Syrien hofft auf Rückkehr der Flüchtlinge aus dem Ausland

Syrien hofft auf Rückkehr der Flüchtlinge aus dem Ausland

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In Syrien herrscht noch lange kein Frieden. Doch Präsident Assad und sein Verbündeter Russland meinen, dass die Zeit für den Wiederaufbau gekommen ist. Dahinter steht auch eine Frage an den Westen: Wer bezahlt?

Am Grenzübergang Al Dschdedeh aus dem Libanon nach Syrien wartet alles auf die Flüchtlinge. Sanitäter mit Krankenwagen stehen bereit, Helfer wollen Lebensmittel verteilen. Mitglieder der syrischen Landjugend üben lautstark den Willkommensgruß. Russische Militärpolizei regelt den Verkehr. Syrische Journalisten richten die Kameras erwartungsvoll nach Westen, und das russische Verteidigungsministerium hat aus Moskau Korrespondenten internationaler Medien eingeflogen. Bald sollen sie kommen, mehrere Busse voller Flüchtlinge, die wegen des Krieges die Heimat verlassen haben und nun zurückkehren.

Syrien und seine Schutzmacht Russland wollen dieser Tage demonstrieren, dass der Krieg nach sieben Jahren und etwa 500 000 Toten so gut wie vorbei ist. Dass Syrien wieder sicher ist und den Wiederaufbau anpackt. Jahrelang hat das Schicksal der syrischen Flüchtlinge den Nahen Osten und Europa in Atem gehalten. Von knapp 21 Millionen Menschen im Land vor dem Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad 2011 sind 5,4 Millionen ins Ausland geflohen. Die meisten leben in den Nachbarländern Jordanien, Libanon und der Türkei. In Deutschland gibt es dem Statistischem Bundesamt zufolge 700 000 Syrien-Flüchtlinge.

«Der Sieg wird erst komplett sein, wenn alle Flüchtlinge aus dem Ausland heimkehren», sagt der Minister für Kommunalverwaltung und Ökologie, Hussein Machluf, in der Hauptstadt Damaskus. Er ist zuständig für die Rückholung der Landsleute und sagt, ohne Heimkehr aller Syrer sei der Wiederaufbau des zerstörten Landes nicht möglich. Er macht den Geflüchteten Mut: «Die Heimat ist großzügiger als jeder andere Ort der Welt.»

In Syrien selbst hat der Krieg Millionen aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben. Machluf nimmt für die Regierung in Anspruch, sie habe bereits 3,5 Millionen intern Vertriebenen die Rückkehr ermöglicht.

Von Deutschland und anderen europäischen Staaten erhofft sich der Minister, dass sie die Sanktionen gegen Syrien aufheben. «Die Strafmaßnahmen schaden der Wirtschaft.» Doch es geht um mehr: Wer soll den auf mehr als 200 Milliarden Euro geschätzten Wiederaufbau des Landes im Nahen Osten zahlen? Werden die Europäer den Russen sagen: Euer Militäreinsatz hat Assad an der Macht gehalten und viel im Land zerstört, also zahlt ihr auch? Oder helfen Deutschland und andere westliche Länder finanziell, auch wenn Assad an der Macht bleibt, um daheim das Flüchtlingsproblem zu entschärfen?

Russland setzt auf Letzteres. Um diese Frage dürfte es auch bei dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Kremlchef Wladimir Putin am kommenden Samstag gehen. Und deshalb ist dem russischen Militär die Anwesenheit westlicher Medien an dem syrischen Grenzübergang wichtig.

«Seit Anfang August sind bereits 5000 Flüchtlinge über diese Kontrollposten aus dem Libanon zurückgekehrt», sagt Generalmajor Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Bis vor kurzem sei die Grenze noch an vielen Stellen in der Hand von Regierungsgegnern gewesen.

Und nun rollen wohlorganisiert die Busse an, an den Frontscheiben geschmückt mit Porträts von Präsident Assad. Mit der Nationalfahne in der Hand machen die Heimkehrer, ganze Familien, den symbolischen Schritt aus dem Bus zurück auf syrischen Boden.

Sie sei damals aus Sorge um ihre Tochter ins Ausland gegangen, berichtet eine Frau. Ein Mann erzählt, er sei geflohen, als Terroristen sein Dorf im Umland von Damaskus besetzt hätten. Dann habe er im Süden des Libanons gelebt. Nun ist er zurück – mit Mutter, Frau und Sohn. «Man fühlt, dass es jetzt sicherer ist.»

Mit den Lebensmittelspenden in der Hand gehen die Familien zur Passkontrolle. Es ist der erste Kontakt mit den Assad-Behörden nach mehreren Monaten oder gar Jahren. Und es bleibt ein Schritt in eine ungewisse Zukunft. Zwar ist für Anhänger der Opposition eine Amnestie verkündet worden. Russische Offiziere haben nach eigenen Angaben in sogenannten Versöhnungszentren an vielen Orten für eine friedliche Machtübergabe an die Regierungsseite gesorgt. Trotzdem ist unsicher, ob Assads Führung die Amnestie immer einhält.

Die Gewalt in Syrien hat zwar abgenommen. Aber gerade beginnt die syrische Armee unterstützt von russischen Luftangriffen die Offensive auf den letzten großen Stützpunkt der bewaffneten Opposition, die Provinz Idlib im Norden. Auch ist das Land weiterhin zerrissen, protürkische Milizen, Kurden, von den USA unterstützte Kräfte halten Gebiete unter Kontrolle.

klein roger
16. August 2018 - 22.23

Werden die oppositionellen auch aus Assads Foltergefängnisse frei gelassen,od.werden die verschartt und vergessen,und die Folterknechte kommen wieder davon,wie 1945-1947in Nürnberg die Mörder liefen noch Jahrzehnte in der BRD rum manche noch bis heute,das böse siegt anscheinend immer??

René Charles
15. August 2018 - 10.28

Trotz allem: über 100 000 Syrer sind bereits zurückgegangen. Manche ohne überhaupt die Behörden in D. in Kenntnis zu setzen. Andere gehen auch zurück, obschon einigermassen eingelebt. https://www.ndr.de/nachrichten/fluechtlinge/Aus-Ganderkesee-zurueck-nach-Ost-Ghouta,rueckkehr116.html

Mephisto
15. August 2018 - 9.42

Das ist aber freundlich von Assad und Putin die Flüchtlinge nach Syrien zurück einzuladen. Ein Problem ist nur Assads Armee welche sich als Marodeure, Diebe, Wegelagerer und Erpresser durch die eroberten Gebiete treibt. Die Raubzüge scheinen sich zu rentieren: Assads Generäle fahren nagelneue Luxusautos der Oberklasse. Insgesamt also rosige Aussichten für die Rückkehrer zumal man ihnen noch eine Fahne mit dem Bild des geliebten Präsidenten schenkt.