Trump löst in Missbrauchsdebatte um Richterkandidaten Empörung aus

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Mit provokanten Äußerungen zu den Missbrauchsvorwürfen gegen den Supreme-Court-Anwärter Brett Kavanaugh hat US-Präsident Donald Trump einen Proteststurm ausgelöst. Unter dem Hashtag #WhyIDidntReport (Warum ich keine Anzeige erstattete) solidarisierten sich über das Wochenende Zehntausende Frauen und Männer mit der Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford. Sie wirft Kavanaugh eine versuchte Vergewaltigung vor mehr als 30 Jahren vor. Trump zweifelte öffentlich Fords Glaubwürdigkeit an und warf die Frage auf, warum sie den angeblichen Vorfall damals nicht sofort gemeldet habe.

In sozialen Netzwerken sprangen Zehntausende Frauen und Männer Ford zur Seite und beschrieben, warum sie eigene Missbrauchserfahrungen lange für sich behielten und sich niemandem anvertrauten – etwa aus Angst, aus Scham, aus Verzweiflung, weil man ihnen nicht glauben würde oder weil ihr Peiniger zur eigenen Familie gehörte oder in einer machtvollen Position war. Auch Prominente meldeten sich zu Wort, darunter die Tochter des Ex-US-Präsidenten Ronald Reagan, Patti Davis. Nur wenige Stunden nach den Trump-Tweets am Freitag war der Hashtag einer der weltweit am häufigsten verwendeten. Über das Wochenende kamen viele weitere Wortmeldungen hinzu.

Von wegen Zurückhaltung 

In den kommenden Tagen soll es vor dem US-Senat, der Kavanaugh bestätigen muss, zum Showdown in dem Fall kommen. Sowohl Ford als auch Kavanaugh wollen zu den Anschuldigungen aussagen. Vermutlich wird das am Donnerstag passieren. Seit Tagen laufen hinter den Kulissen Verhandlungen über den Termin und die Umstände einer Befragung vor dem US-Senat. Ford hatte mehrere Bedingungen für eine Aussage gestellt. An diesen Details könnten die Verhandlungen womöglich noch scheitern.

Der US-Präsident hat Kavanaugh als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen, das höchste Gericht der USA. Kurz vor der Entscheidung des US-Senats über die Personalie hatte Ford die schweren Vorwürfe gegen den umstrittenen konservativen Juristen erhoben. Sie gibt an, Kavanaugh habe versucht, sie am Rande einer Schülerparty Anfang der 1980er Jahre zu vergewaltigen. Der Richter bestreitet das vehement.

Die Debatte ist von großer Bedeutung für die anstehende Zwischenwahl zum US-Kongress Anfang November. Trumps Republikaner müssen um ihre Mehrheit im US-Repräsentantenhaus fürchten. Trump hatte die Supreme-Court-Besetzung bei seinen Anhängern als großen Erfolg verkauft und muss nun liefern. Er kann es sich auch nicht leisten, massenhaft Wähler vor den Kopf zu stoßen, vor allem die weiblichen. Seine Berater hatten ihn daher zu Zurückhaltung in der Debatte gedrängt, wie US-Medien berichteten. Dies hielt aber nicht lange.

Am Freitag griff Trump Ford in mehreren Tweets an, stellte ihre Glaubwürdigkeit infrage und forderte sie auf, ihre Anschuldigungen zu untermauern. Er habe keinen Zweifel daran, dass sich Ford oder ihre „liebevollen Eltern“ damals sofort an die Strafverfolgungsbehörden gewandt hätten, falls die so schlimm gewesen sei, wie sie es sage, schrieb Trump. Er rufe sie auf, eine Anzeige von damals vorzulegen, damit Datum, Zeit und Ort des Angriffs klar würden.

Solidarisierung im Netz

Ford hatte allerdings bereits erklärt, dass sie über viele Jahre niemandem von dem Vorfall erzählt habe, auch ihren Eltern nicht. Zehntausende Frauen und Männer solidarisierten sich in sozialen Netzwerken mit Ford, darunter auch Prominente. Die Schauspielerin Ashley Judd etwa schrieb: „Das erste Mal, als ich vergewaltigt wurde, war ich sieben. Ich habe es den ersten Erwachsenen erzählt, die mir begegnet sind. Sie sagten: Oh, er ist ein netter alter Mann. Er hat es nicht so gemeint. Als ich mit 15 wieder vergewaltigt wurde, habe ich es nur meinem Tagebuch erzählt.“

Auch die Tochter des ehemaligen US-Präsidenten Reagan, Patti Davis, schaltete sich ein. In der Washington Post schrieb die 65-Jährige, sie sei vor etwa 40 Jahren vergewaltigt worden. Ein Musikmanager habe sie damals in seinem Büro missbraucht. Jahrzehntelang habe sie niemandem davon erzählt. „Ich fühlte mich alleine, ich habe mich geschämt und ich war angewidert von mir selbst.“ Deshalb wundere es sie keineswegs, dass Ford so lange geschwiegen habe.

Mit Blick auf die Anhörung vor dem Senat beklagte eine Sprecherin des Weißen Hauses am Wochenende, dass von Fords Seite immer neue Fristen und Bedingungen kämen. Kavanaugh dagegen stehe seit Tagen bereit für eine Befragung. Sie betonte, jene Personen, die nach Fords Angaben damals bei der Schülerparty gewesen seien, hätten klargestellt, dass sie nichts von dem Vorfall wüssten.

Die Vorwürfe gegen Kavanaugh sind Gegenstand einer heftigen parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Demokraten sehen eine Chance, Kavanaughs Bestätigung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern und der erzkonservative Richter verhindert werden könnte. Die Besetzung des Richterpostens ist in den USA ein großes Politikum. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht der USA auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben.

J.C. KEMP
25. September 2018 - 11.27

Trump muss natürlich an Kavanaughs Seite stehen und ihn verteidigen. Ihm könnte genau das gleiche in den Schoss fallen.

H.Horst
24. September 2018 - 14.18

Im Prinzip haben sie ein Problem richtig erkannt. Aber den Republikanern u. v.a. dem rechten Flügel mit Tea Party und Klerikalen fällt nun auf die Füße was sie in der Lewinsky-Affaire begonnen haben.

Jacques Zeyen
24. September 2018 - 11.02

Wenn der Potus den Mund aufmacht ist immer Spaß angesagt. Aber zur Sache. Stellen sie sich vor sie sollen eine Beförderung bekommen und kurz davor stellt sich jemand vor eine Kamera und behauptet sie hätten sie(oder ihn! im Falle eines Priesters der zum Bischof gekürt werden soll) vergewaltigt und zwar vor dreissig Jahren. So. Wie gehen sie damit um? Brauchen wir die Schuldfrage gar nicht mehr zu stellen und nach Beweisen fragen? Das kann ja heiter werden.Die Hexenjagd ist eröffnet.

roger wohlfart
23. September 2018 - 22.03

Trump ist einfach gestrickt : was nicht sein darf, ist nicht! Er hat null Gespür und kennt keine Empathie, hat absolut kein Einfühlungsvermögen.