Das hier ist nicht Hollywood!

Das hier ist nicht Hollywood!
(Tageblatt/Tania Feller)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Sengende Hitze, Unmengen Schweiß, durchwachsenes Programm und dennoch tolle Stimmung. Das war die zehnte Auflage des Rock-A-Field. Die musikalischen Ausrufezeichen setzten bis zum Sonntagnachmittag Kraftklub, Balthazar, Eagles Of Death Metal, Kate Tempest und Talisco.

Am späten Freitagnachmittag, als die Sonne schon nicht mehr so heftig schien, ging es mit Fox und Nothing But Thieves los. Letztere spielten auf der kleineren Bühne, die erstmals in einem riesigen, zu den Seiten offenen Zelt aufgebaut war. Die Engländer waren gut. Zwar waren aus ihren Liedern zahlreiche Querverweise herauszuhören – mal Red Hot Chili Peppers mit Maynard James Keenan von Tool als Sänger, mal Editors (Gesang) oder gar Pink Floyd (Gitarre). Es war zu erkennen, dass diese junge Band Potenzial hat. Sie muss nur noch ihre eigene Nische finden und künftig auf desaströse Led Zeppelin-Cover verzichten.

Erstmals perfekte Festivalstimmung kam bei Kraftklub auf, denen live niemand mehr etwas vormachen kann. Die Kommunikation mit dem Publikum passte, die Show – inklusive mobiler Bühne, auf der sie sich zur Zugabe ins Publikum schieben ließen – ebenso. Besser ging es kaum.

Auch die belgische Rockband Balthazar überzeugte. Während der emotionsüberladene Bombast-Pop von Bastille zwar die Massen begeisterte, sich auf Dauer aber schnell abnutzte.

Am Samstag gab es tatsächlich vereinzelte Regentropfen, etwas frischen Wind und ein paar Wolken. Das machte den zweiten Festivaltag in Bezug auf das Wetter erträglicher. Musikalisch ging es querbeet: vom muskelbepackten deutschen Rapper Kontra K über die einheimische Indiefolk-Band The Tame & The Wild bis hin zu der elegischen schottischen Rockband We Were Promised The Jetpacks, die um ein Haar ihren Auftritt verpasst hätte (Link).

Betrunken und Cherry Cola

Überwältigend waren Eagles Of Death Metal. „This is no fucking Hollywood! Is everybody having a good time?“, fragte Jesse Hughes. Oh ja, seine Fans hatten Spaß. Hughes und seine Band, die ohne Josh Homme auskommen musste, waren bestens aufgelegt. Er gab gar offen zu, sehr betrunken zu sein, weshalb er „zu viel rede und sehr emotional“ sei. Dafür entschuldigte er sich und ließ den Hit „Cherry Cola“ folgen. Später wurde es gar andächtig: „Lieben wir den Rock’n’Roll? Kann ich dafür ein Amen bekommen?“, fragte Hughes, um dann alle, die der Hitze widerstanden, zu segnen. Ein Entertainer durch und durch.

Es sollte ein großes Fest werden

Ähnlich brillant war die zierliche, unscheinbare Londoner Rapperin Kate Tempest. Sie überzeugte mit einem wortgewaltigen, energiegeladenen Auftritt. Ihre Songs – Stakkato-Rap, Electro-Beats und Keyboard – waren roh und kunstvoll, aber äußerst effektvoll, da Tempest eine starke Bühnenpräsenz offenbarte.

Spätabends war die große Bühne für den allmächtigen Wu-Tang Clan gerichtet. Es sollte ein großes Fest werden. Sollte! Die mehrköpfige Allstar-Truppe reiste ohne ihre drei prominentesten Mitglieder an: namentlich RZA, Ghostface Killah und Method Man. Bekanntlich gibt es seit langem interne Querelen. Das scheint mittlerweile auch die Liveauftritte zu überschatten. Sehr schade und bedauerlich. Insbesondere für die Fans, die 100 Prozent Wu-Tang Clan erwartet hatten, jedoch nur 70 Prozent bekamen. Dabei fragten die Rapper von der Bühne immer wieder, wer von den Fans den „real hiphop“ liebe. In erster Linie lieben die Fans den „real Wu-Tang Clan“. Und den hätten sie gerne gesehen. Aus der Not heraus feierten sie – wenn sie denn überhaupt das Fehlen der Stars bemerkten – den Rest der von Inspectah Deck angeführten Truppe, die wenigstens das Beste aus der Situation machte und sich gut aus der Affäre zog.

Am letzten Tag sprangen Go Go Berlin für Dotan ein, der wegen Krankheit kurzfristig absagen musste. Es folgte ein weiterer Festivalhöhepunkte in Form von Jérôme Amandi alias Talisco. Der Franzose, der von zwei Musikern begleitet wurde, lockte für die frühe Spielzeit erstaunlich viele Zuschauer an. Zudem entpuppten sich seine mitreißenden, tanzbaren Songs als idealer Festival-Soundtrack.

Später folgten noch die Lokalmatadore von Mutiny On The Bounty, Skip The Use, Alt-J und zum Abschluss die großartigen Muse. Für den frühen Abend wurde Regen und Gewitter vorhergesagt. Somit war am Ende das Programm wie auch das Wetter abwechslungsreich und durchwachsen.

Lesen Sie auch:

Ohne rumzuhängen

Heiße Rhythmen in Roeser