Der Weg zum Staatsbudget

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Manche behaupten, die nationalen Haushalte würden von der EU geschrieben. Was ist dran an diesen Vorwürfen?

Mit dem Maastrichter Abkommen wurde 1992 eine Reihe von Konvergenzkriterien eingeführt, innerhalb derer sich die öffentlichen Finanzen der 28 EU-Staaten bewegen sollen. In der Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde ab 2011 mit dem sogenannten „Semestre européen“ dieser Rahmen nochmals neu gefasst. Rechtspopulistische Kritiker sehen darin einen Souveränitätsverlust. Manche behaupten sogar, die nationalen Haushalte würden in Brüssel von der EU geschrieben. Doch was ist wirklich dran an diesen Vorwürfen?

Von Léon Marx

Troika: Der Begriff steht nicht nur für einen krampfhaften, noch immer nicht abgeschlossenen Versuch, die Staatsfinanzen in Griechenland zu stabilisieren. Die Troika, dieses improvisierte Instrumentarium, bestehend aus Vertretern von EU, EZB (Europäische Zentralbank) und IWF (Internationaler Währungsfonds), steht für einen erheblichen Glaubwürdigkeitsverlust der EU. Das radikale Eingreifen 2010 war Wasser auf die Mühlen von Kritikern und Populisten. Tatsächlich waren die Politiker in Athen zeitweise nicht mehr Herr über den eigenen Haushalt.

Dass sich solches nicht mehr wiederholt, dafür soll die 2011 eingeführte Prozedur des „Semestre européen“ sorgen. Das Ziel des vom Prinzip her lobenswerten Kontrollmechanismus: finanzielle Entgleisungen frühzeitig erkennen und gegensteuern. Dazu analysiert die EU nicht die einzelnen Jahreshaushalte, sondern die Langzeitentwicklung der öffentlichen Finanzen in den Mitgliedsländern über jeweils fünf Jahre. Die Ergebnisse werden in Form von „Länderberichten“ veröffentlicht.

Futter für die EU-Kritiker

Opposition und EU-Kritiker greifen diese Berichte mit ihren Empfehlungen meist dankend auf. Von den Regierungen werden sie mehr oder weniger ignoriert. Solange die Konvergenzkriterien erfüllt sind, ist das auch kein wirkliches Problem. Der Impakt der länderspezifischen Empfehlungen ist im Regelfall eher marginal. Eine Analyse des Europaparlaments 2014 ergab, dass weniger als 10 Prozent der EU-Empfehlungen von den Ländern umgesetzt werden. Im „Europäischen Semester 2017“ wurde in sechs Ländern (Deutschland, Irland, Niederlande, Slowenien, Spanien, Schweden) ein leichtes makroökonomisches Ungleichgewicht und in sechs weiteren (Bulgarien, Kroatien, Zypern, Frankreich, Italien, Portugal) ein exzessives Ungleichgewicht festgestellt. Ihnen droht ein sogenanntes „Defizitverfahren“.

Für Griechenland, das sich in einem „Programme d’ajustement macroéconomique“ befindet, wird aktuell kein „Länderbericht“ erstellt. Luxemburg gehört zu den 15 Ländern, in denen die Regierung die EU-Empfehlungen bislang immer gelassen zur Kenntnis nehmen und dann abklassieren konnte. Etwas verändert hat sich durch das „Semestre européen“ allerdings seit 2011 der zeitliche Ablauf der Budgetarbeiten. Bereits im Januar/Februar, während des sogenannten „Europäischen Semesters“ werden die finanziellen Eckdaten an den WSR (Wirtschafts- und Sozialrat) weitergeleitet. Sein Gutachten geht im April an den Premierminister.

Es folgen die Erklärung des Regierungschefs zur wirtschaftlichen und sozialen Situation des Landes und eine Debatte über das aktualisierte Stabilitäts- und Konvergenzprogramm im Parlament. Mitte April wird dieses an die EU weitergeleitet.

Unterschiedliche Rechenmethoden

Dieses mehrjährige Konvergenzprogramm bildet die Basis für die Aufstellung des Staatshaushalts. Wobei dies gleich in doppelter Ausführung erfolgt; einer europäischen für den Gesamtstaat (bestehend aus Zentralstaat, Gemeinden und Sozialkassen) und einer luxemburgischen (Zentralstaat, berechnet nach den ehernen nationalen Budgetregeln).

Dabei ist Zentralstaat nicht gleich Zentralstaat: Unterschiedliche Rechenmethoden führen zu unterschiedlichen, wenn auch tendenziell ähnlichen Ergebnissen. Für den einen oder anderen Aufreger in den Debatten reicht es aber allemal. Abgestimmt wird Ende Dezember im Parlament nur über den luxemburgischen Haushalt (Zentralstaat).