielfalt schützen wollen, müssen wir mehr als 30 Prozent unserer Ozeane schützen, und die Antarktis ist ein fantastischer Ausgangspunkt“, sagte Alex Rogers, Biologieprofessor an der Universität von Oxford bereits im Oktober 2017, als Greenpeace die Kampagne erstmals öffentlich machte. Bedrohungen für die Antarktis würden zunehmen – darunter seien neben Klimawandel und Umweltverschmutzung, vor allem durch Plastik, eben auch die Fischerei. Deswegen sei es so wichtig, diese großflächigen Meeresschutzgebiete zu schaffen.

Die neuen Funde aus der Tiefe des Meeres sollen den Vorschlag untermauern. Die Expedition zeige, dass der antarktische Meeresboden voll von einer „atemberaubenden Vielfalt von Leben und Farbe“ sei, sagte Will McCallum von der Antarktiskampagne von Greenpeace dem britischen Guardian. Die Umweltorganisation hofft, dass die Bilder und Videos aus der Tiefe genügend Beweise liefern, damit die Region offiziell geschützt werden kann.

Meeresboden ist ein „wundersamer Garten“

Die seltenen Tiere wurden von einer auf die Antarktis spezialisierten Biologin entdeckt, die in einem U-Boot den Meeresboden besuchte. Susanne Lockhart von der California Academy of Sciences hofft, dass unter den zahlreichen Spezies, die sie entdeckt hat, auch Tiere sind, die bisher unbekannt waren. „Die Bandbreite der Farben und Artenvielfalt in bestimmten wichtigen Gruppen wie den Weich- und Gorgonienkorallen und den kolonialen Manteltieren oder Seescheiden war wirklich spektakulär“, sagte die Wissenschaftlerin, die den Meeresboden mit „einem wundersamen Garten“ verglich. „Federsterne und ihre Verwandten dekorieren riesige vasenförmige Glasschwämme“, und wenn man genau hinschaue, dann könne man Eisfische und Tintenfische in ihren Verstecken entdecken.

Es sei aber nicht nur wichtig, die wirbellosen Tiere zu verstehen und zu schützen, die auf dem Meeresboden in der Antarktis leben, sondern auch, eine gesunde Krill-Population aufrechtzuerhalten. Letztere sei lebenswichtig für die wirbellosen Tiere wie auch für Pinguine, Robben und Seevögel.


Kontinent aus Eis

Die Antarktis ist der höchstgelegene, trockenste, kälteste und windigste Kontinent der Erde. In der bis zu 4.500 Meter dicken Eisdecke sind rund 90 Prozent des Eises und 70 Prozent der weltweiten Süßwasser-Reserven gebunden. Im Augenblick gilt die Antarktis als sogenanntes Niemandsland. Bis mindestens 2041 – bis der Antarktisvertrag ausläuft – kann kein Land Anspruch auf den Kontinent aus Eis legen.