Cheerleader begehren auf

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Von unserem Korrespondenten Sebastian Moll

Sie sollen gute Stimmung verbreiten, sind aber selbst entwürdigenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt und erhalten nur wenig Lohn: Amerikas Cheerleader haben genug. Bailey Davis, eine entlassene Cheerleaderin, reicht bei der zuständigen Bundesbehörde Beschwerde ein.

Die Zeiten haben sich seit 2011 geändert. Als die „New York Times“-Reporterin Deborah Acosta als erste einen Artikel über die Arbeitsbedingungen der Cheerleader im amerikanischen Profisportart veröffentlichte, war die Resonanz eher gedämpft. Seit #metoo hat die Öffentlichkeit eine gewisse Aufmerksamkeitsspanne für die Situation von Frauen in der Arbeitswelt entwickelt. Nicht einmal der Sport ist mehr immun dagegen, sich Fragen zu Diskriminierung und Gleichberechtigung anhören zu müssen.

So dominierte in dieser Woche ein kurioser Fall aus dem Football die Sportschlagzeilen. Nach ihrer Entlassung von den New Orleans Saints reichte die Cheerleaderin Bailey Davis bei der Bundesbehörde für Gleichberechtigung am Arbeitsplatz eine Beschwerde gegen den Klub ein. Davis bestreitet nicht, dass sie gegen Regeln des Klubs verstoßen hat. Doch das enge Regelkorsett, dem die Cheerleader unterworfen werden, so argumentiert die Tänzerin, stelle nichts anderes dar als die Kodifizierung einer schweren Ungleichbehandlung von Frauen.

Bailey Davis hatte auf ihrem Instagram-Konto ein Foto von sich selbst in Unterwäsche veröffentlicht. Laut der Saints-Organisation war dies ein zweiter Verstoß gegen die Hausordnung gewesen, nachdem Davis Gerüchten zufolge gemeinsam mit Spielern eine Party besucht habe. Cheerleader haben bei den Saints wie bei vielen anderen Klubs strenge Distanz zu den Spielern zu halten. Wenn ein Spieler in der gleichen Bar auftaucht, in der sich eine Cheerleaderin aufhält, muss Letztere nach Hause gehen. Wenn der Spieler zuerst da ist, hat die Cheerleaderin ebenfalls zu gehen.

Intimrasur wird vorgeschrieben

An diesem Ungleichgewicht stört sich Davis gewaltig. „Das antiquierte Klischee, dass die Frauen sich zu ihrem eigenen Schutz zu verstecken haben, hat in der Arbeitswelt Amerikas nichts zu suchen“, sagt Sara Blackwell, die Anwältin von Davis.

Die Überregulierung von Frauenkörpern in den Football-Klubs macht jedoch nicht bei den Dating-Vorschriften halt. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, sind die Cheerleader einer Litanei an Vorschriften ausgesetzt, die man nicht anders als übergriffig bezeichnen kann. Zu den Anweisungen gehören Restriktionen beim Tragen von Schmuck, Regularien für die Intimrasur sowie für das Tragen von Tampons.

Das alles passt in das Bild einer herabwürdigenden Behandlung der Tänzerinnen, deren akrobatische Auftritte bei den Spielen zu den Hauptattraktionen gehören. So klagten Cheerleader der Buffalo Bills, dass sie vor dem Spiel persönlich Kalender mit ihren Abbildern an die Fans verkaufen mussten und dabei von den oft angetrunkenen Anhängern begrapscht und belästigt wurden.

Niedriger Lohn

Für all das und für das harte Training, dem sich die Cheerleader für die Darbietungen unterziehen müssen, verdienen sie oft weniger, als wenn sie bei McDonald’s servieren würden. Im Durchschnitt bekommen die Cheerleader zwischen 75 Dollar (60 Euro/70 Franken) und 150 Dollar pro Spiel. Training, Anreise und Vorbereitung werden nicht angerechnet. Der reale Lohn liegt demgemäß oft bei 4 bis 5 Dollar pro Stunde.

Immerhin haben sich Teams wie die Oakland Raiders und die Tampa Bay Buccaneers unter Androhung von Zivilklagen wegen Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns jüngst zu Nachzahlungen bewegen lassen. Das Problem der Ausbeutung bei gleichzeitiger Herabwürdigung der Cheerleader ist damit jedoch noch lange nicht gelöst.

Deshalb freuen sich viele, dass Davis nun das Thema auf die nationale Agenda gesetzt hat. „Sie tut das Richtige“, sagt Ryan Stephan, der Anwalt, der die Cheerleaderin Lauren Herington in ihrer Klage um fairen Lohn vertreten hat.