Darf die LSAP in Wiltz alleine weiterregieren?

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WILTZ – Drei große Parteien buhlen in Wiltz um die Wählergunst.

In Wiltz buhlen drei Parteien (LSAP, CSV und DP) um die Wählergunst. Die besten Karten scheinen die Sozialisten zu besitzen. Sie hatten 2011 die absolute Mehrheit verteidigt. Durch die Fusion mit Eschweiler werden die Karten aber neu gemischt und es könnte sein, dass die LSAP sich einen Partner suchen muss.

Wiltz ist unter anderem durch das traditionelle Ginsterfest, sein Freilichtfestival und die Prozession nach Fatima bekannt. Auch die „Nuit des lampions“ zieht jedes Jahr viele Besucher an. Kulturell hat die Hauptstadt des Öslings also einiges zu bieten.

Laut rezenten Statec-Zahlen ist Wiltz aber auch die ärmste Gemeinde des Landes. Dort leben die meisten Menschen von der Stütze und die Arbeitslosenquote ist ebenfalls eine der höchsten. Das war aber nicht immer so. Wiltz ist einer der ältesten Industriestandorte Luxemburgs. Im 19. Jahrhundert war die Ardennenstadt das Zentrum der Luxemburger Tuchweber. Bis 1961 war die Lederfabrik „Ideal“ der Hauptarbeitgeber der Stadt. Sie beschäftigte bis zu 1.200 Personen. Dann kam aber die Konkurrenz aus Plastik. Die Folge: Die letzte Lederfabrik schloss 1961 ihre Türen. In den darauf folgenden Jahren herrschte im Ardennenort große Armut.

Arbeitsplätze durch Industrie

Einige Jahre später nahmen aber die Eurofloor- und Eurosol-Werke ihren Betrieb auf. Sie waren in der Herstellung von Plastik-Bodenbelägen aktiv. Die Firma wuchs. 1982 beschäftigen die Fabriken in Wiltz wieder über 600 Arbeiter. Anfang der 1990er-Jahre beschloss die damalige Firmenleitung jedoch, die gesamte Produktion nach Lentzweiler bei Clerf auszulagern. Dies bedeutete das Ende der Fabriken in Wiltz, zumal einige Jahre zuvor auch der Plastikhüllen-Hersteller Fardem seine Tore geschlossen hatte. Fast 180 Arbeitnehmer verloren dadurch ihre Stelle.

Das Industriezeitalter in der Ardennenstadt ist also passé. Es gilt also ein neues wirtschaftliches Standbein zu finden. Das ist aber nicht einfach, unter anderem weil Wiltz nicht an die großen Verkehrswege angebunden ist. Die Bürgermeister von Wiltz, ob von der CSV oder der LSAP, arbeiten seit Jahrzehnten an dieser Umstellung.

Große Hoffnungen werden in das Mega-Projekt auf dem ehemaligen Industrieareal in Niederwiltz gesetzt. Dort sollen bis 2030 mehr als 1.000 Wohneinheiten und bis zu 450 neue Arbeitsplätze entstehen. Außerdem sind auf dem 25,5 Hektar großen Gelände Schulen, ein Kindermuseum sowie ein Zentrum für die Kreislaufwirtschaft vorgesehen. Neben dem Fokus auf Letztgenanntes soll Wiltz auch als Schulstandort gefördert werden. Ein Lyzeum und mehrere Hochschulen, darunter eine renommierte Hotelfachhochschule, zählt die Gemeinde inzwischen.

LSAP seit 18 Jahren an der Macht

Seit 18 Jahren leitet ein LSAP-Bürgermeister die Geschicke der Stadt. Auf den heutigen Sozialversicherungsminister Romain Schneider (LSAP) – dem ersten Minister aus Wiltz – folgte Frank Arndt. Seit 2005 besitzen die Sozialisten im Rathaus die absolute Mehrheit. Davor wechselten sich CSV- und LSAP-Bürgermeister an der Spitze ab.

Die aktuelle politische Mehrheit wähnt dann auch die Stadt auf dem richtigen Weg. Denn diese wächst – und soll es auch weiter tun. In dem Punkt sind sich alle Parteien einig. Haushalten müsse man aber nach wie vor, sagte Frank Arndt vor kurzem.

In den nächsten zehn Jahren werden laut Schätzungen in Wiltz fast 3.000 weitere Personen leben. Es wird eine größere Mixität bei der Bevölkerung angestrebt. Der Bürgermeister erwartet sich davon unter anderem eine Erhöhung der Kaufkraft.

Beschränkte Mittel

Eine große Aufgabe wartet also auf den neuen Gemeinderat. Denn mit eher beschränkten Mittel müssen mehr Einrichtungen geschaffen werden, um der Entwicklung der Stadt Rechnung zu tragen. Finanzielle Hilfe erhält die Stadt aber durch die Reform der Gemeindefinanzen: Mehrere Millionen werden zusätzlich in die Gemeindekassen fließen. Das sei gut so, freuen sich dann auch die Politiker aller Parteien.

Die LSAP möchte weitergestalten – wenn möglich alleine. Die Lage der Ardennenstadt hat sich im Vergleich zu den letzten Gemeindewahlen aber verändert. Wiltz hat nämlich am 1. Januar 2015 mit der Nachbargemeinde Eschweiler fusioniert. Beide Kommunen hätten von dieser „Ehe“ profitiert, erklärte der LSAP-Bürgermeister Frank Arndt dem Tageblatt.

Der finanzielle Spielraum der fast 7.000 Einwohner zählenden Kommune wird größer, die Entwicklungsmöglichkeiten auch. Darin sind sich alle Politiker der Fusionsgemeinde einig. Der ehemalige Bürgermeister von Eschweiler ist sogar derart von der Politik seines Kollegen aus Wiltz überzeugt, dass er kurzerhand seine CSV-Karte abgab, um eine LSAP-Karte zu beantragen. Und auch die Kritik der Opposition von CSV und DP ist eher verhalten.

Beide Bürgermeister auf der gleichen Liste

Man ist also allgemein zufrieden mit der Richtung, die die LSAP-Mehrheit vorgegeben hat. Durch die Fusion sind die Karten trotzdem neu gemischt worden. Die DP will deshalb sogar eine gewisse Wechselstimmung registriert haben, nach 18 Jahren sozialistischer Alleinherrschaft. Die CSV ist da vorsichtiger und verweist auf die eigenen Stärken. Vor der Fusion bestand der Schöffenrat in Wiltz ausschließlich aus LSAP-Politikern. Nach der Fusion wurde jedoch mit Patrick Comes ein CSV-Mitglied aufgenommen. Und dieser ist jetzt Spitzenkandidat der CSV-Liste. Die Christsozialen können also nicht alles zerreißen, was in den letzten Jahren erreicht wurde. Sie haben aktiv daran mitgearbeitet.

Die LSAP wird dann wohl auch ihre Vorherrschaft im Gemeinderat verteidigen. Mit dem Ex-Bürgermeister von Eschdorf, François Rossler, hat sie zudem prominenten Zuwachs bekommen. Bei den Wahlen 2005 bekam der heutige Minister Romain Schneider mit 2.067 Stimmen fast dreimal so viele Stimmen wie der Erstgewählte der CSV und viermal so viele wie die Nummer eins der DP. Sein Nachfolger auf dem Bürgermeisterstuhl, Frank Arndt, kam damals auf beachtliche 1.202 Stimmen. Die Stärke der LSAP war ersichtlich: Die ersten fünf Gewählten ihrer Liste erzielten ein besseres Resultat als die Spitzenkandidaten der anderen Parteien.

Die LSAP kam auf stolze 52,80 Prozent der Stimmen. Für die CSV blieben nur 24,08 und für die DP 16,89 Prozent. Damals stellte in Wiltz auch eine Bürgerliste eine Kandidatenliste zusammen, die aber mit 6,23 Prozent keine Rolle spielte.

2011 dann verteidigte die LSAP ihre Spitzenposition und errang 53,15 Prozent der Stimmen. Die CSV kam auf 26,72 und die DP auf 20,13 Prozent. Ihr besseres Resultat im Vergleich zu 2005 erklärte sich unter anderem dadurch, dass sie jeweils einen Teil der Stimmen der Bürgerliste eroberten.

Stimmenflut für die LSAP

Aber auch vor sechs Jahren war die LSAP unantastbar. Frank Arndt, der sich als Bürgermeister der Wiederwahl stellte, bekam 1.877 Stimmen. Quasi alle Kandidaten der Sozialisten erhielten mehr Stimmen als die Erstgewählten der anderen Parteien.

Richtige Alternativen. was das politische Personal bertrifft, vermisst man dann auch in der Hauptstadt der Luxemburger Ardennen. Weder die CSV noch die DP, die beiden einzigen Parteien, die in diesem Jahr neben der LSAP im Rennen um Wählerstimmen sind, haben sich durch eine virulente Oppositionspolitik ausgezeichnet. Viele von den Sozialisten vorgelegte Projekte wurden einstimmig durchgewunken. Die Sozialisten haben in diesem Zusammenhang auch seit zwei Legislaturperioden den Vorteil, dass sie ihr Wahlprogramm eins zu eins in die Schöffenratserklärung übernehmen konnten und auch umsetzen konnten.

Die DP versucht sich bei diesem Gemeindewahlen jedoch mehr Profil zu geben und hat mehrere bekannte Personen auf ihre Liste aufgenommen. So findet man dort unter anderem Ärzte und Fußballspieler. Ob das aber reicht, um die LSAP-Vorherrschaft zu brechen, bleibt abzuwarten, zumal die Sozialisten mit etlichen erfahrenen Lokalpolitikern und dynamischen Jungpolitikern dagegenhalten. Die CSV ihrerseits versucht ebenfalls, sich von der Konkurrenz abzuheben, mit einem Mix an neuen und alten Gesichten.

Und da gibt es noch eine Unbekannte: Auf jeder Liste findet man Kandidaten aus Eschweiler. Wie werden diese abschneiden?

Alleine regieren wird schwer

Die LSAP wird aller Voraussicht nach jedoch die stärkste Partei der Stadt bleiben. Durch die Fusion gab es aber eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses und wird sie aber wohl nicht mehr alleine regieren können. Bleibt die Frage, wer mit ihr koalieren kann. Und hier spielen die Wahlprogramme eine wichtige Rolle.

Die Verbesserung der Lebensqualität durch verkehrstechnische Maßnahmen, die Förderung des Wohnungsbaus, der Schaffung von öffentlicher Infrastruktur, eine Verbesserung der Kinderbetreuung … haben sich alle Parteien auf die Fahne geschrieben. Der Teufel liegt aber, wie so oft, im Detail. Diese Differenzen aufzuzeichnen, ist die Aufgabe der Kandidaten.

Die CSV will den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Bestrebungen stellen. Wiltz soll keine sogenannte „Schlafgemeinde“ werden. Parallel soll der ländliche Teil der Fusionsgemeinde unterstützt werden. Die DP fordert einen einheitlichen Entwicklungsplan für die ganze Gemeinde und setzt bei seiner Ausarbeitung auf die Bürgerbeteiligung. Die LSAP verweist auf das Erreichte und die Projekte, die angedacht sind, aber noch nicht verwirklicht wurden. Ein Bruch in der Gemeindepolitik sei kontraproduktiv, so die Sozialisten. Alle Parteien betonen schließlich, auf einer Linie, dass der soziale Zusammenhalt in der Gemeinde gefördert werden muss.

Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien gibt es also. Fragt sich nur, wer nach dem Urnengang am 8. Oktober mit wem kann – oder will.