Ein Politiker geht zur Schule: „Es ging um Tierschutz und nicht um Politik“

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Vor den Europawahlen besuchte ein Kandidat auf Einladung der Lehrerschaft eine Schule. Er sprach, laut Minister, mit den Kindern nur über Tierschutz.

Welche Regeln gelten für Gäste, die Schulen besuchen, um über ein Thema zu sprechen? Dieser Frage geht die Abgeordnete Josée Lorsché („déi gréng“) in einer parlamentarischen Anfrage nach. Der Auslöser: Ein Politiker, der gleichzeitig Präsident einer Tierschutzorganisation ist, hat vor den Europawahlen, bei denen er kandidierte, Schüler besucht, um über Tierschutz zu reden.

Welchen Regeln gelten?

Bei dem Mann, den Lorsché nicht explizit nennt, handelt es sich wahrscheinlich um den Piraten-Politiker Daniel Frères, der zugleich Präsident der Tierschutzorganisation „Give us a Voice“ ist. Frères wurde vielfach vorgeworfen, sein Engagement für Tiere politisch auszuschlachten.

Ihr geht es darum, zu erfragen, ob die geltenden Regeln bei diesen Besuchen eingehalten wurden, so Lorsché. Sie wolle nicht Politiker von den Schülern fernhalten, sondern die Frage aufwerfen, wie dies gehandhabt wird, sagte sie gegenüber dem Tageblatt. Im Rahmen der jüngsten Klima-Proteste waren Politiker jeglicher Couleur mit den Schülern in Kontakt getreten. Eine wichtige Voraussetzung ist für Lorsché, dass der Lehrer oder die Lehrerin bei solchen Besuchen immer präsent ist. Sie seien die Verantwortlichen für ihre Klassen.

Der zuständige Minister Claude Meisch bestätigt die Geschichte. Eine Grundschule hatte eine Tierschutzorganisation eingeladen, sich an die Klasse zu richten. Die Organisation entschied sich dazu, ihren Präsidenten zu schicken, um für Tierschutz und Tierrechte zu werben. Dabei seien auch Faltblätter zur Illustration verteilt worden.

Kuchenverkauf für Tiere in Not

Die Schule habe darüber hinaus wie jedes Jahr Geld für einen guten Zweck gesammelt. In diesem Jahr sei dies die Organisation des Politikers gewesen. Das Geld wurde durch einen Kuchenverkauf aufgetrieben. Laut dem Gesetz vom 7. Mai 2009 braucht eine Person, die nicht zur Schulgemeinschaft gehört oder eine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe in der Schule erfüllt, eine Erlaubnis des Bürgermeisters, um die Schule zu betreten.

Da der Lehrer oder die Lehrerin bei dem Besuch anwesend war und ein Zusammenhang zwischen dem Besuch und dem Lehrplan bestand – die Schüler sollen in der Schule über Tierschutz und das Tier-Mensch-Verhältnis aufgeklärt werden – habe es in diesem Fall ausgereicht, den Regionaldirektor zu informieren. Im betreffenden Fall habe die Präsidentin des Schulkomitees die Gemeinde informiert. Diese habe eine Kopie des Formulars an das Bildungsministerium weitergereicht. Einen „Spezialisten“ in den Unterricht einzubinden, fördere die Entwicklung der „fachübergreifenden Kompetenzen“ der Schüler, vorausgesetzt, der Besuch wird mit dem Lehrer oder der Lehrerin vor- und nachbereitet, heißt es in der Antwort des Ministers auf die parlamentarische Anfrage von Lorsché.

Beigeschmack

Laut Meisch hat die Tierschutzorganisation selbstständig entschieden, sich durch ihren Präsidenten vertreten zu lassen. Dem Schulkomitee sei im Voraus nicht bekannt gewesen, dass die Organisation ihren Präsidenten und damit einen Kandidaten für die Europawahlen schickt. Diese Entscheidung bezeichnet Meisch als „choix contestable“.

Zeugen zufolge habe der Politiker allerdings nur über Tierschutz gesprochen und versucht, den Schülern und Schülerinnen Respekt vor Tieren beizubringen. Der Beitrag des Mannes sei „nullement politique“ und die Europawahlen zu keinem Zeitpunkt Thema gewesen. Laut Gesetz darf Schulunterricht keine politische Doktrin bevorzugen, schreibt Meisch. „Ein Auftritt eines Politikers, der den Schülern seine politische Weltsicht aufdrängen will, ist demnach verboten“, unterstreicht Meisch in seiner Antwort auf die Frage von Lorsché.

Thomas Ganskow
23. Juni 2019 - 12.14

Demnach müsste dann jeder in Schulen geladene "Experte" darstellen, ob und welcher politischen Partei er angehört. Das jedoch ist eine datenschutzrelevante Information und dürfte mit europäischem Recht nicht vereinbar sein.