„Die Würde der Tiere“ per Gesetz

„Die Würde der Tiere“ per Gesetz
Foto: Frank Goebel

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Ein Gespräch mit dem Abgeordneten Gusty Graas über das neue Tierschutzgesetz.

Luxemburg gibt sich ein neues Tierschutzgesetz. Der Text steht kurz vor der finalen Abstimmung im Parlament. Wir unterhielten uns mit dem Berichterstatter des Gesetzes Gusty Graas (DP).

Von Yves Greis

Tageblatt: Ein wichtiger Punkt im neuen Tierschutzgesetz ist, dass Tiere nicht mehr als Gegenstand angesehen werden und ihnen eine Würde zugesprochen wird. Was hat es damit auf sich?

Foto: Julien Garroy

Gusty Graas: Das ist der Hauptaspekt des neuen Gesetzes – eine andere Philosophie. Ein Tier soll nicht mehr als Sache eingestuft werden. Zwar ist ein Tier kein menschliches Wesen, aber trotzdem eine Kreatur, die fühlen kann und eine Würde besitzt. Im neuen Gesetz wird das auch so gesagt. Damit machen wir einen qualitativen Sprung, weil wir das Tier auf eine andere Ebene setzen. Zusätzlich senden wir eine sehr wichtige Botschaft: Wir leben im 21. Jahrhundert und spätestens jetzt muss der Mensch erkennen, dass er dem Tier sehr viel Respekt schuldet. Die Art und Weise, wie wir mit Tieren umgegangen sind, gehört eindeutig der Vergangenheit an. Leider gibt es noch zu viele Menschen, die beim Umgang mit Tieren elementare Regeln nicht respektieren.

Ich gebe aber gerne zu, dass es juristisch nicht immer so eindeutig ist. In der Praxis wird es nicht immer leicht werden, das umzusetzen. Im Gesetz werden deshalb eine Reihe von Aktivitäten festgehalten, die jetzt verboten sind, auf die Gerichte sich später stützen können.

Was wird sich für die Tiere durch das Gesetz ändern?
Der Tierschutz insgesamt wird verbessert. Zum Beispiel werden Haltungsbedingungen angepasst. Wenn das Gesetz gestimmt ist, werden eine Reihe „Règlements grand-ducaux“ folgen, in denen festgehalten wird, wie ein Pferd, eine Kuh, ein Schwein usw. gehalten werden müssen. Hier wird festgelegt, wie die „Rechte“ der Tiere aussehen müssen, damit die Lebensumstände dem Tier würdig sind. Ohne zu verallgemeinern, gibt es immer noch Fälle, in denen Tiere in ihrem eigenen Dreck stehen. Hier sollen die Regeln in Zukunft klarer werden.

Ein anderer wichtiger Punkt betrifft den Handel mit Hunden und Katzen usw. Ein neuer Aspekt im Gesetz verbietet es, Tiere als „Preisgeld“ zu verwenden. Es ist zum Beispiel verboten, ein Kaninchen in einer Tombola zu verspielen. Es dürfen auch keine Wettbewerbe abgehalten werden, bei denen auf Tiere geschossen wird. Die Jagd und die Fischerei fallen nicht unter das Gesetz.

Gratwanderung

Der Berichterstatter des neuen Tierschutzgesetzes, Gusty Graas, beschreibt eine Gratwanderung, auf der sich der Gesetzgeber befindet. Zum einen schuldet in seinen Augen der Mensch den Tieren Respekt. Zum anderen dürfe man nicht „von einem Extrem in ein anderes verfallen“. Es gebe Menschen, so Graas, die etwa auf den Konsum von Fleisch verzichteten, weil sie der Meinung seien, dass der Mensch nicht das Recht habe, Tiere mit dem Ziel zu züchten, sie später zu konsumieren: Vegetarier zum Beispiel. „Das respektiere ich“, sagte Graas.
„Dieses Gesetz sagt, du Mensch hast das Recht, Tiere zu konsumieren, aber dir werden Grenzen gesetzt“, erklärte Graas. Die Frage, ob der Mensch das Recht hat, über Tiere zu verfügen, beantwortet der Abgeordnete mit „ja, aber mit strengen Auflagen“.

Das Gesetz spricht Tieren eine Würde zu und will ihr Leben schützen. Wie passt das zu Jagd und Schlachtung?
Die Jagd wird durch das Jagdgesetz geregelt. Das legt fest, dass man nur Tiere im Wald erschießen darf mit dem Zweck, sie zu konsumieren. Das muss in unserer Gesellschaft möglich bleiben. Es ist im Gesetz aber verboten, bei einer Jagd Tiere zu quälen. Die Hetzjagd wird zum Beispiel über das Tierschutzgesetz verboten. Ich sehe da keinen direkten Widerspruch, weil das Jagdgesetz bereits die nötigen Schranken setzt. Der Jäger ist in der Ausübung seiner Tätigkeit – Sport darf man das, was er tut, nicht nennen – einer ganzen Reihe von Pflichten unterworfen.

Ein Mensch, der etwa auf ein Reh schießt, behält sich als Fleischesser das Recht vor, ab und an in den Wald zu gehen und ein Tier zu schießen. Aber die Art, wie geschossen, geschlachtet und verarbeitet wird, muss in einem klaren Rahmen geschehen. Natürlich gibt es auch Menschen, Tierschützer, die gegen die Jagd sind und eine absolute Freiheit für das Tier fordern. Das geht mit der philosophischen Frage einher, ob der Mensch überhaupt das Recht hat, sich irgendetwas auf dem Planeten zu unterwerfen. Das ist eine sehr vielfältige und tiefgreifende Diskussion.

Meines Erachtens muss die Würde im Mittelpunkt stehen, was aber nicht heißen soll, dass der Mensch sich nicht gewisse Praktiken gegenüber dem Tier erlauben darf. Es darf nicht sein, dass der Mensch im Umgang mit dem Tier nur Spaß empfindet. Er muss auch Respekt haben. Das Recht, angeln oder jagen zu gehen, impliziert meiner Meinung nach auch die Pflicht, sich für den Lebensraum der Tiere einzusetzen. D.h., der Jäger muss der Missionar sein, der durch den Wald geht und aufzeigt, wo etwas gemacht werden muss. Genauso muss ein Angler auf die Wasserqualität achten. Er hat aber das Recht, aus der Natur so viel zu nehmen, wie er braucht. In der Praxis ist das oft anders und da muss der Gesetzgeber eingreifen.

Wie sieht es mit dem Zirkus aus?
Ein Zirkus muss eine ministerielle Erlaubnis beantragen, wenn er nach Luxemburg kommt. Tiere dürfen nicht mehr benutzt werden. Das soll nicht heißen, dass es verboten ist, mit einem Hund an der Leine die Manege zu betreten. Artikel 12 zufolge kann ein Tier allerdings nicht gezwungen werden, ein Kunststück vorzuführen, das es nicht kann, weil es seine Kräfte übersteigt oder weil es geschwächt ist. Ein Tier darf also nicht gezwungen werden, etwas zu machen, was für den Zirkus Einschränkungen bedeutet.

Was würde das denn zum Beispiel für ein Reitsportturnier bedeuten?
Da befinden wir uns in einem Grenzfall. Ein Reitsportturnier an sich ist erlaubt, weil ein Pferd von sich aus fähig ist, mehr oder minder schnell zu laufen und einen Menschen zu tragen. Wenn allerdings verbotene Mittel eingesetzt werden, um die Leistung des Pferdes zu steigern, wenn es geschlagen und gequält wird, dann fällt das unter die im Tierschutzgesetz verbotenen Praktiken.

Warum ist der Tierschutz in der Regierung im Landwirtschaftsministerium angesiedelt und nicht zum Beispiel im Umweltministerium?
Das ist eine gute Frage. Zum Teil ist es Tradition. Es geht beim Tierschutz unter anderem um Nutztiere als Lieferanten von Fleisch und Tierprodukten. Dies ist bei der Landwirtschaft angesiedelt. Bislang, auch unter der aktuellen Regierung, wurde das nicht infrage gestellt.

Muss man nicht davon ausgehen, dass ein Minister im Sinne seiner „Zielgruppe“ arbeitet, der Landwirtschaftsminister also im Sinne der Landwirte handelt, die kein gesteigertes Interesse daran haben, wenn sie z.B. größere Ställe bauen müssen?
Die Frage ist berechtigt. Meines Erachtens hat der Landwirtschaftsminister aber den Mut gehabt, Grenzen zu setzen. Und: Ich glaube, dass das Gros der Landwirte selbst ein Interesse daran hat, zu zeigen, dass die Tiere gut gehalten werden.

 

J.C. KEMP
19. April 2018 - 20.50

Da Kinder in einem der reichsten Länder der Erde nicht in Armut und sogar in Angst leben müssen, wäre es wichtiger vielleicht wichtiger ein Gesetz zu schreiben, das die Würde besonders der Kinder als Ziel hat. Danach könnte man dann mit der 'Würde der Tiere' weiterfahren.